Article by Johannes Klein, Marcel Krebs und Nils Scharff
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Einleitung
Johannes: Der Endorphin Speed 1 (RTR Review) war letztes Jahr der Liebling des RTR-Teams in vielen Kategorien, darunter Tempo-Schuh des Jahres und Schuh des Jahres. Und das aus gutem Grund. Trotz der hochgedämpften PEBA-Mittelsohle und einer Nylonplatte war die erste Version 221 Gramm (Größe US 9) leicht und im Vergleich zu damaligen Carbonschuhen preiswert (180 €). Der Speed lieferte großartige Vielseitigkeit und bereitete meinen KollegInnen viel Spaß.
Im Jahr 2021 scheint Saucony nicht viel an der sehr erfolgreichen Formel gebastelt zu haben, was für uns ein gutes Zeichen ist. Aus Boston wurden uns die folgenden Änderungen übermittelt: Eine verbesserte Fersen-Passform, Anti-Rutsch-Schnürsenkel, ein atmungsaktiveres Obermaterial und einige Details aus weichem Kunstleder. Wer aufgepasst hat, stellt hier sofort fest, dass sich die Änderungen auf das Obermaterial beschränken.
Ob und wie sich die Anpassungen auf die Performance des Endorphin Speed 2 auswirken, sollten nun Marcel, Nils und ich herausfinden. Da ich selbst nicht in der ersten Version des Schuhs gelaufen bin, verlasse ich mich beim Vergleich auf die Einschätzung meiner Mittester.
Nils: Im Gegensatz zu Johannes hatte ich den letztjährigen Endorphin Speed am Fuß, durfte ihn testen (Testbericht) und hab ihn nach mittlerweile knapp 500km immer noch im Regal. Allein letzteres spricht wohl für den Schuh, denn bei der Anzahl an Testpaaren, die bei mir so ein- und ausgehen, wird nur weitergelaufen, was ich wirklich mag. Der Endorphin Speed war bei vielen letztes Jahr der Schuh des Jahres. Vor allem seine Vielseitigkeit ist unschlagbar, kann er doch als Wettkampfschuh genauso gut dienen, wie als Trainingsschuh für fast jede erdenkliche Trainingseinheit. Entsprechend gab es für Saucony wenig zu ändern an ihrem Erfolgsmodell. Stattdessen sind die Ingenieure und Designer aus Boston den sicheren Weg gegangen und haben lediglich ein wenig an Obermaterial und Optik geschraubt.
Marcel: Der Endorphin Speed war mein Schuh des Jahres 2020 - die Messlatte für den Nachfolger lag also entsprechend hoch. Ähnlich wie Nils laufe ich den 1er bis heute sehr regelmäßig, was das größte Kompliment ist, das man an Tester einem Schuh machen kann.
Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die für meinen breiten Vorfuß perfekte Passform sowie “bouncy” Mittelsohle, die in Kombination mit dem geringen Gewicht einfach nur Spaß macht. Umso gespannter war ich, als ich völlig unverhofft neben dem Endorphin Shift 2 (Testbericht folgt) mit etwas Verzögerung auch den Speed 2 vor meiner Haustür fand.
Pro & Contra
Pro:
Johannes/Nils/Marcel: Großartiges Verhältnis von Gewicht zu Dämpfung
Johannes/Nils/Marcel: Vielseitig einsetzbar
Johannes: Superschuh-Technologie (PWRRUN PB, Nylonplatte) in preiswertem Gesamtpaket
Nils/Marcel: Schön luftiges Obermaterial für sommerliche Tage
Nils: Genauso gut wie die erste Variante
Marcel: Extrem lauffreudige Mittelsohle (“bouncy”) mit perfektem Festigkeitsgrad
Contra:
Johannes/Nils: Mangelnde Stabilität der Fersenplattform
Johannes: Für breite Füße nicht die beste Option
Nils: Die Änderungen sind kaum ein Update wert
Marcel: Durch das neue Obermaterial etwas enger im Vorfuß (Geschmackssache)
Marcel: Fersenhalt war für mich persönlich im 1er besser
Tester: Johannes Klein
Im Sommer 2020 ist Johannes als langjähriger Fan, der zum Schuhtester wurde, zur RTR-Truppe gestoßen.
Er lebt in der Nähe von Karlsruhe, wo er treffenderweise sein erstes 14-km-Rennen als Teil der Teamstaffel beim Baden-Marathon lief. Dort entdeckte er seine Leidenschaft für den Laufsport und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Derzeit versucht er, seine Beine auf Vordermann zu bringen, um eine 10-km-Zeit von 40 Minuten in Angriff zu nehmen. Dazu läuft er wöchentlich 35 bis 40 Kilometer.
Allgemein ist Johannes die meiste Zeit draußen zu finden, beim Wandern, Spazieren am Fluss oder Streetball Spielen. Seine bevorzugten Inside-Aktivitäten sind Bloggen, Kochen und der Vergleich von Laufschuhen. Mit Letzterem hat er als Verkäufer bei Engelhorn Sports angefangen, wo er in der Laufabteilung eine leichte bis mittelschwere Schuh-Besessenheit entwickelt hat.
Ihr findet Johannes auf Instagram (@running_joe92) und Strava (https://www.strava.com/athletes/30454954).
Tester: Marcel Krebs
Marcel ist ein begeisterter Trail- und Hindernisläufer (OCR), der zunehmend auch den Straßenlauf für sich entdeckt. Neben seiner Faszination für Laufschuh-Innovationen für Straße und Trail begeistert sich Marcel auch für technische Gadgets aller Art.
Die Kombination aus einem zeitaufwändigen Bürojob in Verbindung mit einer gewissen Verletzungsanfälligkeit im Bereich der Sehnen und Waden gibt Marcel in seinen Schuh-Reviews auch eine besondere Perspektive auf die getesteten Modelle. Nämlich weniger die des Leistungssportlers, sondern vielmehr die eines ambitionierten Freizeitläufers mit einer Vorliebe für Hindernisrennen. Wer zudem einen vergleichsweise breiten Vorfuß hat, sollte sich Marcels Eindrücke von den getesteten Modellen genauer ansehen.
Tester: Nils Scharff
Ich bin 31 Jahre jung, gebürtig aus Kassel, verheiratet mit einer wunderbaren Ehefrau und mache seit mittlerweile 5 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Als Läufer sehe ich mich seit erst drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Firmenlauf, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört. In 2017 waren es „nur“ knapp 1000 Laufkilometer, in 2018 das Doppelte, 2019 schon das Dreifache. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit sechs Marathons gelaufen, die PB von 2:57:10h habe ich dieses Jahr trotz Corona im Rahmen eines #stayathomemarathons aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (17:32min), 10km (37:32min) über Halbmarathon (1:22:56h) bis eben zum Marathon.
Daten
Gewicht:
Offiziell: 225 Gramm
Testschuhe: 255 Gramm (Herren EU 45 / US 11), 246 Gramm (Herren EU 44,5 / US 10,5), Gramm (Herren EU 44, US 10)
Sprengung: Herren 8mm (27,5 mm Vorfuß / 35,5 mm Ferse)
Release: Verfügbar im Fachhandel ab Mitte Juni für 180€
Erster Eindruck und Passform
Johannes: Letzte Runde! Das wird wohl der erste Gedanke vieler LäuferInnen beim Anblick der zweiten Endorphin-Kollektion gewesen sein. Ich habe jetzt schon viele gemischte Meinungen über das diesjährige Design zu Ohren bekommen und muss sagen, dass auch ich beim Sichten der ersten Bilder überhaupt nicht angetan war. Als die Schuhe mir dann aus dem Karton entgegenblitzten, hat sich die anfängliche Skepsis jedoch ein wenig relativiert. Mittlerweile habe ich mich an das Schachmuster gewöhnt und fühle mich sogar ein wenig an die Zeit erinnert, in der ich noch VANS getragen habe (*Dramatisches Seufzen*).
Aber genug der Nostalgie und zurück zu den Fakten: Der Schuh ist leicht in der Hand, am Fuß und für die Menge an Dämpfung (plus Nylonplatte!) auch leicht auf der Waage (255 Gramm, Größe EU 45). Da ich keinen Vergleich zum Vorjahr ziehen kann, beurteile ich den Endorphin Speed 2 nur aufgrund seines eigenen Charakters. Und der steht schon ab dem ersten Reinschlüpfen fest. Es handelt sich hier durch und durch um einen Temposchuh, was auch die eng anliegende Passform bestätigt. Ich würde mir vor allem im Vorfuß ein wenig mehr Platz für meine Spreizfüße wünschen. Da ich sonst an der Passform nichts auszusetzen habe, glaube ich, dass der Speed 2 in dieser Hinsicht für viele LäuferInnen gut funktionieren wird. Der Wiege-Effekt (engl. ‘Rocker’) ist von der ersten Sekunde an spürbar und trägt schon beim Auf- und Abgehen dazu bei, dass man vorwärts getragen wird.
Nils: Beim Design bin ich ganz bei Johannes. Ich fand die ersten Bilder der aktuellen Endorphin Kollektion echt grässlich, vor allem nachdem Saucony letztes Jahr eine mörder Farbvariante nach der anderen herausgebracht hat. Aber je öfter ich die neuen Endorphins anschaue, desto besser gefallen sie mir. Aber auch beim Endorphin Speed 2 wird es so sein, dass Saucony wieder diverse Farben veröffentlichen wird. Also keine Sorge, wenn ihr euch mit der Releasevariante nicht anfreunden könnt. Zur Passform würde ich sagen, dass alles beim Alten ist. Saucony passt mir in 44,5 EUR immer - das ist auch hier nicht anders. Letztes Jahr bin ich die Endorphins aufgrund der Verfügbarkeit der Testmuster in 45 EUR gelaufen. Das ging auch, ich musste im Mittelfuß jedoch ganz schön fest schnüren. Das ist diesmal in der passenden Größe natürlich besser. Was ich deshalb jedoch auch deutlicher spüre: Die Zehenpartie dürfte ruhig etwas breiter sein. Ich habe keinen sehr breiten Fuß, deshalb stört es mich nicht weiter. Aber ich habe in letzter Zeit die Altras und Topos dieser Welt mit ihren breiten Zehenboxen schätzen gelernt und würde mir deshalb für einen Endorphin Speed 3 auch etwas mehr Luft wünschen.
Marcel: Wenn mein geschätzter Kollege Nils sich eine etwas weitere Zehenbox wünscht, dann wissen unsere Stammleser, dass es für mich im wahrsten Sinne des Wortes “eng” wird. Und in der Tat, vom “reinschlüpfen und wohlfühlen”-Gefühl des 1ers ist der neue Speed 2 etwas entfernt. Vielmehr ist die Passform nunmehr eher ein “performance-fit”. Hier zeigt sich jedoch der große Vorteil unseres Testformats, nämlich dass wir die Schuhe ausführlich und unter vielfältigen Bedingungen laufen, bevor wir uns ein Urteil bilden. In diesem Zusammenhang stellte sich heraus, dass sich aus der engeren Zehenbox keine ernsthaften Probleme wie etwa Blasen oder eingeschlafene Zehen ergaben. Dennoch wünsche ich mir für den 3er wieder eine etwas breitere Zehenbox bzw. ein flexibleres Obermaterial.
Obermaterial
Johannes: Hier finden sämtliche Änderungen im Vergleich zum Speed 1 statt. Daher werde ich versuchen, alles im Detail zu erklären.
Wie man sehen kann, ist der interne Stoßfänger in der Zehenbox als laminierter Abschnitt beibehalten worden. Von anderen TesterInnen weiß ich, dass sie den Endorphin Speed dem Pro vorziehen, weil die Zehenbox etwas mehr Höhe hat. Das hat sich mit dem Speed 2 nicht geändert. Auf die diagonal verstärkten Nähte, die wir bei v1 hatten, verzichtet v2. Aus dieser Änderung resultiert eine verbesserte Atmungsaktivität. Noch wichtiger ist, dass das Fehlen von Nähten es dem Mesh ermöglicht, sich etwas mehr über die Zehenbox zu dehnen.
Da ich keinen Vergleich zu Version 1 habe, kann ich euch hier nur meine Meinung wiedergeben: Für mich fühlt sich die Zehenbox eng an. Meine Zehen haben nicht den Platz, den ich mir vor allem für längere Läufe wünschen würde. Allerdings denke ich, dass der Vorfuß des Speed 2 für die allermeisten LäuferInnen gut funktionieren wird.
Bei der Zunge des Speed 2 bleibt Saucony dem eingenähten Design treu, verwendet aber jetzt ein dickeres Material im Gegensatz zum perforierten Mesh in v1. Der Mittelfuß fühlt sich strukturiert und sehr sicher an, was unter anderem an den Verstärkungen liegt, die sich beidseitig von der Ferse bis in den Vorfuß ziehen. Ich habe beim Laufen zu keiner Zeit das Gefühl gehabt, im Schuh zu rutschen.
Die Ferse beherbergt die größten Veränderungen. Es scheint, als ob Saucony die Beschwerden bezüglich der Fersenkappe in v1 berücksichtigt hat. Das Gesamtvolumen der Ferse ist geringer, was den Halt im Schuh verbessert. Die Verstärkung der Ferse ist nun nicht mehr ganz so hoch und der Kragen, der den Knöchel umfasst, hat eine weiche, flexible Polsterung. Da sie nicht übermäßig strukturiert ist, fühlt sich die Polsterung nicht einschränkend an und umschließt den Knöchel doch sehr sicher. Ein reflektierendes Element außen an der Fersenkappe rundet das gelungene Design ab.
Nils: Johannes beschreibt sehr ausführlich, was Saucony alles in Sachen Obermaterial verändert hat - da gibt es kaum etwas hinzuzufügen. Die Änderungen an der Fersenpartie machen den Schuh minimal stabiler im Vergleich zum Vorgänger. Das kommt mir als leichter Überpronierer natürlich sehr entgegen. Davon abgesehen könnte ich im Blindtest Speed 1 von Speed 2 nicht unterscheiden, wenn ich sie am Fuß habe. Das Obermaterial war letztes Jahr schon sehr angenehm zu tragen und schön atmungsaktiv, was vor allem über den Sommer eine Wonne war. Daran hat sich auch dieses Jahr nichts geändert.
Marcel: Zum Obermaterial im Bereich der Zehenbox habe ich im letzten Abschnitt bereits das Wesentliche gesagt: Es sitzt merklich fester am Fuß - mit allen Vor- und Nachteilen je nach Fußform. Davon unabhängig ist es sehr schön dünn und luftig.
Hinsichtlich der Fersenkappe habe ich eine andere Wahrnehmung als meine Kollegen: Mein minimal kürzerer rechter Fuß schlüpft im 2er deutlich starker als im 1er, was sich auch nur mit Mühe durch eine festere Schnürung beseitigen lässt. Und dies hat aus meiner Sicht auch einen einfachen grund, nämlich die neue Struktur des Innenfutters. Denn dieses ist beim 2er zum einen deutlich glatter und dadurch rutschiger. Zum anderen befinden sich in der Fersenkappe des 1ers zwei kleine Polster bzw. Wölbungen, die die Ferse einfassen und ein vertikales Verrutschen im Schuh verhindern. Dieses ist jedoch ein individuelles Thema; am anderen Fuß (1-2mm länger) konnte ich zwischen 1er und 2er keinerlei Unterschiede feststellen.
Mittelsohle
Johannes: Die Mittelsohle ist im Wesentlichen unverändert gegenüber der viel gelobten Kombination in v1. Daher gibt es hier nicht viel zu kommentieren. Es ist immer noch der bekannte federnde PEBA-Schaum (genannt PWRRUN PB), der eine Nylonplatte umschließt. Zur Erinnerung: Die Nylonplatte ist im Vergleich zur Carbonplatte des Pro etwas flexibler und hat dafür nicht ganz denselben Sprungbrett-Effekt. Das ist der Unterschied, der den Speed zu einem besseren Trainingsschuh macht als den Pro, der für den Wettkampf ausgelegt ist. Die “Geheimzutat” der Endorphin-Reihe, - die Wiege-Technologie, die sich bei Saucony SPEEDROLL nennt - ist natürlich auch im Speed 2 vertreten.
Was mir als Endorphin-Laie auffällt ist, dass die Mittelsohle nach unten abgeschrägt ist, wodurch die Plattform schmaler wird. Zusammen mit SPEEDROLL führt das dazu, dass sich die Ferse instabil anfühlt. Damit könnten LäuferInnen, die mit der Ferse zuerst landen, Probleme bekommen.
Nils: Wie Johannes schon sagt, ist das Mittelsohlen-Setup unverändert im Vergleich zum Vorgänger. All die guten Zutaten finden sich im Endorphin Speed 2 wieder: PWRRUN PB, Nylonplatte, Speedroll. Mit 35,5mm im Fersenbereich und 27,5mm unterm Vorfuß ist mehr als genug Dämpfung für jede gängige Straßenlaufdistanz vorhanden. Die daraus resultierenden 8mm Sprengung liegen nahe der berühmten goldenen Mitte und sollten für fast jeden funktionieren. Die relativ schmale Ferse wird durch die Nylonplatte ausreichend stabilisiert, sodass der Schuh selbst für meinen rechten “Knickfuß” gut funktioniert.
Marcel: Wenn man den Vorgänger so wie ich bereits gelaufen ist und von der Mittelsohle begeistert war, fällt es zumindest mir schwer, diese Begeisterung erneut zum Ausdruck zu bringen. Daher möchte ich an dieser Stelle all jene, die das Vorgängermodell noch nicht gelaufen sind, auf das sehr gelungene Review von Nils zum Endorphin Speed 1 verweisen. Die Mischung aus einem sehr reaktiven Mittelsohlenschaum in Kombination mit einer perfekt abgestimmten Festigkeit (bei zu weichen Mittelsohlen fängt bei mir die Wade schnell an zu zwicken) ist und bleibt ein Laufgenuss - insbesondere bei schnelleren Einheiten.
Außensohle
Johannes: Auch die Außensohle des Endorphin Speed 2 ist unverändert. Strategisch platziertes Karbongummi (XT900) an den Kanten der Plattform sorgt für einen hervorragenden Grip auf trockenen Straßen, sowie auf Kies. Bei Nässe habe ich den Speed 2 leider noch nicht laufen können. Zwischen den Gummi-Partien entlang der Ferse und des Mittelfußes findet sich freliegendes Mittelsohlen-Material. Im Vorfuß ist das Gummi dagegen ein wenig großzügiger verteilt, was dem Schuh zusätzliche Haftung und Sprungkraft verleiht. Nach 50 Kilometern kann ich an der Außensohle des Speed 2 keine vorzeitigen Gebrauchsspuren erkennen.
Nils: Die Außen- bleibt wie die Mittelsohle unverändert im Vergleich zum Saucony Endorphin Speed (1). Es gab immer Mal wieder Berichte von LäuferInnen, die das verwendete XT900 Gummi als rutschig bei Nässe empfunden haben. Ich konnte das nie nachvollziehen und war vollkommen zufrieden mit der Performanz der Gummimischung. Ich hab es am Wochenende aber endlich geschafft den Speed 2 auch Mal bei Nässe zu laufen und muss gestehen, dass sich “vertrauenserweckend” doch anders anfühlt. Ich schließe mich der Meinung somit also an, dass Saucony hier gern bei der Gummimischung nachbessern dürfte, um die Traktion auf nasser Straße zu verbessern. Zu erwähnen ist außerdem noch das zusätzliche Gummi auf der medialen Seite der Ferse, dass die Fersenstabilität erhöht.
Marcel: Die Haltbarkeit der Außensohle ist ohne Frage sehr gut. Auch nach knapp 500km ist beim 1er nur wenig Abnutzung zu erkennen, was aufgrund der unveränderten Außensohle gleiches auch für das aktuelle Modell erwarten lässt. Was den Grip angeht, bin ich nahe bei Nils, möchte jedoch nach dem jeweiligen Untergrund unterscheiden: Auf nassen Blättern oder sonstigen rutschigen Untergründen gibt es in der Tat noch bessere Gummimischungen wie Vibram MegaGrip oder PumaGrip. Auf der anderen Seite bin ich den 1er auch im knöcheltiefen Wasser im Starkregen über Stunden völlig problemlos auf (rauem) Asphalt gelaufen. Von daher geht der Grip für mich für einen solchen Schuh unter dem Strich völlig in Ordnung.
Laufgefühl
Johannes: Die Sohle des Speed 2 mit ihrer Kombination aus PWRRUN PB, SPEEDROLL und Nylonplatte sorgt für ein Level an Energierückgabe, das in der Klasse der Trainingsschuhe seinesgleichen sucht. Mit jedem Schritt fühlt man sich vorwärts katapultiert. Dieser Effekt wird stärker, je schneller das Tempo ist, das angeschlagen wird. Das hat wohl damit zu tun, dass ich (wie die meisten LäuferInnen), bei höheren Geschwindigkeiten mehr zum Laufen auf dem Fußballen übergehe, wo der Endorphin Speed sein volles Potenzial entfaltet. Durch den ‘Rocker’-Effekt ist das Laufgefühl auch bei langsameren Geschwindigkeiten angenehm und reibungslos. Wenn man jedoch zu sehr auf der Ferse landet, wird die Abschrägung der Mittesohle spürbar und ich habe das Gefühl, nach innen wegzukippen. Das könnte für FersenläuferInnen eine Herausforderung sein. Vielleicht ist es aber auch einfach meiner Anatomie geschuldet. Daher würde ich allen LäuferInnen, die unsicher sind, empfehlen, den Schuh im Laden Probe zu laufen und darauf zu achten, wie sich der Schuh auf den eigenen Grad der Pronation auswirkt.
Die Frage, ob die Änderungen des Obermaterials im Vergleich zum Speed 1 das Laufgefühl beeinflussen, muss ich an meine Kollegen weitergeben. Ich jedenfalls habe mich im Speed 2 zu jeder Zeit sicher fixiert gefühlt.
Nils: Der Saucony Endorphin Speed 2 bleibt der Linie des Vorgängers mehr als treu. Soll heißen, er läuft sich eigentlich exakt wie die letztjährige Variante. Die Unterschiede im Obermaterial machen ihn minimal stabiler und ich persönlich empfinde den Halt im Schuh als etwas sichererer. Das mag aber auch daran liegen, dass ich letztes Jahr eine halbe Größe größer gelaufen bin. Doch auch dieses Jahr ist der Endorphin Speed 2 kein Schuh für stabilitätsbedürftige Läufer.
Der Endorphin Speed 2 (wie auch 1) ist ein herausragender Schuh. Vor allem für schnelle Sachen gibt es wenige Schuhe, die ihm das Wasser reichen können. Und wenn sind sie i.d.R. karbonfaser-verstärkt und entsprechend preislich “sportlicher” platziert. Was der Speed diesen meist wettkampforientierten Schuhen voraus hat, ist eine tolle Vielseitigkeit. Er wäre nicht meine erste Wahl für langsame Recoveryläufe, aber für alles andere braucht man eigentlich keinen zweiten Schuh im Regal.
Marcel: Ich hatte es bei der Beschreibung der Mittelsohle ja bereits erwähnt: Der Schuh macht nach wie vor extrem viel Spass! Für mich liegt der Sweetspot bei flotten langen Läufen, da man hierbei neben dem Bounce-Effekt besonders auch von der Hervorragenden Dämpfung profitiert. Ansonsten haben Johannes und Nils die wesentlichen Punkte bereits genannt. Für die Fersenläufer möchte ich lediglich noch ergänzen, dass ich auf längeren Läufen zum Ende hin auch als Vorfuß- bzw. Mittelfußläufer sukzessive auf die Ferse wechsel und es hierbei nie Probleme mit der Wade oder der grundsätzlichen Stabilität gab. Kurzum: Der Schuh ist unabhängig vom Laufstil sehr zu empfehlen (vorausgesetzt, man ist Neutralläufer!), bietet jedoch insbesondere den Vorfußläufern mehr als ausreichend Dämpfung, was in dieser Gewichtsklasse keineswegs selbstverständlich ist.
Zusammenfassung und Empfehlung
Johannes: Die zweite Iteration des Endorphin Speed ist ohne Zweifel immer noch einer der besten Temposchuhe. Mich begeistert vor allem die Sprungkraft der Mittelsohle, das (trotz Nylonplatte) leichte Gewicht und seine Vielseitigkeit. Ich habe im Speed 2 alle meine Workouts der letzten paar Wochen absolviert, von Kilometerintervallen über Tempoläufe bis hin zu Steigerungsläufen und muss sagen, dass der Schuh alle Einheiten mit Bravour gemeistert hat. Für längere Läufe (15 km aufwärts) habe ich den Speed 2 aufgrund seiner eher engen Passform nicht benutzt. Das ist allerdings eine persönliche Präferenz, weswegen ich den Schuh trotzdem für Distanzen bis zum Marathon empfehle. Eine kleine Einschränkung gibt es jedoch: FersenläuferInnen und Überpronierer sollten gut abwägen, ob der Endorphin Speed 2 der richtige Schuh für sie ist, da die Mittelsohle und Plattform am besten im Zusammenspiel mit einer neutralen, effektiven Gangart funktioniert.
Nils: Auch beim Fazit kann ich Johannes nur zustimmen. Da ich jedoch beide Schuhe gelaufen bin und hier im Regal stehen habe, habe ich folgende Ergänzung: Wenn ihr den Endorphin Speed 1 für einen guten Preis im Angebot kaufen könnt - schlagt zu! Die Neuerungen am neuen Modell sind marginal und für Läufer die nicht auf jedes bisschen Stabilität im Fersenbereich angewiesen sind, sind Speed 1 und 2 gleichwertige Alternativen. Beides sind tolle Schuhe und gehören zum besten was der Markt letztes wie dieses Jahr zu bieten hat.
Marcel: Viele meiner Eindrücke haben Johannes und Nils bereits sehr treffend wiedergegeben. Daher möchte ich lediglich noch meine Sicht der Dinge ergänzen, wann man zum 1er und wann zum 2er greifen sollte (neben dem zu erwartenden Preisunterschied: Ein breiter Vorfuß fühlt sich zweifelsohne im 1er deutlich wohler. Wer einen “normalen” oder schmalen Vorfuß hat bzw. einen engeren Performance-orientierten Sitz bevorzugt, greift zum 2er. Was den Fersenhalt angeht, hilft aufgrund der unterschiedlichen Erfahrungen vermutlich nur die Anprobe beider Modelle. Auf welchem Niveau wird hier vermeintliche Kritikpunkte diskutieren macht jedoch auch eines deutlich: Wir haben hier wieder einen heißen Anwärter auf den Schuh des Jahres 2020 und ich bin schon gespannt, mit was uns Saucony als nächstes bei der Weiterentwicklung der Endorphin-Reihe überrascht.
Wertung
Johannes: 9,25/10 (-0,5 für mangelnde Stabilität der Fersenplattform, -0,25 für enge Passform)
Wie bereits oben angesprochen könnte der Endorphin Speed in der nächsten Iteration für mich ein wenig mehr Weite im Vorfuß vertragen. Wenn dann noch die Fersenplattform durch eine weniger starke Abschrägung der Mittelsohle mehr Stabilität hätte, wären für mich alle Kriterien für den perfekten Tempo- / Trainingsschuh erfüllt.
Nils: 9,3/10 (-0,2 für Traktionsprobleme bei Nässe, -0,2 für engen Vorfuß, -0,2 für Änderungen, die kaum der Rede geschweige denn eine neue Version wert sind, -0,1 für etwas instabile Plattform)
Ich hätte mir gewünscht, dass Saucony uns dieses Jahr eine etwas breitere Zehenbox und vielleicht ein besseres Sohlengummi gönnt. Aber vielleicht passiert das ja im nächsten Jahr. Davon abgesehen gibt es nichts zu meckern, außer dass Saucony doch sehr stark auf Nummer sicher gegangen ist mit dem Endorphin Speed 2. Aber wer will es Ihnen verdenken bei so einem guten Schuh!
Marcel: 9,4/10 (-0,5 für die etwas zu enge Zehenbox, -0,1 für die glatte Fersenkappe)
Wenn wir drei uns trotz unterschiedlicher Vorfüße einig sind, dass die Zehenbox etwas zu eng ist, wird es vermutlich auch vielen unserer Leser so gehen, so dass ich beim 3er hier wieder auf etwas mehr breite oder ein flexibleres Obermaterial in diesem Bereich hoffe. Bei der Fersenkappe wird am Ende vermutlich die individuelle Anatomie entscheiden. Es wird auf jeden Fall spannend, wie Saucony den Schuh zukünftig weiterentwickelt. Auf jeden Fall ein absolutes Top-Modell und alle Kritikpunkte sind Jammern auf sehr hohem Niveau.
Vergleiche
Saucony Endorphin Speed 2 vs. Saucony Kinvara 12 (RTR Test Deutsch)
Johannes: Der Kinvara ist der traditionellere der beiden Temposchuhe. Er hat keine Platte, keinen Superschaum, keinen nennenswerten ‘Rocker’ und lebt mehr von seiner Leichtigkeit (rund 20 Gramm leichter als der Speed 2), Nähe zum Boden und Flexibilität. Außerdem hat der Kinvara die stabilere Plattform. Zwei unterschiedliche Ansätze, die zwei verschiedene Arten von Läufern ansprechen. Wer mit der höheren Sprengung und der steifen Mittelsohle des Endorphin Speed 2 zurechtkommt und nicht davor zurückschreckt, 45 Euro mehr zu zahlen, sollte in den Endorphin investieren, da er der vielseitigere Schuh ist. Wer nach einem Tempo- und Wettkampfschuh mit natürlichem Laufgefühl sucht, der nicht den Geldbeutel sprengt, ist mit dem Kinvara besser bedient.
Nils: Ich mag beide Schuhe. Wie Johannes sagt, sind es zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Ich würde aber sagen, dass der Kinvara dem Speed in Sachen Vielseitigkeit nichts nachsteht. Ja, im Speed kommt man dank mehr Dämpfung sicherlich frischer aus einem Marathon heraus. Aber laufen kann man ihn in beiden Schuhen. Gleiches gilt für Intervalle, schnelle Tempoeinheiten etc. pp. Und beide Schuhe haben ebenso gemeinsam, dass ich sie nicht für Erholungsläufe tragen würde. Beide passen in EUR 44,5 perfekt, der Kinvara hat aber etwas mehr Breite im Vorfuß.
Saucony Endorphin Speed 2 vs. Saucony Endorphin Pro (2) (RTR Test Deutsch)
Nils: Wie schon letztes Jahr ist der Endorphin Pro (2) sehr ähnlich zum Speed (2). Die Karbonplatte bietet mehr Vorschub, als die Nylonplatte des Speed. Die Speedroll Technologie kommt durch die steifere Platte besser zur Geltung und wirkt dadurch etwas aggressiver. Auch die Stabilität ist aus dem selben Grund größer im Pro als im Speed. Der Pro ist etwas leichter und kostet 40€ mehr. Wer auf der Jagd nach Bestzeiten ist, sollte diese 40€ meiner Meinung nach investieren. Vor allem der Pro 2 bietet durch das verbesserte Obermaterial einen unfassbar guten Lockdown und dadurch die beste Kurvenstabilität aller aktuellen Marathonschuhe. Beide passen mir in 44,5 EUR.
Saucony Endorphin Speed 2 vs. Saucony Ride 14 (RTR Test Englisch)
Johannes: Da die beiden Test-Paare zur gleichen Zeit bei mir angekommen sind, hatte ich die Gelegenheit, den Ride 14 und den Endorphin Speed 2 direkt zu vergleichen.
Der Ride 14 bringt glatte 50 Gramm mehr auf die Waage durch ein überkonstruiertes (und warmes) Obermaterial und wesentlich mehr Gummi auf der Außensohle (was ihm leider keinen Vorteil beim Grip verschafft - mehr dazu in meinem Review, der bald veröffentlicht wird). Die Mittelsohle des Ride ist wesentlich weniger energetisch. Der einzige Vorteil des Ride liegt in der Stabilität der Plattform, wo er dem Speed 2 einiges voraus hat. Wer einen behäbigen, aber stabilen Trainingsschuh möchte, keine 40 Euro draufzahlen will oder sich an der Nylonplatte des Speed stört, sollte zum Ride greifen. Meines Erachtens ist der Speed 2 jedoch für alles, was in puncto Geschwindigkeit über die 5:30 min/km- Marke hinausgeht, schlichtweg besser geeignet.
Saucony Endorphin Speed 2 vs. ASICS Metaspeed Sky (RTR Test Deutsch)
Nils: Der Metaspeed Sky ist der erste Schuh, der auf einer Stufe mit Nike’s Next% steht. Entsprechend hat der Speed nicht wirklich eine Chance in diesem Vergleich. Der Metaspeed Sky ist im Vorfuß besser gedämpft, seine Geometrie drückt den Läufer / die Läuferin auch mehr dorthin. ASICS Mittelsohlenschaum ist nochmal besser als Sauconys PWRRUN PB. Das Obermaterial ist noch atmungsaktiver und der ganze Schuh ist deutlich leichter. Für den Speed spricht, dass man ihn eben auch im alltäglichen Training tragen kann, während der Metaspeed Sky ein reiner Wettkampfbolide ist. Metaspeed 44 EUR, Endorphin Speed 44,5 EUR.
Saucony Endorphin Speed 2 vs. Hoka One One Carbon X 2 (RTR Test Englisch)
Nils: Speed 2 und Carbon X zwei sind sehr ähnliche Schuhe. Stark gedämpft, Rocker-Geometrie, gemacht für schnelle, lange und lange-schnelle Läufe. Beide sind durch eine Platte verstärkt (Karbon beim Hoka, Nylon beim Saucony). Beide wiegen vergleichbar wenig. Auch der Carbon X 2 hat ein tolles, luftdurchlässiges Obermaterial. Er ist etwas weiter geschnitten als der Speed 2 und vor allem seine Basis ist deutlich breiter. Dadurch ist der Carbon X 2 deutlich stabiler und somit eine bessere Wahl für Läufer mit Pronationsproblemen. Der Carbon X 2 nutzt jedoch kein PEBAX Material als Mittelsohlenschaum. Und wer dieses Material schonmal gelaufen ist, weiß, dass es in Sachen Energierückgewinnung und “frische” der Beine einfach besser ist als EVA. Carbon X EUR 44 (könnte aber ein tick länger sein), Endorphin Speed EUR 44,5.
Saucony Endorphin Speed vs. Puma Deviate Nitro (RTR Test Deutsch)
Nils: Der Endorphin Speed (2) macht vor, was der Deviate Nitro versucht zu erreichen: Flexible Platte, energetisches Dämpfungsmaterial, abgerundete Sohlenform mit Rocker-Effekt. Der Deviate hat all diese Faktoren, schaffte es aber nicht daraus ein so stimmiges Gesamtbild zu kreieren, wie Saucony es beim Endorphin Speed (2) gemacht hat. Der Speed ist zudem deutlich leichter und eignet sich für das gesamte Laufspektrum von Intervallen, über Longruns bis zu Wettkämpfen. Nur zu langsam mag er nicht. Der Deviate ist stabiler und besser für langsame Läufe geeignet, davon abgesehen spricht in diesem Vergleich nichts für ihn. Speed 44,5 EUR, Deviate 44 EUR.
YouTube Playlist mit englischsprachigen Laufschuhtests HIER
Die Laufbiographien aller RTR-Tester könnt ihr hier lesen.
Die Schuhe, die Grundlage dieses Tests sind, wurden uns von SAUCONY EUROPE kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind unsere eigenen.
Ich freue mich über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.
Um bestmöglich auf eure Fragen einzugehen, nennt nach Möglichkeit euer Laufpensum, Geschwindigkeiten, Renndistanzen und eure aktuellen Schuhe.
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