Artikel von Marcel Krebs & Nils Scharff
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Saucony Endorphin Trail (180€)
Einleitung
Nils: Saucony hat letztes Jahr mit der Endorphin-Kollektion drei herausragende Schuhe herausgebracht. Der Endorphin Pro war nicht nur der erste Marathon-Superschuh, der den allgegenwärtigen Nike Vaporfly herausfordern konnte. Nein, auch seine Geschwister Endorphin Speed und Shift gehörten zu den besten Schuhen des letzten Jahres in ihren jeweiligen Kategorien. Während Speed und Pro ziemlich ähnliche Schuhe waren, war der Shift mit seinem höheren Gewicht und einem anderen Mittelsohlenschaum ein wenig anders als der Rest der Familie.
Allen dreien gemeinsam waren unterschiedliche, aber herausragendes Obermaterialien, hohe Mittelsohlen und nicht zuletzt die Speed Roll-Technologie – so nennt Saucony den hauseigenen, beeindruckend fein abgestimmten Rocker.
Als die ersten Leaks der Endorphin-Kollektion 2021 ihren Weg auf verschiedene Online-Plattformen fanden, sah es so aus, als wollte Saucony dieses Jahr auf Nummer sicher gehen. Endorphin Pro, Speed und Shift 2 sollten allesamt lediglich neue Obermaterialien bekommen. Und das ist vollkommen verständlich, bei so erfolgreichen Modellen. Für mich als Schuhtester ist es jedoch irgendwie langweilig.
Aber dann - BOOM - da ist die große Überraschung! Erste Bilder eines massiv gedämpften Endorphin Trail tauchten im Internet auf und die Erwartungen gingen natürlich durch die Decke. Mittlerweile habe ich einige Kilometer im neuen Mitglied der Endorphin-Familie absolviert – Zeit zu beurteilen, ob der Saucony Endorphin Trail dem Hype gerecht wird!
Marcel: Als Saucony im Jahr 2020 die Endorphin-Serie auf den Markt brachte, wurden der Endorphin Speed und der Endorphin Shift sehr schnell zu meinen Go-to-Schuhen für viele Gelegenheiten in meiner umfangreichen Schuhrotation. Das gilt bis heute, was wahrscheinlich eines der größten Komplimente ist, die ein Schuhtester machen kann, wenn man die schiere Menge an Schuhen bedenkt, die wir jedes Jahr rezensieren. Deshalb wurde der Saucony Endorphin Speed sogar mein Schuh des Jahres 2020. Nach solch‘ positiven Erfahrungen mit der Erstauflage der Endorphin-Linie könnt‘ ihr euch vorstellen, wie begeistert ich war, als ich von der Ankündigung eines Endorphin Trail hörte.
Nachdem die ersten Fotos öffentlich wurden, kam in mir sofort der Gedanke an einen Endorphin Shift für leichte Trails auf. Ihr könnt daher gespannt sein, inwieweit sich diese Erwartung bestätigt hat und wie der Endorphin Trail mich dann an der einen oder anderen Stelle doch überrascht hat.
Pro & Contra
Pro:
Nils/Marcel: Der vielleicht am besten schützende Schuh, in dem ich je gelaufen bin!
Nils/Marcel: Energiegeladenes Laufgefühl!
Nils/Marcel: Sehr stabil für so eine massive Mittelsohle!
Nils: Aggressives Stollenprofil sorgt für gute Traktion auf weichen Untergründen und nimmt kaum Matsch auf!
Nils/Marcel: Speedroll funktioniert genauso gut wie bei allen seinen Geschwistern - Road to Trail!
Nils: Wahrscheinlich der beste Schuh, den ich für ausgedehnte Downhills besitze!
Marcel: Obermaterial + Bootie-Konstruktion sorgen für sehr guten Halt!
Marcel: Einfach, sicher, keine Anpassung der Schnürung während des Laufens notwendig!
Marcel: Zehenbox passt auch für breitere Vorfüße!
Contra:
Nils/Marcel: Ganz ehrlich – es ist ein schwerer Schuh!
Nils: Relativ warmes Obermaterial!
Nils/Marcel: Auf nassen Felsen etwas zu rutschig - nicht gefährlich oder unlaufbar, aber man spürt, dass man Traktion verliert!
Nils: Kein 2. Schnürloch für die Marathonschnürung!
Nils: Dehnbare Zunge und Schnürsenkel können den Halt beeinträchtigen!
Marcel: Bootie-Konstruktion nicht ganz zu Ende gedacht (verhindert Eindringen von Steinen lediglich von vorne, nicht jedoch von der Seite)
Nils Scharff
Ich bin 31 Jahre jung, gebürtig aus Kassel, verheiratet mit einer wunderbaren Ehefrau und mache seit mittlerweile 5 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Als Läufer sehe ich mich seit erst drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Firmenlauf, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört. In 2017 waren es „nur“ knapp 1000 Laufkilometer, in 2018 das Doppelte, 2019 schon das Dreifache. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit sechs Marathons gelaufen, die PB von 2:57:10h habe ich dieses Jahr trotz Corona im Rahmen eines #stayathomemarathons aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (17:32min), 10km (37:32min) über Halbmarathon (1:22:56h) bis eben zum Marathon.
Marcel Krebs ist ein begeisterter Trail- und Hindernisläufer (OCR), der zunehmend auch den Straßenlauf für sich entdeckt. Neben seiner Faszination für Laufschuh-Innovationen für Straße und Trail begeistert sich Marcel auch für technische Gadgets aller Art.
Die Kombination aus einem zeitaufwändigen Bürojob in Verbindung mit einer gewissen Verletzungsanfälligkeit im Bereich der Sehnen und Waden gibt Marcel in seinen Schuh-Reviews auch eine besondere Perspektive auf die getesteten Modelle. Nämlich weniger die des Leistungssportlers, sondern vielmehr die eines ambitionierten Freizeitläufers mit einer Vorliebe für Hindernisrennen. Wer zudem einen vergleichsweise breiten Vorfuß hat, sollte sich Marcels Eindrücke von den getesteten Modellen genauer ansehen.
Daten
Gewicht:
Offiziell: 295g (Herren US9) // 235 (Damen US7)
Testschuhe: 357g (Herren EU 44,5 / US 10.5) bzw. 339g/341g (Herren EU 44 / US 10)
Sprengung: 4mm (36,5mm Ferse / 32,5mm Vorfuß)
Release: Ab 15.7. erhältlich im Fachhandel für 180€
Erster Eindruck und PassformNils: Sauconys Motto für die Release-Editionen der Endorphin 2 Kollektion ist die karierte Zielflagge, die man aus Autorennen kennt. Auf allen vier Schuhen findet sich das schwarz-weiße Karomuster wieder. Sogar der Schuhkarton meines Endorphin Trail ist von oben bis unten kariert. Ich muss zugeben, dass ich nicht der größte Fan dieser Designentscheidung bin. Als ich die ersten Bilder gesehen habe, dachte ich an einen Aprilscherz. Letztes Jahr haben Sauconys Designer eine knaller Farbvariante nach der anderen veröffentlicht. Im Vergleich dazu wirkt das neue karierte Design wie die Arbeit eines Praktikanten. Ich muss jedoch zugeben - je länger ich die neuen Endorphins in den Händen halte, desto besser gefällt mir das Design.
Aber Design ist sowieso eine höchst subjektive Angelegenheit. Abgesehen davon - was fällt auf, wenn man den Saucony Endorphin Trail zum ersten Mal aus der Box zieht? Zuallererst würde ich die aggressive Außensohle mit ihrer gelben Vollgummiabdeckung nennen. Das Ding sieht richtig fies aus! Und dann gibt es eine Art Beschichtung, die die Zwischensohle bedeckt. Wir haben hier bei RTR diskutiert, was der Grund dafür ist und welche Mittelsohlenmischung sich hinter dieser Beschichtung verbirgt (dazu später mehr). Und dann ist da natürlich die enorme Mittelsohle. Aber die hat man bei einem Endorphin ja irgendwie erwartet.
Als ich dann die Füße in den Saucony Endorphin Trail gesteckt habe, kam die große Erleichterung: Ich habe mich direkt wie zu Hause gefühlt. Ich weiß nicht, wie Saucony das macht, aber jedes ihrer Modelle passt einfach in meine Standardgröße US 10.5, als wäre es für meine Füße maßgeschneidert.
Das ist im ET nicht anders. Im Vergleich zu den anderen Endorphinen gibt es definitiv mehr Platz im Vorfuß, was ich natürlich begrüße. Das Obermaterial ist etwas dehnbar und schmiegt sich perfekt um meine Füß. Es sollte somit vielen passen. Alles in allem ist der ET komfortabler als ich erwartet hatte. Aber um ehrlich zu sein: Ich hatte etwas Racer-ähnliches im Sinn. Das was ich hier in der Hand halte wiegt jedoch 357 g in meiner US 10,5, was selbst für einen Trailschuh schwer ist. Mal sehen, was es trotz dieses Gewichts auf den Trails alles kann!
Marcel: Ein sehr guter Fersenhalt, eine massive Sohle und eine geräumige Zehenbox sowie eine größengetreue Passform. Die Farbgebung ist in der Tat Geschmackssache. Für mich persönlich: Ich mag sowohl recht knallige Farben wie das typische Rot der Salomon S-Lab-Serie als auch einige klassische Modelle wie den komplett schwarzen Inov-8 TerraUltra G270. Gleichzeitig bevorzuge ich aber auch vergleichsweise cleane Styles. Deshalb ist mir beim ET optisch ein „bisschen zu viel los“.
Allerdings gefällt mir die neue Farbgebung der Endorphin-Serie grundsätzlich recht gut - vor allem beim Speed 2 und beim Shift 2, wo die Farbgebung auch etwas sommerlich wirkt. Aber für die gesamte Endorphin Linie gilt: Der Look weiß mit jedem Look mehr zu gefallen!
ObermaterialNils: Das Obermaterial des Saucony Endorphin Trail ist sicherlich eines der bequemeren, das ich bisher in einem Trailschuh getragen habe. Das Hauptmaterial, das sich um Mittel- und Vorfuß legt, ist ein Mesh aus mindestens zwei Schichten. Von innen ist es sogar leicht gepolstert. Das fühlt sich gut an und ist sicher schützend, aber ich muss mich fragen, ob das nicht der erste Faktor sein sollte, an dem Saucony etwas Gewicht sparen könnte. Neben dem Gewichtszuwachs ist das Ergebnis dieser Polsterung auch ein ziemlich warmer Schuh. Der ET wäre wahrscheinlich nicht meine erste Wahl für ein Wüstenrennen.
Von außen gibt es einige Verstärkungen, die für zusätzliche Struktur sorgen. Neben den großen Saucony-Logos unterstützt ein Muster aus schmalen und irgendwie transparenten Overlays das Obermaterial rundum. Das ist dem, was Saucony mit Endorphin Shift gemacht hat, sehr ähnlich.
Ein Mittelfußkäfig aus perforiertem Mesh mit einigen dichteren Fasern im Mesh zur Unterstützung sorgt für noch mehr Halt rund um den Spann.
Ein dicker Zehenschutz aus Gummi schützt die Zehen und einen Großteil des Vorfußes.
Die Zunge des ET ist aus einem dehnbaren Material gefertigt, leicht gepolstert und direkt mit dem Obermaterial vernäht.
Es ist eigentlich keine echte Zunge, sondern eher eine socken-ähnliche Konstruktion. Die Dehnbarkeit der Zunge sorgt für eine sehr vielseitige Passform im Mittelfußbereich. Der ET sollte daher einer großen Vielfalt an Fußformen passen.
Bei meinem schmalen Mittelfuß überlappt das Material der Zunge etwas. Aber das ist mir beim laufen nie negativ aufgefallen. Laschen an Zunge und Ferse helfen auch ohne echte Zunge, mühelos in den Schuh zu schlüpfen.
Die Schnürung verwendet keine einfachen Löcher - was die einfache und leichte Option gewesen wäre. Stattdessen ist um die „Zunge“ eine doppelte Reihe dicker Schnüre (blau) genäht. Innerhalb dieser Reihen Schlaufen ausgelassen, um die Schnürsenkel durch sie hindurch zu fädeln. Diese Konstruktion sieht gut aus, funktioniert gut und ist sehr robust. Aber in Kombination mit den flachen, leicht dehnbaren Schnürsenkeln ist es etwas schwierig, einen straffen Lockdown zu bekommen. Der Schuh sitzt nie locker oder schlecht, aber nie so perfekt, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich werde wahrscheinlich die Schnürsenkel gegen nicht-dehnbare austauschen. Ein wichtiger Hinweis: Es gibt KEIN zweites Schnürloch am Einstieg, um die Marathonschnürung zu verwenden!
Um den Einstieg und die Ferse herum bietet der Saucony Endorphin Trail eine mitteldicke Polsterung, die meine Ferse perfekt in Position hält.
Eine massive externe Fersenkappe reicht weit in Richtung Mittelfuß und hilft bei der Stabilität. Letztere war für mich als Überpronierer nie ein Problem im ET, auch wenn er ein so hoch gelagerter Schuh ist.
Marcel: Beim Blick auf das Obermaterial hatte ich zunächst die Befürchtung, dass dieses etwas zu fest und steif und daher auch etwas zu warm sein könnte. Diese Befürchtung hat sich für mich bei sommerlichen - wenn auch noch moderaten - Temperaturen von 15-20 Grad jedoch nicht bestätigt. Lediglich bei den ersten beiden Läufen war es etwas warm unter den Fußballen, was aber wohl daran lag, dass die Zwischensohle erst einmal eingelaufen musste.
Das feste Obermaterial im Bereich der Zehenbox bietet ausreichend Volumen und guten Zehenschutz. Die sehr sauber verarbeitete Bootie-Konstruktion bietet sicheren Halt. Im Gegensatz zu einem unserer US-Kollegen hatte ich trotz eines recht hohen Mittelfußes keine Probleme mit zu viel Enge im Mittelfußbereich, während ich diese Probleme in der Vergangenheit z.B. mit dem Salomon S-Lab Cross 1 hatte. Auch die Fersenkappe ist für mich optimal und die klassische Fersenkappe bietet sehr guten Halt und verhindert jegliches Schlüpfen.
Lediglich mit Blick auf das Gesamtgewicht frage ich mich, ob die sehr weit hochgezogene Bootie-Zunge wirklich notwendig ist. Denn diese Konstruktion mag zwar das Eindringen von Steinen und Schlamm von vorne verhindern. Ein seitliches Eindringen kleiner Steinchen etc. ist aufgrund der klassische Fersenkappe an den Knöcheln jedoch weiterhin möglich, so dass mir eine Konstruktion wie beim Salomon S-Lab Pulsar als konsequente (360 Grad Rundumschutz durch dichten Abschluss zwischen Obermaterial und Fuß) und vor allem deutlich leichtere Alternative überlegenswert erscheint. Selbst wenn Saucony beim aktuellen Konzept bleibt, scheint mir an mehreren Stellen noch Raum für eine (deutliche) Gewichtsreduktion zu sein.
MittelsohleNils: Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, woraus die dicke Mittelsohle des ET besteht. Das liegt daran, dass alles mit einem schützenden Gewebe umhüllt ist.
Ich kann nur vermuten, warum das so ist. Der offensichtliche Grund wäre, das fragile Dämpfungsmeteriall zu schützen, von dem wir wissen, dass es Sauconys PWRRUN PB ist. Aber auch die Beschichtung sieht nicht besonders robust aus, da sie aus einem Gewebe besteht, das einigen, etwas steiferen Schuhobermaterialien ähnelt. Ein weiterer Grund könnte sein, die seitliche Ausdehnung des Mittelsohlenschaums zu verhindern, während er bei der Landung komprimiert wird. Das Ergebnis dieser Theorie wäre ein festeres und stabileres Laufgefühl als PWRRUN PB in Endorphin Pro & Speed bietet. Und genau so fühlt es sich an – aber dazu mehr in der entsprechenden Rubrik.
Die Zwischensohlenform nutzt natürlich eine Rocker-Geometrie, um das bewährte Speedroll-Gefühl der Endorphin-Familie zu gewährleisten. Außerdem sieht die Zwischensohle fast so aus, als wäre sie in ihrer Form durch eine horizontale Linie zweigeteilt. Zuerst habe ich gehofft, dass dies ein Hinweis auf eine Art (Karbon-) Platte sein könnte - ist es aber leider nicht. Saucony versucht einfach, mehr Stabilität zu erzeugen. Der untere Teil der Mittelsohle ist nach außen geneigt, um eine breitere Basis zu bieten. Der obere Teil hingegen umschließt den Fuß, was die stabilen Eigenschaften des Schuhs noch verstärkt. Die gleiche breite Basis verlängert den Fersenbereich. Auf diese Weise fungiert sie als eine Art Crashpad, das Aufprallkräfte dämpft und für zusätzliche Stabilität sorgt – insbesondere wenn man bergab läuft (man denke an einen weniger extremen HOKA TenNine).
Marcel: Im Vergleich zum Endorphin Speed ist die Zwischensohle aufgrund der bereits angesprochenen „Ummantelung“ deutlich fester und stabiler, was ich bei einem Trailschuh bevorzuge. Die Zwischensohle bietet ein sehr komfortables und federndes Laufgefühl. Gleichzeitig ist sie aber keineswegs instabil oder zu weich. Selbst auf felsigem Gelände war die Stabilität gut und auch ohne Steinschutzplatte war das Laufgefühl selbst auf solch anspruchsvollen Untergründen immer sehr angenehm. Lediglich in sehr technischem Gelände würde ich einen Schuh mit direkterem Bodenkontakt bevorzugen, was dann jedoch wiederum auf Kosten des Komforts ginge.
Durch die extrem reaktionsfreudige Zwischensohle sind zudem Asphaltpassagen sehr gut zu laufen, was bei vielen Trailschuhen eher die Ausnahme als die Regel ist.
AußensohleNils: Auch wenn sie ein Hingucker ist - die Außensohle ist vielleicht der am wenigsten aufregende Teil des Saucony Endorphin Trail. Sie besteht aus dem guten alten PWRTRAC-Gummi, das in der Vergangenheit meist gute Leistungen gezeigt hat. Bei nassen oder eisigen Bedingungen gibt es Luft nach oben - vor allem auf Fels. Aber das ist bekannt und bei weitem nicht so schlimm oder gar gefährlich wie etwas bei Nikes Gummimischung oder dem, was auch immer Craft im CTM Ultra verwendet hat.
Neben der Gummimischung ist das Außensohlenmuster des ET super! Die 4,5-mm-Stollen sehen aggressiv aus und beißen in jede Oberfläche, die ich bisher auf meinen etwa 70 Testkilometern gefunden habe. Darüber hinaus sind sie nicht sehr anfällig für das einsammeln von Matsch - und selbst wenn mal etwas kleben bleibt, laufen sie sich schnell und zuverlässig wieder frei. Für längere Läufe oder sogar Wettkämpfe unter nassen und schlammigen, aber nicht steinigen Bedingungen, könnte ich mir keine bessere Außensohle vorstellen.
Marcel: Es ist eine gute und vielseitige Außensohle, ohne wirklich Schwächen oder Stärken (Eis konnte ich allerdings aufgrund der Jahreszeit nicht testen; hier wäre ich nach den Erfahrungen mit dem Peregrine 11 allerdings zunächst vorsichtig). Gilt für nasse Felsen, Äste etc.; Auf (trockenem) Asphalt nach die Sohle hingegen eine überraschend gute Figur und deckt damit ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten ab. Wie der ganze Schuh ist auch die Außensohle recht massiv, mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.
Ich kann den Eindruck bestätigen, dass sich die Außensohle in schlammigem Gelände sehr gut verhält und vor allem den Schlamm nicht festhält. Aufgrund der Bootie-Konstruktion und des festen Obermaterials kann ich mir auch gut vorstellen, dass der Endorphin Trail auch im flachen Schnee eine gute Figur macht.
LaufgefühlNils: Wie lassen sich all diese Eigenschaften zusammenfassen? Wird der Saucony Endorphin Trail dem Hype gerecht und ist er ein super Schuh für die Trails? Irgendwie schon, aber auch so nicht ganz. Zuallererst: Der ET bietet das schützendste Laufgefühl, das ich je in einem Trailschuh erlebt habe. Die Speedgoats fühlen sich im Vergleich dazu nahezu bodennah und kaum gedämpft an - insbesondere im Vorfußbereich. Daher ist der ET wahrscheinlich die beste Wahl, wenn man die Beine vor langen Downhill-Abschnitten schützen möchte. Zumal PWRRUN PB eine gute Vibrationsdämpfung bietet.
Mit dem Saucony ET kann man souverän durch fast jedes Gelände hämmern. Die Traktion ist vor allem auf weichem Untergrund hervorragend und durch das substantielle Obermaterial mit all seinen Overlays ist der Schuh sehr stabil und bietet auch meinem schmalen Fuß einen starken Halt. Vor technischen Trails braucht man deswegen keine Angst zu haben.
Die Speedroll-Geometrie funktioniert wie bei allen Endorphins klasse. Dabei spielt es keine Rolle, ob man bergauf, bergab oder beides läuft. Im Endorphin Trail möchte man einfach nur dahin cruisen und das fühlt sich angesichts des Gewichts des Schuhs überraschend mühelos an. Aber das liegt nicht nur an der Speedroll, sondern wahrscheinlich in erster Linie am PWRRUN PB-Schaum.
Die Mittelsohle ist hier der Star und sorgt nicht nur für einen schützenden, sondern auch für einen hochenergetischen Lauf! Die Dämpfung ist dabei fester als in Endorphin Speed und Pro. Und das ist auch gut so, denn nur so ergibt sich die stabile Plattform, die man für eine so hohe Mittelsohle in einem Trailschuh braucht. Wäre das Material weicher, wäre der ET auf technischen Trails kaum laufbar. Aber Saucony hat das von Anfang an erkannt und sich viel Mühe gegeben, den Schuh zu stabilisieren. Das Ergebnis ist ein Trail-Monster mit maximaler Dämpfung, maximaler Stabilität und hoher Energierückgabe, das jedes Gelände und jede Distanz bewältigen kann.
Marcel: Nils hat die Details ja bereits sehr treffend und detailliert zusammengefasst. Das Laufgefühl ist durch die tolle Zwischensohle in der Tat sehr gut. Allerdings ist der Schuh auch vergleichsweise schwer, was gleichzeitig die Freude für den ambitionierten Läufer etwas trübt.
Gleichzeitig sollte man aber auch bedenken, dass nicht jeder mit den gleichen Ambitionen auf den Trails unterwegs ist. So wird das Gewicht für jemanden, der vergleichsweise gemütlich unterwegs ist oder eine längere Lauf-/Wandertour unternimmt, wohl eher von untergeordneter Bedeutung sein. Vielmehr werden diese Läufer die hervorragende Dämpfung, das gute Sohlenprofil und den tollen Halt im Schuh zu schätzen wissen.
Zusammenfassung und EmpfehlungNils: Ich mag den Saucony Endorphin Trail sehr, aber gleichzeitig bin ich ein bisschen traurig, dass er nicht die leichte Rennmaschine ist, die ich erhofft hatte. Der ET ist offensichtlich ein Speedgoat-Konkurrent und in den meisten Situationen genauso vielseitig wie HOKAs All-Time-Favorit (“dank” der Mittelsohle nicht in allen Situationen). Aber für meine Art des Laufens, die derzeit auf maximal 42 km begrenzt ist, ist es einfach zu viel Schuh. Auch bei alpinen Trailmarathons mit vielen Höhenmetern würde ich wegen der Anstiege lieber etwas Leichteres wählen. Sicherlich wäre diese Mittelsohle bei jedem Downhill die erste Wahl. Aber jeden Berg den man herunter läuft muss man auch irgendwie hochgekommen sein. Und bergauf merkt man einfach das relativ hohe Gewicht des ET. Daher ist der Endorphin Trail meine erste Wahl für lange Trainingsläufe und immer dann, wenn ich mich entschließe, die 42km-Marke hinter mir zu lassen. Durch die fein abgestimmte Rocker-Geometrie und die Energierückgabe des PWRRUN PB ist er sozusagen ein Superschuh für die Trails - nur ein schwerer.
Nils’ Punktzahl: 8.75/10
Laufgefühl: 8,5 - Passform: 9 - Preis/Leistung: 9 - Style: 6,5 - Traktion: 8,5 - Steinschutz: 10
Marcel: Ich finde es in diesem Fall schwieriger ein Fazit zu ziehen als bei den meisten anderen Testberichten, was daran liegt, dass es kein Vorgängermodell des Endorphin Trail gibt, was es normalerweise leichter macht, einen Schuh vor dem ersten Lauf mental einzuordnen. In diesem Fall wussten wir nur, dass der Schuh ein Mitglied der Endorphin-Familie sein würde, was natürlich eine gewisse Erwartungshaltung erzeugt. Und im Vergleich zu dieser Erwartung hat uns Saucony wohl alle überrascht. Das muss aber nichts Schlechtes sein. Denn ein maximal gedämpfter Schuh mit einer tollen Energierückgabe wird sicherlich von vielen Läufern geschätzt. Und nicht jeder achtet wahrscheinlich so sehr auf das Gewicht wie wir Verrückten hier bei RTR;-)
Dennoch wäre es mein Wunsch an Saucony (und es dürfte auch den Verkaufszahlen gut tun), den ET lediglich als Auftakt zu einer ganzen Endorphin-Trailschuh-Serie zu sehen. Auf diese Weise hätte Saucony die Chance, die Trail-Welt ähnlich zu erobern, wie sie es bei den Straßenschuhen mit der ursprünglichen Endorphin-Serie getan haben:
Neben dem hier getesteten ET wäre mein anderer großer Wunsch eine leichte Alternative auf Basis des Endorphin Speed. Mit einem minimalistischen Obermaterial (unter Beibehaltung einer guten Mittelfußunterstützung), einer vergleichsweise dünnen und niedriger profilierten Laufsohle und einem Gewicht von ~250g für eine US10 wäre dies eine spannende Alternative zum Salomon S-Lab Pulsar, der derzeit noch weitgehend konkurrenzlos in seinem Bereich ist.
Auch der aktuelle ET würde von einem „schlankeren“ Obermaterial und einer etwas weniger massiven Außensohle und einem somit reduzierten Gewicht profitieren, um aus einem sehr guten Schuh einen noch besseren zu machen. Ich bin gespannt, ob die Endorphin-Familie im Jahr 2022 entsprechenden Zuwachs bekommt - meine Daumen sind auf jeden Fall gedrückt:-)
Marcel’s Punktzahl: 9.13/10
Laufgefühl: 9.0 (30%), Passform: 9.5 (30%), Preis/Leistung 9 (10%), Style: 8 (5%), Traction: 8.5 (15%), Steinschutz: 10 (10%)
Vergleiche
Saucony Endorphin Trail vs. HOKA ONE ONE (EVO) Speedgoat (English Review)
Nils: Der EVO Speedgoat ist mein Wettkampfschuh der Wahl für Trailmarathons (42km). Ich hatte gehofft, dass der ET ein Konkurrent wird, aber wegen seines Gewichts ist er es einfach nicht. Der SG läuft sich weicher und im Vergleich dazu fühlt sich vor allem der Vorfuß tiefer und weniger geschützt an. Durch den ausgeprägteren Rocker und das straffere Laufgefühl ist der ET stabiler und läuft sich auch energetischer, solange man den Gewichtsunterschied (60 Gramm in meiner Größe 10.5!) ignorieren kann.
Zieht man dagegen den Vergleich des ET zum regulären Speedgoat 3 oder 4, sieht das ganze anders aus. Die Schuhe kommen sich in Bezug auf Gewicht (9g mehr für den ET) und Stabilität näher. Jetzt geht es bei der Wahl mehr um Wetter und Gelände. Die Vibram Megagrip Außensohle des SG ist alles, was man sich auf (nassen) Wurzeln, Steinen, Felsen (= härteren Trail-Belägen) wünschen kann. Auf weicheren Untergründen wie Kies, Sand und Schlamm kommt das aggressive Stollenmuster des ET zum tragen und übertrifft wahrscheinlich den SG. Auf weniger anspruchsvollen Schotterpisten und Singletrails (=neutrale Trail-Beläge) muss man sich zwischen einen aggressiveren Rocker und mehr Energierückgabe beim ET oder einem weicheren Laufgefühl und weniger Gewicht beim SG entscheiden. Man kann sich nur richtig entscheiden. Beide passen mir in EUR 44,5.
Saucony Endorphin Trail vs. Saucony Peregrine 11 (German Review)
Nils: Ich hatte schon in unserem Peregrine Test gesagt, dass mir Sauconys Trail Klassiker fast zu steif und hart für meine Mittelgebirgstrails ist und ich ihn mir für Urlaube in richtigen Bergen aufhebe. Der ET findet die Balance zwischen Festigkeit, Stabilität und Energierückgewinnung deutlich besser und ist so auch in nicht technischem Gelände deutlich besser laufbar. Der Peregrine ist etwas präziser, der ET läuft sich dafür viel smoother, ist bequemer und dadurch ein besserer Allrounder. Er ist aber auch 30€ teurer. Beide in EUR 44,5.
Marcel: Da kann ich Nils nur zustimmen. Der ET macht auf leichten Trails deutlich mehr Spass als der Peregrine, was vor allem an der sehr lauffreudigen Mittelsohle und der Rocker-Konstruktion (Speedroll) liegt. Auch die Dämpfung ist beim Endorphin Trail deutlich ausgeprägter. Allenfalls für sehr technische Strecken würde ich den Peregrine aufgrund des besseren Bodengefühls vorziehen.
Saucony Endorphin Trail vs. ON Cloudultra (German Review)
Nils: Das sind eigentlich zwei recht ähnliche Schuhe. Beide sind für längere Distanzen in technischem Gelände gemacht. Beide bieten ein stabiles und festes Laufverhalten. Beide haben tolle, sockenähnliche Oberkonstruktionen. Beide haben tolle Außensohlen. Wo liegen also die Unterschiede? Nun, in erster Linie war der Cloudultra für mich ZU fest, während der ET die richtige Balance zwischen einer festen und schützenden, aber energetischen Abstimmung bietet. Außerdem hat der ET eine bessere Schock- und Vibrationsdämpfung und die Rocker-Geometrie ist für mich besser. Die Außensohle ist tiefer und aggressiver und funktioniert daher besser auf weichen Oberflächen. Der Cloudultra hingegen klettert etwas besser, ist etwas leichter und hat eine bessere Traktion auf nassem & hartem Untergrund. Aber leider war er für mich kaum laufbar, während der ET viel Spaß macht! Beide passen in EUR 44,5.
Saucony Endorphin Trail vs. Inov-8 TerraUltra G270 (German Review)
Nils: Beide Schuhe sind sich insofern ähnlich, dass sie grundsätzlich für längere Distanzen gemacht sind. Der G270 nutzt dabei jedoch eine Nullsprengung und eine flexible Mittelsohle - er tendiert fast Richtung Barfußschuh. Der ET ist dagegen das komplette Gegenteil - da braucht man nicht hoffen etwas vom Untergrund zu spüren. Er ist deutlich stabiler und schützender und besser für lange Läufe geeignet. Beide Schuhe könnten für mich ein gutes, energiegeladenes Paar abgeben: G270 für kurze, schnelle Sachen bis vielleicht 30km, ET für alles darüber. Der G270 ist jedoch deutlich vielseitiger. Beide in EUR 44,5.
Marcel: Ganz so weit wie Nils würde ich bzgl. des G270 nicht gehen (“fast Richtung Barfußschuh”) da der TerraUltra in meinen Augen durchaus über eine recht komfortable Dämpfung verfügt. Gleichwohl hat Nils in der Sache natürlich völlig recht: Der ET ist wesentlich komfortabler und auf leichten Trails auch deutlich lauffreudiger, schon allein aufgrund der Mittelsohlenkonstruktion. Dennoch sehe ich den Einsatzbereich des TerraUltra G270 etwas breiter, da er den sehr guten Bodenkontakt mit einer sehr vielseitigen Außensohle und ausreichend Dämpfung kombiniert. Wer einen “Cruiser” für leichte Trails und Matsch sucht, greift zum ET, wird es hingegen technischer, würde ich zum TerraUltra G270, meinem Trailschuh des Jahres 2020, greifen.
Achtung bei den Größen! Inov-8 rechnet anders in EU-Größen um als die meisten anderen Hersteller, also vor dem Kauf die Größentabelle studieren! Meine US-10 entspricht bei Saucony einer EU 44, bei Inov-8 jedoch einer EU 43!
Saucony Endorphin Trail vs. Salomon Sense Ride 3 (English Review)
Nils: Der Sense Ride ist dem ET nicht unähnlich. Auch er kommt mit einem relativ festen Mittelsohlensetup daher und funktioniert am besten auf moderatem Terrain. Auch er kann, wie der ET, auch technische Passagen durchaus meistern. Beide Schuhe sind ziemlich stabil. Der ET hat jedoch noch mehr Dämpfung, entkoppelt noch mehr vom Untergrund. Das Dämpfungsmaterial ist jedoch auch moderner, bietet mehr Energierückgewinnung und Schutz und macht vor allem mehr Spaß. Beide in EUR 44,5.
Marcel: Die Mittelsohle des ET ist deutlich lauffreudiger und durch die SpeedRoll-Konstruktion nur bedingt mit der recht festen klassichen Salomon-Mittelsohle des Sense Ride 3 vergleichbar. Dennoch greife ich gerade bei langen eher technischen Trails nach wie vor gerne zum Sense Ride 3, da er neben einer guten Dämpfung auch eine erfreulich breite Zehenbox bietet (Achtung: der SR 4 ist in der Zehenbox vorne deutlich enger!). Der ET verfügt darüber hinaus über mehr Profiltiefe und ist daher besser für matschige Passagen geignet. Dafür ist der Grip des Salomon besser. Beide in EU 44.
Link zum original RTR-EnglishTest des Saucony Endorphin Trail: HIER
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Die Schuhe, die Grundlage dieses Tests sind, wurden uns von Saucony kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind unsere eigenen.
Wir freuen uns über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.
Um bestmöglich auf eure Fragen einzugehen, nennt nach Möglichkeit euer Laufpensum, Geschwindigkeiten, Renndistanzen und eure aktuellen Schuhe.
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