Article by Nils Scharff
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adidas Adizero Boston 10 (150€)
Einleitung
adidas hat es endlich getan! Das Boost Material verschwindet aus den diesjährigen Varianten der ikonischen Adizero Adios und Boston Modelle! Ich und viele andere haben dies schon ziemlich lange gefordert. Denn Boost war zwar irgendwann Mal innovativ und ich liebe es für seine bequemen und langlebigen Eigenschaften in meinen Sneakers. Aber in der Laufschuhwelt hat sich die Uhr weitergedreht. Viele andere Materialien sind vor allem in Sachen Gewicht deutlich überlegen. Letztes Jahr gab es schon erste Andeutungen aus Herzogenaurach - bspw. den guten SL20, der komplett auf das damals neue Lightstrike Material gesetzt hat. Dieses war leicht, hat tolle Dämpfungseigenschaften geboten, war aber leider nicht so weich und trampolinartig, wie es der Markt derzeit fordert. Im “Flagschiff”, dem Marathonwettkampfschuh Adios Pro hat man dann erstmalig Lightstrike Pro eingeführt. Dieses war nochmal leichter und konnte durch ein weicheres Laufgefühl und mehr Energierückgewinnung im Vergleich zum “nicht Pro” punkten. Mit Blick auf die Starterfelder und Ergebnislisten großer Laufveranstaltungen war anscheinend auf einmal ein Schuh da, der auf Marathon- und Halbmarathondistanz mit Nikes Vaporfly konkurrieren konnte! Ich hatte den adidas Adios Pro nie am Fuß und habe entsprechend auf den ersten Trainingsschuh mit Lightstrike Pro gewartet. Und dieser kam vor rund 1,5 Wochen bei mir an: Der adidas Adizero Boston 10!
Pro & Contra
Pro:
Müheloses Laufgefühl dank toller Feinabstimmung der Mittelsohlengeometrie!
Die Abstimmung zwischen Lightstrike, Lightstrike Pro und den “Energy-Rods” ist perfekt geglückt!
Gibt einiges an Energie zurück, wenn man das Tempo anzieht und macht entsprechend Spaß!
Läuft sich deutlich leichter als sein Gewicht vermuten lässt!
Großartiger Halt und “Sitz” im Schuh!
Top Außensohle!
Hoher Schutz und klasse Vibrationsdämpfung!
Angenehm weite Zehenbox!
Stabil genug um für Neutral- wie auch Stabilitätsläufer zu funktionieren!
Contra:
Warmes Obermaterial “dank” einer vermeintlich unnötigen zweiten Materialschicht!
Entsprechend könnten am Obermaterial auch noch ein paar Gramm gespart werden!
Das feste Lightstrike Material im Fersenbereich kann sich bei langsamen Läufen etwas klobig anfühlen!
Tester: Nils Scharff
Ich bin 31 Jahre jung, gebürtig aus Kassel, verheiratet mit einer wunderbaren Ehefrau und mache seit mittlerweile 5 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Als Läufer sehe ich mich seit erst drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Firmenlauf, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört. In 2017 waren es „nur“ knapp 1000 Laufkilometer, in 2018 das Doppelte, 2019 schon das Dreifache. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit sechs Marathons gelaufen, die PB von 2:57:10h habe ich dieses Jahr trotz Corona im Rahmen eines #stayathomemarathons aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (17:32min), 10km (37:32min) über Halbmarathon (1:22:56h) bis eben zum Marathon.
Daten
Gewicht:
Offiziell: 292g (Herren US9)
Testschuh: 308g (Herren EU 44 / US 10)
Sprengung: 8mm (40mm Ferse / 32mm Vorfuß)
Release: Ab 18.6. erhältlich im Fachhandel für 150€
Erster Eindruck und Passform
Der adidas Adizero Boston 10 ist bereits die zehnte Generation des Laufschuhs und entsprechend ein Klassiker mit vielen Fans in der Laufschuhgemeinde. Mit der hier getesteten zehnten Variante, könnte der Boston einige dieser Fans verlieren, jedoch auch viele neue hinzugewinnen. Denn sobald man den Schuh aus der Box holt merkt man schnell, hier hat sich einiges getan! Der Boston war bisher eine Art Allrounder. Leicht genug für schnelle Läufe und Workouts, aber mit genug Dämpfung für die langen Sachen und den obligatorischen Marathonwettkampf. Gleichzeitig war er auch stets ein guter Trainingspartner zum Wettkampfschuh Adios. Ich bin zuletzt den Boston 6 gelaufen, die Varianten 7, 8 und 9 waren diesem im Kern immer ähnlich. Doch das, was ich hier jetzt in der Hand halte, hat kaum noch etwas mit seinen Vorgängern zu tun.
Und das ist nur folgerichtig, betrachtet man den Adios Pro als aktuelle Variante des Wettkampfschuhs. Dieser hat auch wenig mit seinen Vorgängern gemein, kommt viel stärker gedämpft daher und ist eigentlich ein komplett anderer Schuh. Gleiches gilt für den Boston, den ich adhoc als Trainingspartner zum Adios Pro beschreiben würde. Die Mittelsohlenform und Höhe erinnert stark an den Wettkampfpartner und ist gefühlt doppelt so hoch wie die bisherigen Bostons. Auch auf der Unterseite lächeln einem neben dem Continental-Logo direkt die aus dem Adios Pro bekannten “Energy-Rods” entgegen. Ich bin ziemlich gespannt wie sich das alles beim Lauf auswirken wird!
Ansonsten finde ich die mir zur Verfügung gestellte Farbkombo aus leuchtendem Blau und Grün richtig gut. Mein Kontakt bei adidas hat verlauten lassen, dass diese Farbvariante erst ab September verfügbar ist. Die meisten anderen in Netz kursierenden Bilder und Videos zeigen eine weiß-rote Olympia Edition, die sehr schick und klassisch aussieht, aber nicht so sehr leuchtet wie mein blauer Boston. Ich bin also sehr happy über dieses Los!
Das erste was am Fuß auffällt, ist eine für meinen Fuß perfekte Passform! Meine Standard-adidas-Größe US 10 / EUR 44 passt wie angegossen. Ich glaube einen so guten Halt um Mittelfuß und Ferse hatte ich noch nie in einem Laufschuh! Gleichzeitig ist die Zehenbox angenehm weit - völlig untypisch für adidas, die eigentlich eher zu schmalen Schuhen tendieren. Ich bin begeistert! Beim Gehen sind die hohe Mittelsohle, gemeinsam mit der aggressiven Rocker-Geometrie wie so oft erstmal ungewohnt. Bin gespannt, wie sich die Kombi aus Lightstrike, Lightstrike Pro und Energy-Rods laufen wird. Die Waage gibt 308 Gramm für meinen Testschuh der Größe US10 an. Das ist natürlich mehr als bisherige Bostons gewogen haben, aber für die massive Mittelsohle und das hohe Maß an Dämpfung fast schon leicht.
Diesmal zuletzt das Thema Schuhbox: Diese kenne ich so von adidas noch nicht. Man hat sich hier ganz dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben, setzt ein Statement gegen Plastikverschwendung und für die Nutzung nachhaltiger Materialien - sehr cool!
Obermaterial
Wie schon bei der Schuhbox angepriesen, widmet sich adidas dem Trend der Branche immer mehr das Thema Nachhaltigkeit anzugehen. Kürzlich konnte man erst Kilometer für die “Parley for the Ocean - Challenge” sammeln, in deren Rahmen adidas sich dem Kampf gegen Plastikmüll in den Weltmeeren verschreibt. Auch der Boston 10 geht diesen Weg mit - er ist ein sog. Primegreen Modell. Das bedeutet, dass er aus verschiedenen, funktionalen Recyclingmaterialien hergestellt ist. 50% des Obermaterials besteht aus recycleten Materialien und er wurde ohne den Einsatz von neu produziertem Polyester hergestellt.
Soviel also zu den Grundmaterialien. Doch was macht adidas damit? Mittel und Vorfuß des Boston 10 bestehen aus einem zweilagigen Mesh, das ich fast schon als Innen- und Außenschuh beschreiben würde. Die äußere Schicht sieht aus, wie aus kleinen Waben gefertigt, ist farblos und durchsichtig. Das sieht mir stark nach dem sog. Celermesh Material aus, das bspw. auch im Adizero Pro zum Einsatz gekommen ist - tolles Material!
Zusätzlich zum vermeintlichen Celermesh verfügt der Boston 10 allerdings noch über eine zweite Schicht - eine Art Innenschuh. Diese innere Materialschicht reicht von der Fersenkappe, an der sie seitlich vernäht ist, bis nach vorn zur Fußspitze. Sie umschließt Mittel- und Vorfuß und auch die Zunge ist Teil dieser sockenartigen Konstruktion. Das blaue Material ist dehnbar und perforiert und schmiegt sich so perfekt um den Fuß. In Sachen Komfort und Halt im Schuh, ist dieser Innenschuh eine Meisterleistung. Allerdings - ihr ahnt es schon - hat diese doppelte Materialnutzung auch eine zweite Seite der Medaille. Es ist einfach ziemlich warm im Schuh. Nach einem kühlenden Luftstrom, bei aktuell über 30° C in Heilbronn, habe ich bei meinen Testläufen vergebens gesucht. An den meisten Tagen des Jahres ist das kein Problem. Doch genau jetzt, in den 2-3 heißen Sommermonaten, kann ich mir vorstellen, dass man aus diesem Grund lieber zu einem anderen Schuh greift.
Aus funktionaler Sicht gibt es ansonsten noch 2-3 Kleinigkeiten zum Obermaterial zu sagen. Äußerlich angebrachte Verstärkungen gibt es kaum. Die drei adidas Streifen auf der Außenseite und die Verstärkung um die Schnürung sind obligatorisch. Die verschweißte Naht, die beide Schuhhälften zusammenhält, befindet sich auf der medialen Seite und sorgt dort für zusätzlichen Halt. Das habe ich jetzt schon mehrfach bei adidas gesehen und halte das für einen genialen Einfall! Diese Naht muss sowieso irgendwo untergebracht werden. Klassischerweise ist sie in der Fersenpolsterung versteckt. Aber ich hatte schon mehrfach Schuhe, die mir genau aus diesem Grund Blasen beschert haben. adidas macht aus dieser Not eine Tugend und nutzt die Naht als zusätzliches Stabilitätsfeature - bravo!
Thema Fersenkappe: Diese reicht relativ hoch und ca. bis zur Mitte des Einstiegs. Sie ist steif aber nicht fest. Sie ist im oberen Bereich schön weich gepolstert und hält die Ferse sicher. Im unteren Bereich wird diese Polsterung jedoch direkt wieder eingespart und so Gewicht reduziert. Was ich nicht ganz verstehe, sind die im grünen Bereich angebrachten Polsterelemente, die nach außen herausragen. Scheint mir ein rein optisches Element und somit unnötiges Gewicht zu sein.
Funktionale Verstärkungen gibt es tatsächlich noch am Innenschuh. Diese schimmern in Neongrün durch das Celermesh hindurch und bieten auf lateraler, wie medialer Seite zusätzlichen Seitenhalt im Mittelfuß.
Abgerundet wird das ganze durch zwei Applikationen eines Suede-Materials (oder zumindest etwas, das so aussieht). Diese verstärken zum einen den vorderen Teil der Schnürung und zum anderen den Fersenbereich, um dort Schutz für die Zehen zu bieten. Durch diese zwei Materialstreifen wirkt der Schuh sehr oldschool. Das ist aber vermutlich so gewollt und zum anderen kann ich mir vorstellen, dass die Nutzung des Materials etwas mit der eingangs erwähnten Einsparung von Plastik zu tun hat.
Mittelsohle
Die Mittelsohle des adidas Adizero Boston 10 ist der Teil des Schuhs, der den drastischsten Veränderungen im Vergleich zu seinen Vorgängern unterliegt. Der Boston 10 ist sehr viel stärker gedämpft als seine Geschwister. Ich habe bisher leider keine genauen Angaben über Stapelhöhe und Sprengung bekommen, denke aber, dass wir uns auf jeden Fall im 40mm Bereich in der Fersenregion bewegen (mein Kollege Derek hat 31mm/39mm gemessen). Zur Sprengung habe ich online jetzt schon 8 und 10mm als Info gefunden, eines von beidem wird es wohl sein. Vom Laufgefühl her würde ich mich auf 8mm Sprengung festlegen wollen, allerdings ist das bei sog. Rocker-Geometrien schwierig am Fuß zu spüren.
Was neben der immensen Höhe der Mittelsohle direkt auffällt, sind die zwei unterschiedlichen Dämpfungsmaterialien, die im Boston 10 verwendet werden. Zum einen gibt es eine untere Schicht aus Lightstrike Material, einem eher festen EVA Schaum, den man bspw. aus dem SL20 kennt. Diese Schicht ist im Vorfuß eher dünn und wird zur Ferse hin dicker. So wird Stabilität im Fersenbereich erzeugt.
Zum anderen befindet sich über dieser ersten, eine zweite Schicht aus Lightstrike Pro. Dieses kam bisher nur im Topmodell Adios Pro zum Einsatz, ist deutlich weicher als das reguläre Lightstrike und bietet deutlich mehr Energierückgewinnung. Die Lightstrike Pro Schicht verläuft komplementär zur Lightstrike Schicht, ist also im Vorfuß dicker und verjüngt sich zur Ferse hin. So wird vor allem im Vorfuß, wo der effiziente Läufer in seiner Laufbewegung auftreten sollte, mehr Komfort und vor allem Dynamik erzielt.
Zwischen beiden Schichten sind im Vorfuß die sog. Energy-Rods eingelassen. Auch diese kennt man aus dem Adios Pro. Dabei handelt es sich um eine Art gebogene “Stifte”, die im Vorfuß genau zwischen den beiden Dämpfungsschichten platziert sind. Sie sind in ihrem Verlauf den Fußknochen nachempfunden und sind adidas Abwandlung der allgegenwärtigen Karbonfaserplatten. Im Adios Pro sind diese Energy-Rods aus Karbonfaser gefertigt. Für den Boston 10 handelt es sich augenscheinlich um ein anderes Material. Denn die Stifte sind auf der Unterseite des Schuhs teilweise sichtbar. Es scheint sich um Plastik oder etwas mit Plastikummantelung zu handeln.
Außensohle
Zur Außensohle des adidas Adizero Boston 10 gibt es nicht so viel zu berichten. Wie in allen Performance-Modellen nutzt adidas eine Gummimischung von Continental. Diese hat sich in der Vergangenheit stets als sehr haltbar erwiesen und bietet gute Traktion in allen Lebenslagen. Auch der Boston 10 scheint hier keine Ausnahme zu sein. Nach gut 80 Testkilometern sieht die Sohle aus wie neu. Und irgendwie hatte ich bei fast allen meiner Läufe im Boston 10 richtiges Pech mit dem Wetter. Das hatte zur Folge, dass ich guten Gewissens sagen kann, dass die Sohle selbst bei monsun-artigen Regenfällen perfekten Grip bietet. Und das sowohl auf Asphalt, auf geschotterten Waldwegen und auch auf der überfluteten Tartanbahn. Klar, auf nassem Tartan verliert man immer etwas Traktion und in Folge 1-2 Sekündchen, aber ich hatte im Boston 10 nie Angst auszurutschen - ich habe mich immer sicher gefühlt und das trotz der immensen Höhe des Schuhs. Kurzum: Am Continentalgummi gibt es wie immer nichts zu meckern!
Die Platzierung des Gummis ist auch nur logisch. Man hat sich entschieden am ganzen Schuh eine Art Lamellenmuster für die Sohle zu nutzen. Diese Lamellen greifen hervorragend in den Untergrund und sparen gleichzeitig etwas Gewicht ein. Das Gummi ist in vier Segmenten platziert. Diese sind längs durch eine durchgängige Führungslinie geteilt - ein weiteres Stabilitätsfeature - und quer durch eine Aussparung im Mittelfuß. Die vorderen Applikationen sorgen für guten Grip, die hinteren vor allem für Schutz gegen Abrieb und Stabilität in der Ferse. Im Vorfuß wird optisch der Verlauf der Energy-Rods angedeutet - ein nettes Gimmick.
Laufgefühl
Wie läuft sich also der neue Boston? Natürlich deutlich anders, als alle seine Vorgänger. Was adidas hervorragend geglückt ist, ist die Feinabstimmung zwischen den beiden Mittelsohlenmaterialien und den Energy-Rods dazwischen. Das ganze wirkt wie aus einem Guss. Man verspürt keinerlei “Grenzen” zwischen den Materialien.
Der “Kippeffekt” der Rocker-Geometrie ist spürbar, aber keinesfalls zu extrem. Stattdessen wirkt er eher subtil und so “natürlich” wie ein Schuh mit dieser Stapelhöhe nur wirken kann. Man rollt in allen Geschwindigkeiten wunderbar ab und der Schuh fühlt sich dadurch definitiv leichter am Fuß an als seine 308 Gramm. Das ganze erinnert mich stark an Sauconys Speedroll Technologie - und das ist ein großes Lob!
Bedingt durch die neue, hohe Bauart ist der adidas Adizero Boston 10 nicht mehr ganz der Allrounder, der er einmal war. Ich habe wirklich alles mit dem Schuh gemacht - langsame Recoveryläufe, ein Intervalltraining auf der Bahn, Longruns, Höhenmeter sammeln am Berg. Letzteres hat der Boston erstaunlich gut gemeistert. Bedingt durch die gute Sohlengeometrie hat er gute “Klettereigenschaften” bewiesen. Und bergab kann er durch die maximale Bauart und die herausragende Vibrationsdämpfung der Lightstrike Materialien sowieso punkten.
Darüber hinaus sind lange Läufe natürlich genau sein Gefilde. Vor allem, wenn man die Geschwindigkeit ein wenig anzieht, kann das Lightstrike Pro in Kombination mit den Energy-Rods seine Stärken ausspielen und mit einiges an Dynamik Punkten. Diese Dynamik hat sich auch auf der Laufbahn gezeigt. Allerdings habe ich dort gemerkt, dass es sich doch irgendwann um etwas zu viel Schuh handelt. Die seitliche Stabilität hat auf der Bahn super funktioniert, doch ich bevorzuge für ein Intervalltraining einfach leichtere und weniger gedämpfte Schuhe. Wer maximale Dämpfung mag, kann mit dem Boston aber durchaus auch Intervalle abspulen.
Das einzige was mir nicht wirklich gefallen hat, waren Erholungsläufe im Boston 10. Natürlich ist mehr als genug Schutz für müde Beine vorhanden. Und auch Stabilität bietet der Schuh in höchstem Ausmaß - diesbezüglich bleiben selbst bei mir als Überpronierer keine Wünsche offen. Doch das ganze Mittelsohlensetup ist insgesamt einfach etwas mehr auf der festeren / härteren Seite und nicht “plüschig” genug für meine langsamsten Wohlfühleinheiten. Zudem war die härtere Ferse bei langsamen Läufen spürbar und hat sich etwas “hölzern” angefühlt. Das ist zwar eine gute Erinnerung auch beim langsamen dahin trotten auf den Laufstil zu achten, aber nicht das, was man sich von einem Laufschuh eigentlich wünscht.
Zusammenfassung und Empfehlung
Der adidas Adizero Boston war stets ein Klassiker. Und trotz gravierender Änderungen hat die zehnte Version des Boston das Zeug dazu ein solcher Klassiker zu bleiben. Die fein abgestimmte Mittelsohle, ein fast perfekter Sitz und Halt im Schuh, eine hervorragende Außensohle - all das braucht sich vor keinem der neun bisherigen Bostons zu verstecken. Ganz im Gegenteil. Der adidas Adizero Boston 10 hat mehr Stabilität und die besten Dämpfungseigenschaften, die es in 10 Generationen Boston gab. Das macht ihn zu einem der besten Longrunschuhe, die es derzeit auf dem Markt gibt. Gleichzeitig kann er die meisten anderen Einsatzspektren in einem akzeptablen Maß abbilden. Für eine UVP von 150€ bietet adidas somit ziemlich viel Schuh fürs Geld. Zumal man erwarten kann, dass der Boston 10 einige Kilometer halten wird.
Ich habe so das Gefühl, dass ich einen Großteil meiner Longruns im nächsten Marathonblock im adidas Adizero Boston 10 absolvieren werde. Er löst damit einen meiner letztjährigen Lieblinge, den Saucony Endorphin Shift ab. Ein größeres Kompliment, kann ich als Schuhtester kaum geben.
Wertung 9,5/10 (-0,2 für zu warmes Obermaterial; -0,2 für etwas “hölzerne” Ferse bei langsamen Geschwindigkeiten; -0,1 weil ich mir ein bisschen weniger Gewicht gewünscht hätte)
In meinem letzten adidas Testbericht habe ich mir noch gewünscht, dass die Herzogenauracher sich endlich von Boost verabschieden. Mit dem Boston 10 ist es soweit und ich bin sehr glücklich darüber. Leider hat man im Angesicht all der Neuerungen in der Boston Serie eine der letztjährigen Stärken vergessen: Tolle, performance orientierte Obermaterialien (wie bspw. im Adizero Pro). Wenn der Boston nächstes Jahr ein wenig an Atmungsaktivität gewinnt und gleichzeitig ein paar Gramm verliert (ich denke das geht Hand in Hand), ist er der vielleicht perfekte Schuh für viele Kilometer und lange Läufe in jedermanns Marathonvorbereitung. Die etwas klobig anmutende Ferse wird sich wohl nur bei gleichzeitigen Stabilitätseinbußen “verbessern” lassen - ich denke ich würde deshalb gern weiter mit diesem kleinen Schönheitsfehler leben wollen.
Vergleiche
adidas Adizero Boston 10 vs. adidas Adizero Boston 6 (and newer) (English Review)
Wie schon angedeutet sind beide Schuhe kaum vergleichbar. Die ersten 9 Bostons waren deutlich weniger gedämpfte Performance Trainer. Gemacht für schnelle Sachen, aber gedämpft genug um auch tägliche Kilometer und lange Läufe abzubilden. Der Boston 10 dreht den Spieß um. Je länger der Lauf, desto besser ist der maximal gedämpfte Boston 10 dafür geeignet. Er kann aber auch die schnelleren, kürzeren Sachen. Beide EUR 44.
adidas Adizero Boston 10 vs. adidas Adios Pro (Englisch Review)
Da ich den Adios Pro nie gelaufen bin, greife ich hier auf das Wissen meines Mittesters Derek zurück: Beide Schuhe sind in ihrer Passform sehr ähnlich und sind größenecht. Die Ferse sitzt beim Boston sicherer, der Mittelfuß beim Adios Pro. Die Mittelsohle ist beim Adios Pro natürlich energetischer, weicher, aber auch weniger stabil. Der Boston ist der perfekte Trainingspartner zum Adios Pro, den man sich wegen Preis und Haltbarkeit eher für den Wettkampf aufspart.
adidas Adizero Boston 10 vs. Saucony Endorphin Shift (German Review)
Der Shift ist der beste Vergleich zum Boston 10, beide sind sich sehr ähnlich. Und da der Shift einer meiner Lieblingsschuhe des letzten Jahres war, ist das ein großes Lob! Beides sind maximal gedämpfte Cruiser, denen kein Lauf zu lang ist. Beide sind sehr stabil und haben tolle Obermaterialien. Der Endorphin ist ein wenig weicher und hat ein luftigeres Obermaterial (gut für den Sommer). Der Boston bietet für mich den besseren Halt im Schuh, sitzt aber auch etwas “sportlicher”. Seine Außensohle ist besser und er läuft sich dynamischer. Für gemütliches dahin cruisen würde ich den Shift nehmen, für lange Läufe mit Tempovorgaben im Marathonblock tendiere ich eher zum Boston. Ansonsten kann der Unterschied in der Sprengung ein Entscheidungskriterium sein - 4mm im Shift fühlen sich einfach anders an als 8mm im Boston. Eine falsche Entscheidung gibt es in diesem Vergleich jedoch nicht! Boston EUR 44, Shift EUR 44.5.
adidas Adizero Boston 10 vs. Nike Tempo Next% (English Review)
Auch hier verlasse ich mich wieder auf Dereks wissen: Der Tempo Next% sitzt enger am Fuß, hat weniger Spielraum den perfekten Sitz zu finden. Entsprechend wird der Boston mehr Füßen besser passen. Auch der Leisten des Boston ist breiter, dadurch ist er stabiler. Beide Schuhe sind sich insofern ähnlich, dass sie im Vorfuß Dynamik erzeugen. Der Nike durch die Airpods, der adidas durch dier Energy-Rods. Nike kann dabei wohl etwas mehr Vortrieb erzeugen. Beide passen größenecht.
adidas Adizero Boston 10 vs. Puma Deviate Nitro (German Review)
Ich bin mit dem Deviate Nitro nie richtig warm geworden. Das verwendete Nitro Material ist toll - sehr weich, dynamisch, trampolinartig. Aber der Schuh ist dadurch deutlich instabiler als der Boston und der Versuch die Ferse zu stabilisieren, hat sich beim Laufen etwas hölzern angefühlt. Dadurch, dass er deutlich härter ist, nutzt der Boston mehr seine Geometrie und weniger die Dynamik des Materials. Er rollt dadurch besser und effizienter ab. Während der Boston mir wie angegossen passt, hatte ich im Puma Probleme mit dem Fersensitz. Der Boston ist für mich der deutlich ausgereiftere und bessere Schuh. Boston EUR 44, Deviate EUR 44.5.
adidas Adizero Boston 10 vs. New Balance FuelCell TC (English Review)
Das ist der Dritte Vergleichschuh, den ich nicht selbst gelaufen bin (danke Derek!). Beide Schuhe sind ähnlich stark gedämpft. Der TC ist dabei jedoch deutlich weicher, bounciger und in der folge instabiler. Eigentlich ist der TC der bessere Deviate Nitro aus dem obigen Vergleich. Der Boston ist fester, stabiler, haltbarer. Er kommt mehr über seine Sohlengeometrie analog zu Shift und Tempo Next%. Für mich ist der TC zu weich und instabil, weshalb der Boston hier gewinnt. Bezüglich der Passform hat der TC mehr Volumen und auch Länge, weshalb er ggfs. eine halbe Größe kleiner als der Boston gewählt werden kann.
adidas Adizero Boston 10 vs. New Balance 1080v11 (German Review)
Der 1080 ist zwar immernoch stark gedämpft, jedoch schon deutlich weniger als der Boston. Er nutzt einen subtileren Rocker-Effekt, ist deutlich weicher und flext deshalb im Gegensatz zum Boston (der das fast gar nicht tut). Der 1080 ist trampolinartiger, macht mehr Spaß ist dadurch aber auch weniger effizient, stabil und dämpfend. Die Entscheidung zwischen beiden Schuhen fällt schwer, weil sich beider sehr unterschiedlich laufen. Der 1080 ist vielfältiger und spaßiger, aber wenn die harten Trainingswochen im Marathonblock anstehen, würde ich eher zum Boston greifen. 1080 EUR 44.5, Boston EUR 44.
YouTube Playlist mit englischsprachigen Laufschuhtests HIER
Die Laufbiographien aller RTR-Tester könnt ihr hier lesen.
Der Schuh, der Grundlage dieses Tests ist, wurde mir von adidas kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind meine eigenen.
Ich freue mich über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.
Um bestmöglich auf eure Fragen einzugehen, nennt nach Möglichkeit euer Laufpensum, Geschwindigkeiten, Renndistanzen und eure aktuellen Schuhe.
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6 comments:
Boston is dead.
Boost is heavy, Boost is old tech! Let's make shoes without Boost, about 100 grams heavier per pair, and with new foam (EVA foam is new tech if you call it LightStrike). Great job Adidas!
@Anonymus: But reborn at the same time!
@Joe: The new Boston is just a completely different shoe than its older siblings! If adidas would have made a shoe as cushioned as this one but with Boost it would probably weigh 400 grams and being instable like hell at the same time. If you liked the old Boston give the new Adios 6 a shot, because that seems to be it's direct replacement.
Yes, this is a completely different shoe with the same name. That is the problem. This is not in any way a Boston shoe, this is Pegasus 35 (I mean this in a very bad way). There is no foam that can match TPU. Yes, you have bouncier shoes (like Pegs), but they go flat and dull after 100 km. TPU remains the same from first to last day and no matter of temperature. This new shoe is in the same weight class as my old Adidas Supernova Glide 8, and there is no chance it can match Supernova cushioning, stability, protection, or breathability. Even the Ultraboost with full Boost midsole doesn't weigh 400g. I switched from Supernova shoe to Tempo and Boston line and for me, there is no competition to these shoes. Well, I admit I'm not a good customer from a manufactures point of view. I never pay over 80€ for the running shoes, I expect to run min. 700-800 km with my 94kg, and I would never buy carbon plate running shoes for 300€ and two marathon races (priced like carbon is gold and not f****ng carbon).
Pour les fans de Boston, je pense que l' Adios 6 est plus appropriée. Qu'en pensez vous ?
Hey Unknown,
I don't speak French, but google translate helped me out here. I think you are totally right. The Adios 6 is the new Boston successor.
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