Artikel von Marcel Krebs
Saucony Endorphin Shift 2 (150€)Link zum englischen RTR-Test des Saucony Endorphin Shift 2: HIER
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Einleitung
Seit Saucony letztes Jahr die Endorphin Line auf den Markt brachte, war der Shift neben dem Speed einer der ganz wenigen Schuhe, den ich bis zum Eintreffen des Shift 2 auch nach einem Jahr noch sehr regelmäßig gelaufen bin. Dies ist wohl das größte Kompliment, das man als Schuh-Tester einem Modell machen kann. Sogar für den Schuh des Jahres hatte ich den Shift in der erweiterten Auswahl. Allerdings musste sich dieser dem Speed, der ebenfalls aus der Endorphin Line von Saucony stammt, geschlagen geben.
Was mir am Shift 1 besonders gefiel, war die besonders komfortable Dämpfung gepaart mit einer vergleichsweise festen Mittelsohle. Dies ist eine Kombination, die meinen vergleichsweise verletzungsanfälligen Waden sehr entgegen kommt. Denn auch wenn dies in vielen Magazinen durcheinander geworfen wird: Eine tolle Dämpfung setzt keineswegs voraus, dass die Mittelsohle auch besonders weich ist. In Kombination mit der bereits hinlänglich beschriebenen Speedroll-Technologie von Saucony läuft man im Shift fast wie auf Schienen - und dies, obwohl es sich um einen Neutralschuh handelt - eine wirklich spannende Kombination!
Als verbesserungswürdig empfand ich beim Shift 1 die vergleichsweise enge und eher spitze als runde Zehenbox sowie das vergleichsweise hohe Gewicht. Die beiden Zuglaschen an der Zunge an Lasche und Fersenkappe fand ich zudem überflüssig und haben aus meiner Sicht unnötig zum eh schon recht hohen Gewicht beigetragen. Vor diesem Hintergrund war ich gespannt zu sehen, inwieweit diese Kritikpunkte beim Shift 2 aufgegriffen wurden.
Pro & Contra
Pro:
Optimale Kombination aus perfekter Dämpfung und Festigkeit der Mittelsohle
Lauffreudige Rocker-Konstruktion für einen maximal gedämpften Schuh
Gewichtsverlust gegenüber Shift 1
Verbesserter Grip auf nassen Straßen (evtl. subjektiver Eindruck)
Contra:
Zehenbox nach wie vor zu eng für breite Vorfüße
Fersenhalt könnte besser sein (sehr glattes Innenfutter)
Daten
Gewicht:
Offiziell: 296 (Herren US9) // 258 (Damen US8)
Testschuh: 308g (Herren EU 44 / US 10)
Sprengung: 4mm (39mm Ferse / 35mm Vorfuß)
Release: Ab 15.7. erhältlich im Fachhandel für 150€
Tester:
Marcel Krebs ist ein begeisterter Trail- und Hindernisläufer (OCR), der zunehmend auch den Straßenlauf für sich entdeckt. Neben seiner Faszination für Laufschuh-Innovationen für Straße und Trail begeistert sich Marcel auch für technische Gadgets aller Art.
Die Kombination aus einem zeitaufwändigen Bürojob in Verbindung mit einer gewissen Verletzungsanfälligkeit im Bereich der Sehnen und Waden gibt Marcel in seinen Schuh-Reviews auch eine besondere Perspektive auf die getesteten Modelle. Nämlich weniger die des Leistungssportlers, sondern vielmehr die eines ambitionierten Freizeitläufers mit einer Vorliebe für Hindernisrennen. Wer zudem einen vergleichsweise breiten Vorfuß hat, sollte sich Marcels Eindrücke von den getesteten Modellen genauer ansehen.
Erster Eindruck und Passform
Beim Auspacken des neuen Shift 2 ging es mir ähnlich wie bei den übrigen Modellen der übrigen Endorphin Line von Saucony. Nach einem ersten “Schock” über das neue “Zielflaggen-Muster” wuchs meine Sympathie für die neue “Farbwelt” von Tag zu Tag und inzwischen gefällt mir das diesjährige Muster richtig gut! In Kombination mit dem Endorphin Speed Speed 2 und sowie dem Triumph 19 (Deutscher Testbericht folgt in Kürze) sieht der Shift 2 richtig schick aus im Schuhregal.
Darüber hinaus fällt auf, dass Saucony auf die beiden Zuglaschen verzichtet hat - zumindest fast. Denn während die Zuglasche an der Fersenkappe gänzlich weggelassen wurde (fand ich sowieso überflüssig; ich zumindest bekomme damit den Schuh kein bisschen leichter angezogen), wurde sie an der Zuge durch eine Mini-Zuglasche in Form des Saucony Logos ersetzt. Ab und an stört dies ein wenig bei der Schnürung, das sich die Schnürsenkel beim binden hierin verfangen können, aber das ist mit etwas Übung kein Problem. Aber auch diese Mini-Lasche (sofern sie überhaupt als solche erkannt wird) kann zukünftig gerne ganz wegfallen.
Was die Passform angeht, war ich beim ersten Anziehen ein wenig enttäuscht. Denn entgegen anderslautenden ersten Eindrücken anderer Tester kann ich keinesfalls bestätigen, dass die Zehenbox gegenüber dem Shift 1 verbreitert wurde. Aus für mich unerfindlichen Gründen läuft diese nach wie vor recht spitzt zu (und das bei einem Longrun bzw. Recovery Schuh). Aufgrund des zwar recht luftigen, aber auch recht performance-orientierten festen Obermaterials (doppelte Mesh-Struktur) sitzt der Schuh deutlich enger im Vorfußbereich, als er eigentlich sein müsste. Dieser Effekt wird auch dadurch verstärkt, dass das Obermaterial in keinster Weise dehnbar sondern “starr” ist. Hier würde ich mir für den Shift 3 ein weicheres und damit auch dehnbares Obermaterial in Kombination mit einer breiteren Zehenbox wünschen. In der jetzigen Ausgestaltung ist die Zehenbox für mich persönlich leider ein echter Minuspunkt, der beim 1er bereits des öfteren zu Blasen zwischen den Zehen geführt hat. Hierbei ist jedoch wichtig zu beachten, dass ich einen breiten Vorfuß habe. Wer schmale Füße hat, wird über die Passform vermutlich dankbar sein. Wie so oft kommt es auch hier also auf die individuellen Bedürfnisse an. An Mittelfuß und Ferse sitzt der Schuh jedoch sehr komfortabel. Das neue und sehr glatte Innenfutter an der Ferse sorgt jedoch bei mir dafür, dass ich mit meinem - minimal kürzeren - rechten Fuß etwas mehr schlüpfe als dies der Fall sein müsste mit einem etwas rauheren Innenfutter oder einer gewölbten Form des Innenfutters. Letztgenannte Konstruktion bietet den Vorteil, dass die Ferse sehr gut gehalten wird, ohne dass die Fersenkappe selbst gebogen sein muss, was bei dem ein oder anderen Modell bei einigen Läufern zu Achillessehnenreizungen führen könnte. Hierfür findet Saucony sogar in der eigenen Produktpalette die perfekte Vorlage, nämlich den brandneuen Triumph 19, welcher mit einer breiteren Zehenbox, einem sehr angenehmen Obermaterial sowie einem perfekten Fersenhalt punktet (s. bald erscheinendes deutsches Review von mir).
Obermaterial
Ich hatte es in der Anleitung ja bereits erwähnt: der Shift 2 verfügt über ein recht festes und nicht dehnbares zweischichtiges Obermaterial. Dieses ist durchaus luftdurchlässig und umschließt den Fuß angenehm fest Dies führt zweifelsohne zu einem guten und sicheren Halt. Dies geht allerdings ein wenig auf Kosten des Komforts insbesondere im Bereich der Zehenbox aufgrund der vergleichsweise spitz zulaufenden Passform.
Auch bei den aktuell sehr heißen Temperaturen im Bereich 30 Grad ist der Shift 2 vergleichsweise angenehm zu laufen und heißt nicht auf. Das hat Saucony wirklich gut hinbekommen. Da die obere Mesch-Schicht wie gesagt sehr fest ist, braucht man sich um die Haltbarkeit mit Sicherheit wie beim Vorgängermodell keinerlei Sorgen machen. Mit dem Shift 1 bin ich bislang mehr als 500 km gelaufen und das Obermaterial zeigt noch keinerlei Verschleiß. Gleiches ist auch vom Shift 2 zu erwarten.
Im Bereich der Ferse wurde die beim Shift 1 viel diskutierte Fersenkappe etwas schlanker gestaltet, was sicherlich auch zu der oben angesprochenen Gewichtsreduktion geführt hat. Den der Fersenkappe zugedachten Zweck erfüllt sie jedoch nach wie vor tadellos, nämlich dem Fuß zusätzlichen Halt zu geben.
Mittelsohle
Die Mittelsohle ist im Vergleich zum Vorgängermodell unverändert geblieben. Dies bedeutet, dass sie vergleichsweise fest ist und gleichzeitig ein Höchstmaß an Dämpfung bietet - eine in meinen Augen ideale Kombination. Die Besonderheit des Shifts ist jedoch zweifelsohne die von Saucony SpeedRoll getaufte Rocker-Konstruktion (von Nils sehr treffend und ausführlich in seinem Review zum Shift 1 (und der gesamten Endorphin 1 - Familie) beschrieben). Auch wenn einem diese Art der Abrollbewegung zunächst ungewohnt erscheinen mag, läuft sich eine solche Rocker-Konstruktion durchaus angenehm mit etwas Gewöhnung. Vor allem jedoch sorgt sie für einen Kontinuierlichen Vortrieb unabhängig von der jeweiligen Laufgeschwindigkeit (im Gegensatz zu Carbon-Federn, die auch in entsprechenden Pace-Bereichen gelaufen werden müssen), was insbesondere bei lockeren Entspannungsläufen sehr willkommen ist. Am Ende des Tages ist es jedoch Geschmackssache, ob man diesen Effekt so wie ich sehr angenehm und motivierend empfindet, oder ob man lieber auf das klassische Laufgefühl ohne Rocker setzt. Ich persönlich mag auf jeden Fall beides!
Außensohle
Die Außensohle ist - zumindest optisch - unverändert im Vergleich zum Shift 1. Die Profiltiefe ist für einen Straßenschuh völlig ausreichend. Nach über 500km im Shift 1 zeigt diese naturgemäß einen deutlichen Abrieb, bietet jedoch nach wie vor ausreichend Grip. Gleiches dürfte auch für den Nachfolger gelten.
Was den Halt auf nassem Asphalt angeht, ließ der Shift 1 leider sehr zu wünschen übrig. Dies galt bereits im neuwertigen Zustand und wurde mit der Zeit natürlich auch nicht gerade besser. Daher war ich um so überraschter, dass der Shift 2 auch bei Regen guten Halt bietet. Zwar gibt es seitens Saucony keine Informationen über Änderungen in der Gummimischung und auch optisch erscheint die Sohle identisch mit dem Vorgängermodell. Da ich beide Schuhe jedoch unter identischen Bedingungen getestet habe (frisch aus dem Karton und gleiche Teststrecke) habe ich zumindest die begründetete Hoffnung, dass es sich hierbei um mehr als einen Placebo-Effekt handelt (überprüfen konnte ich dies im zweiten Teil des Testzeitraums aufgrund des Temperaturumschwungs nicht mehr, werde entsprechende Eindrücke jedoch ggf. in den nächsten Wochen und Monaten an dieser Stelle jedoch noch ergänzen)
Laufgefühl
Auf das ganz spezielle Laufgefühl aufgrund der SpeedRoll getauften Rocker-Konstruktion bin ich oben ja bereits an mehreren Stellen eingegangen. Sie sorgt für einen sehr angenehmen Vortrieb, vor allem, wenn die Füße mit der Zeit müder werden. Darüber hinaus läuft sich der Shift 2 wie sein Vorgänger äußerst komfortabel und bietet ausgezeichneten Halt. Dies gilt auch dann wenn mit zunehmender Ermüdung der Laufstil etwas unsauberer Wird. Der Shift steht wie ein Fels in der Brandung und sorgt für einen sicheren Stand und ein sauberes Abrollen. Für alle, die zwar einen gewissen Halt und Führung des Fußes suchen, jedoch Neutralläufer sind und nicht zu einem Stabilitätsschuh mit entsprechenden Stützelementen greifen wollen, ist der Shift 2 daher eine ganz ausgezeichnete Wahl für Longruns und Entspannungsläufe. Je nach persönlicher Ambition und der Bereitschaft, sich mehrere Schuhe anzuschaffen, kann der Einsatzbereich auch noch auf zügige Dauerläufe ausgedehnt werden.
Zusammenfassung und Empfehlung
Unter dem Strich ist Saucony eine gelungene Weiterentwicklung eines ohnehin schon sehr guten Schuhs gelungen. Der Shift ist etwas leichter geworden (rund 20 Gramm bei einer EU44/US-M10) und punktet mit einer nach wie vor sehr gelungenen Mittelsohle.
Empfehlen kann ich den Saucony Endorphin Shift 2 für jeden, der auf der Suche nach einem Straßenschuh für lange Läufe ist und Wert auf eine sehr gute Dämpfung gepaart mit Stabilität und Vortrieb legt. Wenn Euch die Rocker-Konstruktion zunächst beim Testlaufen in der Wohnung auch ein wenig ungewohnt vorkommen mag, seid versichert, dass sich dieser “Abrisskanten-Effekt” beim Laufen verschwindet bzw. sich in einen angenehmen Vortrieb umwandeln, der sich deutlich fließender anfühlt, als dies beim bloßen Gehen der Fall ist.
Marcel’s Punktzahl: 9.03/10
Laufgefühl: 9.5 - Passform: 8 - Wert: 9.5 - Stil: 9
Für den Shift 3 wünsche ich mir vor allem mehr Platz in der Zehenbox und ein weicheres Upper.
Dieses wäre idealerweise mit etwas Stretch zu versehen, um unterschiedlichen Fußformen gerecht zu werden. Was in dieser Richtung heutzutage alles möglich ist, zeigt insbesondere das Matryx-Mesh des Salomon S-Lab Pulsar. Dieses sorgt einerseits für sehr guten Halt sogar in einem Wettkampfschuh. Selbst auf einem sehr schmalen Leisten sorgt es dafür, dass der Schuh auch bei einem breiten Vorfuß sehr angenehm zu tragen ist. Vielleicht lässt sich Saucony für die Zukunft hiervon ja inspirieren.
Und auch wenn der Shift 2 gegenüber dem Vorgängermodell bereits etwas an Gewicht verloren hat, wäre eine weitere Reduktion ebenfalls höchst willkommen.
Darüber hinaus sollte die Fersenkappe und somit der Fersenhalt optimiert werden. Der Triumph 19 zeigt hierbei innerhalb der eigenen Produktpalette, wie eine optimale Lösung aussehen kann.
Vergleiche
Saucony Endorphin Shift 1 (German Review)
Die Änderungen zum - sehr guten - Vorgängermodell sind wie beschrieben primär optischer Natur. Für den das etwas höhere Gewicht des 1ers keine Rolle spielt, kann guten Gewissens zum Vorgängermodell greifen - insbesondere, falls es da in den nächsten Wochen das ein oder andere Schnäppchen geben sollte.
Saucony Ride 14 (German Review)
Der Ride 14 ist ein solider Daily Trainer, während der Shift 2 mit Rocker-Konstruktion und einem höchstmaß an Dämpfung für lange und entspannte Läufe punktet. Wer einen einzigen Schuh für alle Einsatzzwecke sucht, greift eher zum Ride (oder einem gänzlich anderen Modell, wie z.B. dem Triumph 19), wer Dämpfung, Stabilität und Vortrieb sucht, zum Shift.
Saucony Triumph 19 (German Review folgt in Kürze)
Der Triumph ist ein nahezu perfekter Daily Trainer, während der Einsatzbereich des Shift aufgrund der Rocker-Konstruktion sowie der Außensohle etwas begrenzter ist. Am Ende entscheidet die persönliche Präferenz: Wer maximal Dämpfung, eine eher feste Mittelsohle sowie den Vortrieb einer Rocker-Konstruktion gepaart mit einem festen Sitz für seinen schmalen Vorfuß sucht, greift zum Shift. Wer hingegen eine sehr komfortable Zehenbox, eine weichere, sehr lebendige Mittelsohle gepaart mit einem perfekten Fersenhalt sucht, greift zum Triumph. Dies gilt insbesondere für all jene, die auf der Suche nach einem Schuh für (fast) alle Zwecke sind.
Saucony Speed 2 (German Review)
Der Speed ist deutlich leichter, instabiler und aufgrund der PWRRUN PB Mittelsohle in Kombination mit einer Nylonplatte noch lauffreudiger. Zehenbox und Fersenhalt sind sehr ähnlich, so dass es auch hier auf den gewünschten Einsatzbereich ankommt; nicht umsonst sind beide Bestandteil der Endorphine Line und somit gerade dazu gedacht sich zu ergänzen: Wer Stabilität in Kombination mit Vortrieb sucht, greift zum Shift. Insbesondere für schnellere Einheiten ist der Speed die klare Wahl.
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Die Laufbiographien aller RTR-Tester könnt ihr hier lesen.
Die Schuhe, die Grundlage dieses Tests sind, wurden uns von Saucony kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind unsere eigenen.
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