Article by Nils Scharff
Scarpa Golden Gate Kima RT (190€)

Einleitung

Letztes Jahr hat Scarpa unsere US-Tester mit einigen interessanten Modellen auf sich aufmerksam gemacht. Leider bin ich weder beim Spin 2.0 (RTR Review) noch beim Spin Infinity (RTR Review) in den Genuss gekommen. Für die dieses Jahr eingeführten Modelle hat Scarpa jedoch glücklicherweise auch uns in Europa ansässigen Tester auf dem Schirm, sodass ich nun ein Testmuster des Golden Gate Kima RT in den Händen halte.

Scarpa ist sehr stolz auf den Golden Gate Kima RT und zeigt dies auch durch ausführlichste Info- und Promomaterialien auf der Website. Diesen zufolge sind über 2 Jahre Entwicklungszeit in den Kima investiert worden. Das Ziel: Die ersten speziell fürs Skyrunning entwickelten Schuhe mit Karbonfaserplatte, die aufwärts effektiv unterstützen und gleichzeitig vollständige Kontrolle auf dem Weg nach unten garantieren sollen. Um dieses Ziel zu erreichen hat Scarpa mit der Universität Bologna zusammengearbeitet. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie über die Auswirkungen von Carbon-Laufschuhen auf die Trailrunning-Leistung wurden diverse Tests durchgeführt.

Scarpa erläutert dazu einen angepassten VO2max Test. Doch während klassischerweise die Geschwindigkeit erhöht wird, um die Belastungsgrenzen des Athleten festzustellen, wurde in diesem Test die Steigung ausgehend von 9% um jeweils 2% alle 3 Minuten erhöht. Dabei ließ sich eine im Scarpa Golden Gate Kima RT eine im Durchschnitt um 2,1% verbesserte Laufeffizienz (bzw. ein um 2,1% geringerer Sauerstoffverbrauch) im Vergleich zu nicht karbonfaser unterstützten Skyrunningschuhen feststellen.

Der erste Schritt war laut Scarpa damit getan. Doch während Karbonfaserplatten vor allen in Straßenlaufschuhen mittlerweile fast alltäglich sind und sich nun die vermuteten Vorteile auch bergan zeigen ließen, bestand die viel größere Herausforderung darin, den Schuh an die Herausforderungen anspruchsvollster Trail- und Skyrunningstrecken anzupassen. Dabei wurde eine V-förmige Karbonfaserplatte entwickelt und patentiert, die nicht nur besagten Vortrieb und Effizienzvorteil bietet, sondern auch auf unebenen Felsen oder Baumwurzeln einen sicheren Tritt bietet.
Dass das aus all diesem Entwicklungsaufwand entsprungene Produkt schnelles Laufen ermöglicht, wurde dann im Rahmen der Entwicklung gleich auch noch bewiesen: Der spanische Läufer Manuel Merillas stellte neue FKTs am Mont Blanc (49,6km, 3.750 Metern Höhenmeter, vom Courmayeur zum Gipfel des Mont Blanc und zurück in 6h35‘32“) und Monte Rosa (31km, 2900hm, zum Gipfel und zurück in 3h59‘18“) auf. Entsprechend scheint der dem Skyrunning-Event Trofeo Kima nachempfundene Name von Scarpas schnellstem Schuh nicht zu hoch gegriffen zu sein. Dieses überwindet auf einer Strecke von 52km ganze sieben Pässe und beinhaltet 4200 Höhenmeter Auf- und Abstieg auf technischstem Terrain. Scarpa hält also nicht damit hinterm Berg, dass dieser Schuh für extremste Ansprüche designt wurde. Mein Problem bei diesem Test ist also vor allem der nicht ganz so extreme Tester (also ich), der sich mit Glück vielleicht Mal 1000hm in den deutschen Mittelgebirgen zusammenschummeln kann. Ob der Scarpa Golden Gate Kima RT auch dort ein geeigneter und schneller Schuh ist, oder ob er ob seines überforderten Testers in diesen Gefilden unterfordert ist, könnt ihr im Laufe dieses Tests lesen.
Pro:
Erstaunlich schneller und effizienter Schuh für sein relativ hohes Gewicht!
Höchste Qualität bei Verarbeitung und Materialien!
Die unterschiedliche dichten Dämpfungsmaterialien bieten mehr Schutz als man aufgrund der Stapelhöhe vermuten würde!
Tolle Implementierung der flexiblen Karbonfaserplatte - smoother Abrollvorgang, spürbarer Vortriebsimpuls - insbesondere bergauf!
Auch die Mittelsohle ist weich und bequem!
Außergewöhnlich gute Außensohle!
Contra:
Schwerer als man es von einem Skyrunning-Schuh erwarten würde!
Schwierige Passform - fällt relativ lang aber schmal aus!
Blasenbildung seitlich am großen Zeh während meines Longruntests!
Link zum original RTR-Test des Scarpa Golden Gate Kima RT: HIER
Link zu allen RTR-Testberichten: HIER
Tester: Nils Scharff
Ich bin 31 Jahre jung, gebürtig aus Kassel, verheiratet mit einer wunderbaren Ehefrau und mache seit mittlerweile 5 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Als Läufer sehe ich mich seit erst drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Firmenlauf, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört. In 2017 waren es „nur“ knapp 1000 Laufkilometer, in 2018 das Doppelte, 2019 schon das Dreifache. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit sechs Marathons gelaufen, die PB von 2:55:19h habe ich dieses Jahr trotz Corona im Rahmen eines #stayathomemarathons aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (17:32min), 10km (36:15min) über Halbmarathon (1:19:35h) bis eben zum Marathon.
Daten
Gewicht:
Offiziell: 290g (Herren US9)
Testschuh: 338g (Herren EU 44,5 / US 10.5)
Sprengung: 6mm (22mm Ferse / 16mm Vorfuß)
Release: erhältlich im Fachhandel für 190€