Artikel von Marcel Krebs
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Saucony Guide 15 (150€)
Einleitung
Als Schuhtester geht es einem wie im wahren Leben: Manchmal wartet man mit höchsten Erwartungen auf eine Sache oder ein Ereignis, und wenn es dann da ist, tritt Ernüchterung ein. Die umgekehrte, umso erfreulichere Variante gibt es jedoch natürlich auch: Mit null erwartungen auf etwas zugegangen, um dann umso positiver überrascht zu werden. So ähnlich erging es mir, als ich die Nachricht bekam, dass ich den neuen Saucony Guide 15 testen könne. Mir war zu diesem Zeitpunkt lediglich bekannt, dass es sich hierbei um einen Stabilitätsschuh handelt, der auf dem Saucony Ride basiert. Der Ride hatte mich sowohl in der 13. als auch in der 14. Auflage nicht so recht begeistern können - zu eng war dieser für mich im Vorfuß gewesen und auch vom Laufgefühl her gab es in den letzten beiden Jahren aufregendere Schuhe (wer sich für den brandneuen Ride 15 interessiert, findet hier übrigens das Review meines geschätzten Kollegen Nils).
Daher war ich natürlich um so mehr gespannt, wie sich der neue Saucony Guide 15 während der Testwochen schlagen würde. Wie das Ergebnis ausgefallen ist, lest ihr in den nächsten Kapiteln.
Pro & Contra
Pro:
Optimale Passform mit herrlichem weichem Obermaterial angenehm weiter Zehenbox!
für einen Stabilschuh geringes Gewicht
Sweetspot zwischen hervorragendem Komfort und Gewichtseinsparungen
Stabilitätselemente wirksam aber dezent
neue Mittelsohle macht insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten richtig Spaß
Contra:
Mittelsohle könnte -insbesondere bei niedrigeren Geschwindigkeiten - noch ein wenig mehr Vortrieb geben,
etwas weniger Gewicht wäre schön - vielleicht bieten zukünftige Mittelsohlenmaterialien entsprechende Ansatzpunkte (etwas leichter und mit mehr Bounce wäre ideal)
Tester:
Marcel ist ein begeisterter Trail- und Hindernisläufer (OCR), der zunehmend auch den Straßenlauf für sich entdeckt. Neben seiner Faszination für Laufschuh-Innovationen für Straße und Trail begeistert sich Marcel auch für technische Gadgets aller Art.
Aktuell fokussiert sich Marcel auf sein Training und entsprechende Qualifikationswettkämpfe für den UTMB, den er in 2023 laufen möchte. Wer zudem einen vergleichsweise breiten Vorfuß hat, sollte sich Marcel’s Eindrücke von den getesteten Modellen genauer ansehen.
Daten
Gewicht:
Offiziell: 269 (Herren US9) // 2235 (Damen US8)
Testschuh: 294g (Herren EU 44 / US 10)
Sprengung: 8mm (35mm Ferse / 27mm Vorfuß)
Release: Ab sofort erhältlich im Fachhandel für 150€
Erster Eindruck und Passform
Nicht nur die Farbgebung kommt erfrischend sommerlich daher. Auch die Laufeigenschaften konnten positiv überraschen, aber dazu gleich mehr. Bei ersten Reinschlüpfen fällt sofort auf, dass der Guide 15 im Vorfußbereich angenehm weit geschnitten ist. Dies gilt nicht nur für das Obermaterial, sondern auch für den Leisten, also quasi die “Plattform”, auf der der Schuh gebaut ist. Während ich beim Ride regelrecht das Gefühl hatte, auf dem Sohlenrand zu stehen, ist der Guide 15 von der ersten Sekunde an extrem komfortabel.
Sowohl die Zunge als auch die Fersenkappe sind zwar nicht ganz so luxuriös gepolstert wie beispielsweise beim Saucony Triumph 19, meinem persönlichen Referenz-Schuh in Sachen Komfort (meinen entsprechenden Testbericht findet ihr hier), doch das muss er auch gar nicht, schließlich geht dies auch stets auf Kosten eines entsprechenden Zusatzgewichts.
Beides ist schlicht “genau richtig” um auch auf längeren Distanzen komfortabel zu bleiben, ohne den Schuh unnötig schwerer zu machen.
Obermaterial
Neben der soeben näher beschriebenen sehr gut abgestimmten Polsterung an Fersenkappe und Zuge, weiß auch das übrige Obermaterial zu gefallen. Insbesondere im Bereich der Zehenbox ist es von ihnen angenehm weich und passt sich der Fußform sehr gut an.
Im Bereich des Mittelfußes sorgen nicht zuletzt die bereits vom Saucony Endorphin Pro 2 bekannten “A-Straps” (die blauen Schlaufen) für einen optimalen Mittelfußhalt. Die Overlays im Vorfuß sowie das langgezogene Saucony Logo verleihen dem Obermaterial ein wenig zusätzliche Stabilität. Unter dem Strich vergisst man beim Tragen des Saucony Guide 15 fast, dass man einen Schuh am Fuß trägt, was bereits als solches ein großes Kompliment für die Passform darstellt.
Mittelsohle
Als Mittelsohlenmaterial verwendet Saucony bei Guide 15 den dem Namen nach bereits länger bekannte PWRRUN Schaum. Diesen hat Saucony jedoch für die Sommersaison 2022 überarbeitet (kommt u.a. auch im neuen Ride 15 zum Einsatz). Dies hat die erfreuliche Folge, dass die Mittelsohle nunmehr deutlich leichter und reaktiver geworden ist. Dieser Effekt wird auch noch dadurch verstärkt, dass Saucony dem Guide 15 eine Einlegesohle aus reaktionsfreudigem PWRUN+ Material spendiert hat.
Auf der medialen (= innenliegenden) Seite befindet sich das von Saucony “Hollow-Tech” getaufte Stabilisierungselement. Dieses ist beim Laufen durchaus spürbar, jedoch nie in einer unangenehmen Form. Auch ich als Neutralläufer kam hiermit sehr gut zurecht. Wer daher sehr starke Unterstützung benötigt, ist mit anderen Modellen daher sicherlich besser bedient. Wer jedoch insbesondere auf längeren Distanzen schlicht dankbar für ein wenig mehr Support ist, der ist mit dem Saucony Guide 15 allerbestens bedient.
Außensohle
Die Außensohle des Saucony Guide 15 kommt im positiven Sinne unauffällig daher. An den entscheidenden Stellen ist sie sehr großzügig bemessen, so dass die Außensohle sicher kein Begrenzender Faktor hinsichtlich der Haltbarkeit des Guide 15 sein wird. Die Aussparungen tragen zudem zum erfreulichen Gesamtgewicht signifikant bei. Mangels entsprechender Detailangaben sowie basierend auf meinen Eindrücken der ersten knapp 100km scheint es sich auch beim Guide 15 um die bewährte XT-900 Gummimischung zu handeln, die vor allem auf trockenen Oberflächen guten Halt bietet.
Laufgefühl
Bei meinen ersten langsamen Recovery-Einheiten lief sich der Guide 15 angenehm unauffällig. Ich bekam genau die Unterstützung, die ich brauchte und die Mittelsohle war weder brett hart noch zu weich, sondern schlicht genau richtig, um Stabilität und gleichzeitig ein angenehmes Laufgefühl zu vermitteln.
Sehr positiv überrascht war ich zudem, als ich den Guide bei einem längeren Lauf über die HM-Distanz mit Tempo-Intervallen trug. Insbesondere bei einer Pace von <5 min/km erwacht die Mittelsohle sichtlich zum Leben und bietet sogar einen angenehmen Vortrieb. Das hätte ich von einem Stabilitätsschuh nicht erwartet und war dementsprechend positiv überrascht!
Zusammenfassung und Empfehlung
Der Saucony Guide 15 hat mich rundum positiv überrascht.Dies gilt insbesondere für die hervorragende Passform sowie die Tatsache, dass Saucony mit dem Guide 15 zeigt, dass auch ein Stabilitätsschuh echt Spaß machen kann! Dies ist auch der Grund, warum ich in den letzten Wochen auch für jene (schnelleren) Trainingseinheiten regelmäßig zum Guide gegriffen habe, für die man normalerweise zu klassischen Uptempo-Trainern greifen würde. Insbesondere in Wochen mit hohem Trainingsvolumen möchte ich diese Kombination aus leichter Stabilität und einer in höheren Tempobereichen durchaus lebendinge Mittelsohle nicht mehr missen! Das war wirklich ein gelungener “Saisonauftakt” von Saucony und ich bin wirklich gespannt, was insbesondere die überarbeitete Endorphine Linie dieses Jahr noch so alles an tollen Neuigkeiten für uns bereit hält!
Laufgefühl: 9 - Passform: 10 - Wert: 9.5 - Stil: 9
Vergleiche
Saucony Endorphin Shift 1 (German Review)
Der Shift 1 verfügt über eine festere Mittelsohle (ebenfalls PWRRUN, aber die vorherige Gummimischung) sowie über die sogenannte Speedroll Geometrie, also eine Rockerkonstruktion. Diese führt ebenfalls zu einem sehr kontrollierten Abrollverhalten und entsprechender Stabilität. Die Sprengung des Shift ist mit 4mm halb so hoch wie beim Guide 15, was sich bei mir in der Praxis nicht ausgewirkt hat, zumal Saucony auch ausdrücklich damit wirbt, dass man im neuen Guide 15 an der Ferse tief im Schuh steht, was ich bestätigen kann. Einen wirklichen Unterschied stellt hingegen die Zehenbox dar: Während diese bei Shift 1 vergleichsweise spitz zuläuft, ist die Zehenbox des Guide 15 herrlich komfortabel auf bei breiten Vorfüßen. Für mich liegt daher der Guide 15 im Vergleich vorne; wer jedoch einen schmalen Vorfuß hat und einen Schuh mit Rockergeometrie sucht, findet im Saucony Endorphin Shift 1 eine tolle Alternative. Beide in EU 44 / US-M10
Saucony Endorphin Shift 2 (German Review)
Im Vergleich des Guide 15 zum Shift 2 gilt im Grunde das Gleiche wie beim Endorphin Shift 1, da insbesondere die Mittelsohle gleich geblieben ist. Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden Shift-Modellen. Während das Obermaterial des Shift 1 etwas dehnbar im Vorfußbereich ist, ist das Upper des Shift 2 zwar schön luftig, aber fester, was weniger Flexibilität für breite Vorfüße bedeutet - mit allen Vor- und Nachteilen. Saucony scheint sich dieser Tatsache erfreulicherweise sehr bewusst zu sein, so dass es den Endorphin Shift 3 auch in einer breiten Variante geben wird, auf deren Test ich mich bereits sehr freue. Beide in EU 44 / US-M10
Saucony Triumph 19 (German Review)
Wie im Review oben bereits ausgeführt, ist der Triumph 19 für mich die aktuelle Referenz in Sachen Komfort. Der Guide 15 bietet eine ebenso hervorragende Passform, ist jedoch nicht ganz so plüschig. Beide verfügen über 8mm Sprengung sowie ein nahezu identisches Gewicht. Im Gegensatz zum Guide 15 kommt im Triumph 19 das etwas lebendigere und leichtere PWRRUN+ Mittelsohlenmaterial zum Einsatz. Letztendlich ist ein ein sehr knappes Rennen, so dass die Entscheidung von der persönlichen Schwerpunktsetzung abhängt: Wer einen extrem komfortablen und vielseitigen Schuh sucht, der gegebenenfalls alle Einsatzbereiche abdecken kann (nicht jeder möchte sich eine ganze Schuhrotation aufbauen), greift zum Triumph 19. Wer hingegen einen modernen Stabilschuh sucht, findet im Saucony Guide 15 eine hervorragende Alternative. Beide in EU 44 / US-M10.
Altra Provision 6 (German Review)
Eingefleischte Altra-Fans finden im Provision 6 das Pendant zum Guide 15 mit der für Altra typischen Nullsprengung und werden mit dem Schuh auch gut zurechtkommen, auch wenn die Zehenbox nicht so geräumig ist, wie man es von den ursprünglichen Altra-Modellen kannte (diese Passform firmiert inzwischen unter ‘Original-Fit’). Beim Kauf gilt es jedoch die Augen auf zu halten und darauf zu achten, ob Altra die Produktionsschwankungen hinsichtlich der Fersenkappe (siehe mein diesbezügliches Review) inzwischen in den Griff bekommen hat. Alle anderen greifen zum Guide 15, der mit 8mm nicht nur über die massentauglichere Sprengung sondern vor allem auch über die deutlich bessere Passform insbesondere im Fersenbereich sowie eine lebendigere Mittelsohle verfügt. Beide in EU 44 / US-M10.
Hoka Arahi 6 (German Review folgt in Kürze)
Was der Provision 6 für Altra ist, ist der Arahi 6 in der Produktlinie von Hoka. Die sogenannte J-Frame Konstruktion bietet ähnlich wie der Guide 15 Stabilität, ohne dabei einschränkend oder unangenehm zu wirken. Auch wenn der Arahi 6 auf einer recht breiten Plattform steht, ist der Schuh im Obermaterial dennoch eher schmal und vor allem recht gerade geschnitten, wobei das Obermaterial im Bereich der Zehenbox für Hoka-Verhältnisse recht dehnbar und somit auch für etwas breitere Vorfüße geeignet ist. Zudem gibt es vom Arahi 6 auch eine 2E-Version, also einen breiteren Leisten. Die Passform ist gut, reicht jedoch nicht an die nahezu perfekte Passform des Guide 15 heran. Auch die Mittelsohle des Arahi 6 könnte in der nächsten Version ein etwas lebhafteres Mittelsohlenmaterial vertragen, so dass der Guide auch in dieser Kategorie gewinnt. Kurzum: Hoka-Fans können ruhigen Gewissens zum Arahi 6 greifen, für mich persönlich gewinnt der Guide 15 diesen Vergleich jedoch aufgrund der modernen Mittelsohle sowie der hervorragenden Passform. Beide in EU 44/US-M10.
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Die Schuhe, die Grundlage dieses Tests sind, wurden uns von Saucony kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind unsere eigenen.
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