Saturday, March 19, 2022

Testbericht: Saucony Kinvara 13 (German) – Der Inbegriff der Einfachheit

Article by Johannes Klein

Saucony Kinvara 13 (140€)


Einleitung

Wenn ich den Saucony Kinvara 13 in einem Wort beschreiben sollte, würde ich “einfach” sagen. Seit seiner Markteinführung als Sauconys Beitrag zur Minimalismus-Bewegung ist der Kinvara für seinen unkomplizierten Charakter bekannt und beliebt. Lasst uns also herausfinden, was den “K” zum Liebling vieler Läufer*innen macht.


Auch wenn der Kinvara in den letzten 13 Jahren viele Veränderungen durchgemacht hat, hat er nach wie vor eine treue Fangemeinde. Das liegt daran, dass er trotz aller Modifikationen nie seine grundlegenden Eigenschaften verloren hat. Wer einen leichten Schuh mit bequemer Passform sucht, der eine natürliche Laufmechanik begünstigt, kann mit dem Kinvara nichts falsch machen.


Obwohl der Schuh dieses Jahr nicht grundlegend neu erfunden wurde (Was an sich erfreulich ist, wenn man nach unserem Test des K12 geht), gibt es einige Updates, die den K13 speziell machen. In erster Linie kommt er ganze 20 Gramm leichter daher als sein Vorgänger (in meiner Größe EU 45). Woher das kommt und welchen Unterschied es macht, lest ihr weiter unten.


Pro & Contra

Pro: 

Leichtgewicht: 220 Gramm in Größe EU 45 schafft kaum ein Schuh, der so viel Dämpfung bietet.

Nach wie vor einer der vielseitigsten Schuhe auf Markt.

Die flexible Mittelsohle sorgt für ein natürliches Laufgefühl.

Auch dieses Jahr überzeugt der Kinvara durch ein leichtes Obermaterial und eine angenehme Passform.


Contra:

Die Mittelsohle könnte (immer noch) lebhafter sein.

Daten

Gewicht: 

Herstellerangaben:: 199g (Herren EU 42,5 / US 9) / 168g (Damen EU 40 / US 8)

Testschuhe: 220g (Herren EU 45 / US 11)
Sprengung: 4 mm (24,5 mm Vorfuß / 28,5 mm Ferse)

Release: Verfügbar im Fachhandel ab sofort für 140€


Link zum original RTR-Test des Saucony Kinvara 13: HIER

Link zu allen RTR-Testberichten: HIER

Erster Eindruck und Passform

Zunächst muss ich festellen, dass Saucony mit dem Design dieses Jahr wieder einen Volltreffer gelandet hat. Das sonnenblumige Gelb meiner Testschuhe ist einfach ein Hingucker. Das liegt natürlich auch ein wenig im Auge des Betrachters.


Mein erster Eindruck der Passform war, dass der Schuh hinten etwas lockerer sitzt und vorne etwas enger. Das ist aber nichts, was die richtige Schnürtechnik nicht beheben könnte. Außerdem bin ich sicher, dass sich das Zehenbox-Mesh mit mehr gelaufenen Kilometern an meinen Fuß anpassen wird. 

Ich war ein großer Fan der Passform des K12 und würde sie dem K13 vorziehen – wenn die Unterschiede nicht gleichzeitg einen erheblichen Gewichtsverlust bedeuten würden. Ich kann Saucony unmöglich dafür tadeln, dass der Kinvara noch leichter geworden ist. Deswegen gibt es für die etwas gelockerte Passform keine Abzüge.


Obermaterial

Am “Upper” des K13 stellt man die meisten Änderungen fest. Die Materialien erinnern mich stark an den Endorphin Speed 2: eine dünne Schicht aus gut belüftetem, technischem Mesh, das dort, wo erhöhte Reißfestigkeit gefordert ist, verstärkt wurde. Das Ergebnis ist ein leichtes, atmungsaktives, aber nicht sehr dehnbares Obermaterial. 

Die Konstruktion der Ferse ist nicht mehr so stabil, da ihr die äußere Versteifung des K12 fehlt. Von oben betrachtet wirkt der Kragen etwas runder und weiter. Hier ist der K13 also nicht mehr so solide wie zuvor, aber für mich immer noch ausreichend verstärkt – auch wenn ich die Schnürsenkel ein wenig fester ziehen muss als beim K12, um optimal abgesichert zu sein. Zwei leichte Verstärkungen (und das Saucony-Logo) bieten seitlich etwas Halt über die gesamte Länge des Fußes.

Auch die Zunge des K13 hat nicht mehr so viel Substanz wie die des K12. Sie ist noch ein wenig leichter und gleichzeitig nicht mehr so lang. Da sie jedoch immer noch eingenäht ist, trägt sie nach wie vor zur anschmiegsamen Passform bei. Die Schlaufe, die an der Ferse befestigt ist und das Anziehen des Schuhs erleichtern soll, ist meiner Meinung nach etwas zu weit unten befestigt, um wirklich nützlich zu sein.

Alles in allem haben wir hier ein sehr einfaches Obermaterial, das nicht ganz so viel Halt gibt wie seine Vorgänger, aber immer noch viele Qualitäten hat, die Kinvara-Fans lieben: Leicht, atmungsaktiv und mit der Tendenz, am Fuß zu verschwinden. Die Änderungen, die gleichzeitig Gewicht einsparen, sind zwar signifikant, gehen aber sehr unauffällig vonstatten. Gut gemacht, Saucony!

Mittelsohle

Laut den Herstellerangaben ist die Kontur der Mittelsohle leicht geändert worden, um den Schuh „stromlinienförmiger” zu gestalten. Das kann ich durch einen Vergleich mit dem K12 bestätigen. Es scheint, als wäre die Vorfußplattform etwas schmaler geworden.

Obwohl Saucony uns das nicht offiziell übermittelt hat, fühlt sich der Schaumstoff des K13 (Immer noch PWRRUN – EVA + TPU-Mischung) etwas federnder an. Vielleicht entsteht dieser Eindruck aber nur im Vergleich zu meinen K12s, die kurz vor dem Ende ihrer Lebensdauer stehen. PWRRUN ist nach wie vor mein größter Kritikpunkt am Kinvara. Ich bin der Meinung, dass ein innovativeres Material wie PWRRUN PB wahre Wunder für die Energierückgabe tun würde.

Außensohle

Dieses Jahr ist an der Außensohle des Kinvara rein gar nichts verändert worden (siehe Bild). Wie auch bei den letzen Kinvaras sieht man hauptsächlich die exponierte Zwischensohle, mit kleinen Gummiverstärkungen an Vorfuß und Ferse. Das könnte auf nassem Asphalt durchaus seine Gefahren bergen. Diesbezüglich gebe ich euch ein Update, sobald ich den K13 in solchen Bedingungen testen konnte. 


In Sachen Haltbarkeit mache ich mir dagegen keine Sorgen. Mein Kinvara 12 sieht nach 370 Kilometern so aus, als ob er noch einiges vertragen könnte – auch wenn der Mittelsohle langsam aber sicher der “Pepp” fehlt. Der Vorteil einer solchen Außensohle liegt auf der Hand: Weniger hartes Gummi macht die Sohle insgesamt flexibler, was für einen natürlicheren Abrollprozess sorgt.

Laufgefühl

Ich liebe den Kinvara dafür, dass er am Fuß verschwindet, sobald man losläuft. Durch das abgespeckte Obermaterial und das noch leichtere Gewicht ist der K13 da keine Ausnahme. Tatsächlich fühlt sich der Schuh so an, als ob er speziell dafür entwickelt wurde, nicht wahrnehmbar zu sein. Das weiß ich persönlich sehr zu schätzen und ich kann mir vorstellen, dass mir viele Läufer*innen in diesem Punkt beipflichten werden. 


Die bereits angesprochene, flexible Mittelsohle unterstützt den natürlichen Bewegungsablauf und macht das Laufgefühl mühelos und geschmeidig. Allerdings muss ich an dieser Stelle auch ansprechen, dass ich mir ein wenig mehr Energierückgabe wünschen würde. Das ließe sich, wie bereits angesprochen, durch die Verwendung eines neueren Materials wie PWRRUN PB bewerkstelligen.


Zusammenfassung und Empfehlung

Der Kinvara orientiert sich wieder ein Stück mehr in Richtung Wettkampf und schnelle Trainingseinheiten. Mit der Gewichtsreduzierung durch das leichtere Obermaterial ist der K13 ein echter Temposchuh, abgesehen vom Fehlen eines „Superschaumstoffs“. Läufer*innen mit effizienter Gangart, die eine flexible Mittelsohle präferieren, sollten keine Probleme haben, die gesamte Palette an Geschwindigkeiten und Distanzen mit dem K13 abzudecken. Meine Lieblingsdisziplin im Kinvara sind Kilometerintervalle, da er hier durch seine Vielseitigkeit voll zur Geltung kommt.

Der Charakter des Saucony Kinvara 13 – den ich hier hoffentlich gut eingefangen habe – ist so vielfältig wie der Mensch, der ihn am Fuß trägt. Mit seinem Understatement und seiner Einfachheit hat sich der Kinvara über die Jahre in die Herzen vieler Läufer*innen gestohlen und wird immer eine treue Fangemeinde haben, so wie er selbst in allen Situationen ein treuer Begleiter ist.


Wertung

9.15/10

Laufgefühl: 8.75 (50%) Passform: 9.5 (30%) Preis-Leistung: 9.5 (15%) Style: 10 (5%)

Die mangelnde Energierückgabe der Mittelsohle im Vergleich zu Alternativen in der Rubrik Temposchuh / Trainingsschuh (wie dem hauseigenen Endorphin Speed) ist meiner Meinung nach das einzige, das man am Kinvara 13 bemängeln kann. Man sollte sich hierbei jedoch ins Bewusstsein rufen, dass die Verwendung eines “Superschaumstoffs” wie PWRRUN PB den sehr moderaten Preis von 135 Euro (US: 120 $) hochtreiben würde.


Vergleiche


Saucony Endorphin Speed 2 (RTR German Review)

Beide Schuhe sind herausragende Optionen fürs Tempo-Training. Wie oben angedeutet, haben sie auch ein sehr ähnliches Obermaterial. Die Option für ein klassisches, natürliches Laufgefühl und mehr Stabilität ist der Kinvara. Wer in den Genuss des deutlich elastischeren PWRRUN PB und einer Nylonplatte kommen möchte, nimmt den Speed.


Saucony Ride 14 (RTR German Review)

Der Ride 14 war für mich eine der größten Enttäuschungen von 2021: ein schwerfälliges, überladenes Update, dass sich nicht so hätte nennen dürfen. Eigentlich die Antithese zum Kinvara 13. Wer mit der niedrigeren Sprengung und ein bisschen weniger Stabilität zurechtkommt, ein natürliches Laufgefühl bevorzugt und 100 Gramm weniger pro Schuh mag, greift zum Kinvara. Für mich fällt die Wahl ganz klar zugunsten des K13 aus – auch fürs tägliche Training. 


New Balance FuelCell Rebel v2 (RTR Review

Der Rebel v2 und der Kinvara 13 fallen in dieselbe übergeordnete Kategorie, aber in sehr unterschiedliche Mittelsohlen-/Schaumstoffklassen. Beide Schuhe tun die gleichen Dinge, nur dass PWRRUN etwas fester ist und anders reagiert als der elastischere FuelCell-Schaumstoff. Der Kinvara fühlt sich beim Laufen natürlicher an. Aus diesem Grund ist der K13 meine Wahl. Viele Läufer*innen würden mir hier wohl widersprechen.


Hoka Rincon 3 (RTR Review)

Die beiden Schuhe sehen völlig gegensätzlich aus, leisten aber dasselbe, nur auf unterschiedliche Weise. Wer den einen liebt, sollte wahrscheinlich den anderen einmal ausprobieren. Die steifere Mittelsohle des Hoka verleihen ihm etwas mehr Schwung, aber darüber hinaus würde ich wärmstens empfehlen, sowohl den Rincon als auch den Kinvara 13 im Köcher zu haben, wenn man gerne leicht und schnell unterwegs ist. Natürlicher und minimalistischer läuft man dabei natürlich im Kinvara. In einer Laufschuh-Rotation ergänzen sich die beiden jedoch perfekt.


Topo Athletic Fli-Lyte 3 (RTR Review)

Auf dem Papier ist der Topo auch ein Temposchuh, ist allerdings näher am Boden gebaut (weniger Dämpfung) und hat dafür mehr Obermaterial. Der Schaum des Fli-Lyte kommt in puncto Widerstandsfähigkeit nicht an den Kinvara heran. Daher greife ich zum K13.


Brooks Launch 8 (RTR Review)

Sowohl der Kinvara als auch der Launch sind äußerst vielseitige Schuhe in Bezug auf die Art des Trainings, das sie bewältigen können. Sie sind beide sehr reaktionsschnell, leicht und haben eine flottes Laufgefühl. Der Kinvara ist ein wenig minimalistischer, sodass der Launch für ein breiteres Publikum von Läufer*innen geeignet sein sollte. 


Skechers Razor+ (RTR Review)

Der Razor+ ist ein Schuh, der mir sehr gut gefallen hat und den ich dann (bis jetzt!) vergessen habe. Obwohl beide nah am Boden gebaut sind, hatte ich beim R+ immer das Gefühl, dass ich durch die Mittelsohle trete. Das passiert mir im K13 nicht. Skechers Hyperburst ist definitiv das lebendigere Material. Allerdings finde ich, dass der Kinvara die bessere Umsetzung eines leichtgewichtigen Trainers ist. 


Puma Liberate Nitro 1 (RTR Review)

Der Liberate unterscheidet sich vom Kinvara dadurch, dass er eine Mittelsohle aus Stickstoff-infundiertem Schaumstoff auf einer Plattform von 28 mm Ferse / 18 mm Vorfuß hat. Der niedrigere Vorfuß des Liberate und seine Mittelsohle machen ihn noch ein wenig leichter. Beide sind sehr flexibel und energetisch, wobei der Liberate 1 dem Kinvara etwas hinterherhinkt, was den Schliff des Obermaterials und die Stabilität betrifft.


Link zum original RTR-Test des Saucony Kinvara 13: HIER

Link zu allen RTR-Testberichten: HIER


Tester: Johannes Klein

Im Sommer 2020 bin ich als langjähriger Fan, der zum Tester wurde, zur RTR-Truppe gestoßen. Ich lebe in der Nähe von Karlsruhe, wo ich treffenderweise mein erstes 14-km-Rennen als Teil der Teamstaffel beim Baden-Marathon gelaufen bin. Dort habe ich meine Leidenschaft für den Laufsport entdeckt und der Rest ist Geschichte. 

Derzeit bin ich dabei, mich nach einer längeren Verletzungs- und Krankheitspause wieder ins Laufen einzugrooven. Allgemein bin ich die meiste Zeit draußen zu finden, beim Wandern, Spazieren am Rhein oder Streetball Spielen. 

Meine bevorzugten Inside-Aktivitäten sind Bloggen, Kochen und der Vergleich von Laufschuhen. Mit Letzterem habe ich als Verkäufer in der Laufabteilung eines namhaften Modehauses angefangen und werde wohl nie mehr damit aufhören, da ich mit der Zeit eine leichte Besessenheit entwickelt habe.
Ihr findet mich auf Instagram und Strava.


YouTube Playlist mit englischsprachigen Laufschuhtests


Die Laufbiographien aller RTR-Tester könnt ihr hier lesen. 

 

Die Schuhe, die Grundlage dieses Tests sind, wurden uns von SAUCONY kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind unsere eigenen.

 

Ich freue mich über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.

Um bestmöglich auf eure Fragen einzugehen, nennt nach Möglichkeit euer Laufpensum, Geschwindigkeiten, Renndistanzen und eure aktuellen Schuhe.

 

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4 comments:

Johannes said...

Following.

Ben said...

Interessanter Test, danke. Ich bin noch beim sehr guten 11er, von dem ich mehrere Exemplare besitze, aber kann mir den 13er als würdigen Nachfolger vorstellen. Nicht verstehen kann ich aber den Wunsch nach PowerRun PB. Dieser deutlich weichere Schaum würde die Charakteristik des Kinvara völlig verändern. Den Endorphin Speed finde ich persönlich furchtbar und unglaublich "wabbelig". Diese Schäume haben ihre Berechtigung im Wettkampf, wo sie bestenfalls durch Carbon halbwegs stabilisiert werden (Vorbild Vaporfly), aber nicht im minimalistischen Daily Trainer, der ja gerade direkt sein soll. Es ist nicht nötig, alle Schuhe aus dem gleichen Material zu fertigen.

Johannes said...

Hey Ben,
Vielen Dank fürs Lesen und deinen Kommentar!
Prinzipiell bin ich da voll bei dir. Wahrscheinlich würde ein Mittelsohlen-Update den Charakter des Kinvara deutlich verändern. Wenn ich so darüber nachdenke, ist PB tatsächlich nicht die beste Wahl. Vielleicht sollten wir Saucony das Feedback geben, dass wir uns viel eher einen Schaum wünschen, der genauso stabil ist wie PWRRUN, aber ein wenig mehr Energie zurückgibt.

Johannes said...

Der K11 geht noch deutlich mehr Richtung Daily Trainer als der K13. Durch die veränderte Mittelsohlen-Geometrie und das enger anliegende Obermaterial würde ich den K13 weiter in Richtung Temposchuh einordnen als den K11.