Article by Nils Scharff
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adidas Ultraboost PB (180€)
Einleitung
Der adidas Ultraboost ist mittlerweile schon ein Klassiker. Jedes Jahr setzt er ein neues modisches Statement und zeigt wie schick ein Laufschuh sein kann. Er wurde deshalb lange unter Läufern belächelt, eher als Mode- denn als Laufschuh gesehen. Doch spätestens mit dem Ultraboost 19 hatte dieses Klischee ausgedient und adidas hatte einen attraktiven Laufschuh für lange und entspannte Läufe im Programm. Dass der Schuh trotzdem noch ein modisches Statement war, das auch beim Shopping in der City, während der Vorlesung an der Uni oder in der Cocktailbar am Abend nicht fehl am Platze war, konnte der Konkurrenz durchaus zu denken geben. Dieses Jahr hat adidas versucht den Ultraboost dem "richtigen Läufer" noch ein bisschen näher zu bringen. Denn PB - persönliche Bestleistung - ist ein Jargon, das laufbegeisterte Ohren aufhorchen lässt. Doch das direkt schon vorweg: Neue Bestzeiten werdet ihr im adidas Ultraboost PB vermutlich eher selten laufen. Warum das so ist, werde ich euch im folgenden erläutern.
Pro & Contra
Pro:
Auch der Ultraboost PB ist stylisch!
Hervorragender Grip!
Hohe Atmungsaktivität durch das neu eingeführte Obermaterial!
Mittel- und Außensohle werden sehr lange halten!
Contra:
Viel zu schwer für einen Schuh in dieser Dämpfungsklasse!
12mm Ultraboost waren für mich zu wenig auf Longruns. Nach 15km hat man deutlich gemerkt, dass die Mittelsohle im Vorfuß "durchgetreten" war!
Qualitätsmängel an meinem Testmodell! Die adidas Streifen an beiden Schuhen haben sich schon nach dem ersten Lauf begonnen abzulösen!
Tester: Nils Scharff
Ich bin 30 Jahre jung, gebürtig aus Kassel, verheiratet mit einer wunderbaren Ehefrau und mache seit mittlerweile 5 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Als Läufer sehe ich mich seit erst drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Firmenlauf, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört. In 2017 waren es „nur“ knapp 1000 Laufkilometer, in 2018 das Doppelte, 2019 schon das Dreifache. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit vier Marathons gelaufen, die PB von 3:14:49h habe ich dieses Jahr trotz Corona im Rahmen eines #stayathomemarathons aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (18:14min), 10km (38:17min) über Halbmarathon (1:28:12h) bis eben zum Marathon. Mal sehen, wann der erste Ultra in dieser Liste auftaucht.
Daten
Gewicht:
Offiziell: 307g (Herren US9)
Testschuh: 303g (Herren EU 44 / US 10)
Sprengung: 10mm (22 / 27 mm Ferse / 12 / 17 mm Vorfuß [ohne / mit Innensohle)
Release: Verfügbar im Fachhandel für 180€
Erster Eindruck und Passform
Ich hatte ein wenig Bedenken bevor ich den adidas Ultraboost PB das erste Mal angezogen habe. Hatte ich doch aus der ein oder anderen Richtung gehört, dass das neue Obermaterial sehr unbequem sein solle. Entsprechend skeptisch war ich, als ich den Schuh aus dem Karton geholt habe. Doch was soll ich sagen? Völlig unbegründet! Ja, es ist kein sockengleiches Gefühl. Nein, der Schuh ist auch nicht flauschig gepolstert wie der Saucony Endorphin Shift oder Triumph. Aber gestört hat mich auch erstmal nichts - das ist doch schonmal gut! Außerdem hat adidas sich hier scheinbar wirklich ins Zeug gelegt. Das Obermaterial schreit förmlich "Atmungsaktivität". Die ersten Schritte haben dann direkt das typische "Boost is life" Gefühl hervorgerufen. Ich liebe diese Schuhe schon seit Jahren aufgrund ihres Dämpfungskomforts und der nahezu unzerstörbaren Boost- und Continentalmaterialien. Auch der Ultraboost PB scheint da keine Ausnahme zu sein und federt wunderbar jeden Schritt ab. Auf jeden Fall schonmal ein super Schuh für den ein oder anderen sommerlichen Städtetrip (sofern Corona diese denn zulässt).
Die Passform ist adidas-typisch lang und schmal. Deshalb passt mir meine bewährte adidas Standardgröße 44 EUR. Im Vergleich zu bspw. Saucony kann ich bei adidas also wie immer eine halbe Größe kleiner wählen (44 statt 44,5 EUR).
Obermaterial
adidas scheint dieses Jahr der Vorreiter in Sachen besonders atmungsaktiver Obermaterialien zu sein. Auch im Ultraboost PB kommt ein einlagiges Meshmaterial zum Einsatz, das mit einer Art Gitter unterfüttert ist. Das ist das gleiche Prinzip, das im Adios 5 zum Einsatz kommt und im Adizero Pro perfektioniert wurde. Während im Ultraboost PB zwar das gleiche sehr dünne Celermesh wie im Adizero Pro verwendet wird, ist das darunter liegende Gitter jedoch gröber gearbeitet als beim kürzlich erschienenen Rennboliden. Trotzdem kommt beim Laufen ein deutlich spürbarer Luftzug an die Füße! Ein richtiger Sommerschuh, sofern man denn eine hellere Farbvariante wählt. Die mir für den Test zur Verfügung gestellte Tokyo Edition zieht die Sonne jedoch leider nur so an - kontraproduktiv. Stichwort Tokyo Edition: Die Einlegesohlen sind sehr Detailverliebt im Mangastyle designt - ein schönes (klischeebehaftetes) Schmankerl.
Ansonsten kann ich die Eingangs erwähnten Klagen über das Obermaterial nicht wirklich nachvollziehen. Die Zunge schützt vorbildlich vorm Druck der Schnürsenkel und ein Scheuern oder gar "Einschneiden" kann ich nicht spüren. Wer dem trotzdem vorbeugen will, dem sei geraten keine Füßlinge, sondern grundsätzlich etwas höhere Socken beim Laufen zu tragen.
Meine Füße werden im adidas Ultraboost PB vorbildlich in alle Richtungen gehalten. Die externe Fersenkappe verleiht ein gutes Maß an Stabilität um der weichen Mittelsohle etwas entgegenzuwirken. Zusätzlich wird der Fersenhalt durch seitlich platzierte Polster unterstützt. Da diese die Achillespartie aussparen, wird dort zudem unnötiger Druck und Reibung vermieden. Das funktioniert so gut, dass selbst vorhandene Blasen im adidas Ultraboost PB nicht zu spüren waren! Sehr gut!
Im Vergleich zum adidas Ultraboost 20 entfällt zudem der auf der Außenseite des Schuhs angebrachte Käfig. Ich habe den UB20 nie getragen, vermisse den Käfig aber aufgrund des guten Seitenhalts in der PB Variante in keinster Weise. Übrig geblieben vom Cage sind lediglich die drei adidas-Streifen, die rein optischer Natur zu sein scheinen. Leider lösen sich diese an meinem Testschuh schon seit dem ersten Lauf ab.
Mittelsohle
In Bezug auf die Mittelsohle unterscheidet sich der adidas Ultraboost PB in keinster Weise vom adidas Ultraboost 20. Das bedeutet mehr Boost als beim Vorgänger aus dem Jahr 2019, jedoch mit 17/27mm Mittelsohle (inklusive Innensohle) immer noch weniger Dämpfung als die immer maximalistischer auftretende Konkurrenz. Dies ist vermutlich dem hohen Gewicht des Boost Materials geschuldet. War das TPU-basierte Dämpfungsmaterial vor einigen Jahren noch revolutionär, ist es heute vielleicht das schwerste, was der Laufschuhmarkt zu bieten hat. So bringt mein Testmodell des adidas Ultraboost PB stolze 303g auf die Waage (Größe 44 EUR). Die schwere Mittelsohle ist ansonsten relativ finessenlos - einfach nur eine große Masse Boost. Diese hat die üblichen Eigenschaften: Relativ weich, gute Energierückgabe, sehr flexibel und in der Folge etwas strukturlos. Die verwendeten 10mm Sprengung empfinde ich persönlich als etwas zu hoch, das ist aber Geschmackssache.
Außensohle
Mit der Außensohle verhält es sich genauso wie mit der Mittelsohle. Keine Änderung zum Standardmodell. Das in großen Mengen verwendete Continentalgummi verleiht hervorragende Traktion auf allen Untergründen, trägt aber genauso wie die Mittelsohle zum hohen Gewicht des Schuhs bei. Zudem hätte ich mir hier die ein oder andere versteifende Maßnahme gewünscht. Man kann den adidas Ultraboost PB verdrehen wie einen auszuwringenden Waschlappen. Das zeugt leider von wenig inhärenter Stabilität.
Laufgefühl
Am Fuß war der adidas Ultraboost PB für mich eine positive Überraschung. Wie gesagt ist das Celermesh-Obermaterial das Highlight des Schuhs und so verschwindet es förmlich sobald man im Ultraboost PB läuft. Man spürt regelrecht den Wind durch das Material wehen! Auch die Dämpfung ist nach wie vor wirklich nicht zu verachten. Boost verleiht einfach ein angenehm federndes Gefühl mit zumindest guter Energierückgabe. Und auch der verliehene Schutz ist im Verhältnis zur Dicke der Mittelsohle hervorragend. Schade nur, dass adidas es bisher nicht geschafft hat, dieses tolle Material leichter zu machen. Denn andere Hersteller setzen einfach teilweise bis zu doppelt so dicke Mittelsohlen ein - bei gleichem Schuhgewicht. Das führt dazu, dass auch vermeintlich “schlechtere” Materialien dem Läufer mehr Schutz und Bounce bieten, als es der adidas Ultraboost PB zu tun vermag. Auf langen Läufen von über 20km habe ich deutlich gemerkt, wie die Mittelsohle meinen Vorfuß irgendwann im Stich gelassen hat. Auf kurzen und mittleren Distanzen bis ca. 15km war der adidas Ultraboost PB allerdings ein treuer begleiter mit einem erstklassigen Obermaterial. Da der Schuh im Vorfußbereich sehr schön abrollt, entsteht zudem ein relativ natürliches Laufgefühl. Dass man dabei ein wenig flacher über dem Boden steht, trägt außerdem gemeinsam mit der externen Fersenkappe zu einem stabilen Knöchelbereich bei (für einen Neutralschuh).
Zusammenfassung und Empfehlung
Der adidas Ultraboost PB setzt in Sachen Obermaterial neue Maßstäbe in der Klasse der stärker gedämpften Trainingsschuhe. In einer hellen Farbvariante kann adidas neue Ultraboost Variante deshalb einen tollen Sommerschuh für viele Läuferinnen und Läufer darstellen. Wer einen langlebigen Begleiter für 1-2 Läufe die Woche sucht, die Distanzen von 15km in der Regel nicht übersteigen, sollte den Ultraboost PB auf jeden Fall ins Auge fassen. Leider wird das tolle Obermaterial in gewisser Weise von den langjährig bewährten, aber mittlerweile in die Jahre gekommenen, Sohlenmaterialien Boost und Continentalgummi zurückgehalten. Beide Materialien performen super und werden sicher 1000km für Freude sorgen. Jedoch tragen sie auch dazu bei, dass selbst “der Leichte” aus der Ultraboost Familie in meiner Größe noch über 300g auf die Waage bringt. Das ist für das Maß an Schutz und Dämpfung das geboten wird, leider nicht mehr zeitgemäß. Beim Versuch persönliche Bestleistungen zu laufen, wird man diesen Schuh vermutlich nicht tragen wollen. Wenn das Gewicht jedoch nicht stört, dann findet man im adidas Ultraboost PB einen Laufschuh für moderate Geschwindigkeiten, der sich beim Laufen gut anfühlt und bei jeder anderen Aktivität gut aussieht. Er ist ein Allrounder, dieser adidas Ultraboost PB - nicht für jeden Lauf geeignet, aber für fast jede Situation!
Wertung 8/10 (-1 für Gewicht; -0,5 für zu hohe UVP; -0,5 für Qualitätsprobleme)
Die UVP von 180€ ist für die gebotene Dämpfung und den Grad an Innovation definitiv zu hoch angesetzt. Hier sollte künftig entweder mehr geboten werden oder der Rotstift am Preis angesetzt werden. Ansonsten kann ich nur wiederholen, was ich an dieser Stelle schon bei den vergangenen adidas Testberichten geschrieben habe: Ich wünsche mir für kommendes Jahr Boost 2.0 - genauso performant jedoch bei halben Gewicht. Wenn adidas das aus dem Hut zaubern kann, muss sich die Konkurrenz warm anziehen. Denn die Hausaufgaben in Sachen Obermaterial wurden in Herzogenaurach dieses Jahr schon mit bravour gemeistert. Außerdem hoffe ich natürlich, dass die sich ablösenden adidas Streifen ein Problem sind, dass allein meinem Testmodell vorbehalten war!
Vergleiche
adidas Ultraboost PB vs. Saucony Endorphin Shift (RTR Review English)
Der Saucony wiegt in meiner Größe nochmal 20 Gramm mehr als der UBPB, spielt ansonsten aber in einer anderen Liga. Mehr Dämpfung, mehr Schutz, mehr Komfort, mehr Spaß und das auf Distanzen die deutlich über das hinausgehen, was ich im UBPB laufen würde. Der UBPB wird vermutlich 100-200km länger halten, da er aber jedoch auch 30€ teurer ist, würde ich mich in diesem Vergleich immer für den Endorphin Shift entscheiden. UBPB 44 EUR, Endorphin Shift 44,5 EUR.
adidas Ultraboost PB vs. New Balance 1080v10 (RTR Review English, RTR Review German)
Der 1080v10 ist einer meiner Lieblingsschuhe, entsprechend kann der UBPB hier leider nicht mithalten. Für das gleiche Geld bekommt man bei New Balance ein fast genauso gutes Obermaterial, mehr (Vorfuß-) Dämpfung und ein geschmeidigeres Abrollverhalten. UBPB 44 EUR, 1080v10 44,5 EUR.
adidas Ultraboost PB vs. Saucony Triumph 17 (RTR Review English)
Bei ähnlichem Gewicht und einer ähnlich klassischen Sohlengeometrie (nicht gebogen) fühlt man sich durch das substantiellere Obermaterial im Triumph 17 deutlich geborgener. Wer sich wohlfühlen will im Schuh nimmt den Saucony, wer atmungsaktiv und stylisch unterwegs sein will, investiert in den UBPB. Der Triumph kann zudem auf jeden Fall weiter und bietet durch das moderne Mittelsohlenmaterial mehr Bounce als adidas’ Boost. Triumph 44,5 EUR, UBPB 44 EUR.
adidas Ultraboost PB vs. ASICS Novablast (RTR Review English, RTR Review German)
Der Novablast hebt das Trampolingefühl auf ein neues Level. Da kann Boost nicht mithalten. Damit einher geht beim ASICS jedoch ein hohes Maß an Instabilität und relativ uninspiriertes Obermaterial, während der UBPB durch Celermesh und Fersenkäfig punkten kann. Stylish sind beide Schuhe, für einen 30km Longrun würd ich keinen von beiden tragen. Beide in 44 EUR.
adidas Ultraboost PB vs. ASICS Glideride (RTR Review English)
Der Glideride geht mit stark gebogener Sohlengeometrie und Nylonplatte einen völlig anderen Weg. Hier steckt Hightech in der Mittelsohlenkonstruktion um den Läufer zu entlasten, während man beim Obermaterial auf robuste Materialien zurückgreift. Gewissermaßen sind ASICS und adidas hier gegensätzliche Wege gegangen. Der Glideride ist auf der Laufstrecke der bessere Allrounder, der auch schnellere Geschwindigkeiten und lange Distanzen kann. Der UBPB macht dafür neben der Laufstrecke die bessere Figur. UBPB 44 EUR, ASICS 44,5 EUR.
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Die Laufbiographien aller RTR-Tester könnt ihr hier lesen.
Den Schuh, der Grundlage dieses Tests ist, wurde mir von adidas kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind meine eigenen.
Ich freue mich über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.
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