Article by Johannes Klein
Adidas Terrex Agravic Flow 2 GTX (160 €)
Einleitung
Diesen September hatte ich das Vergnügen, am Adidas Infinite Trails Race teilzunehmen (Bericht vom Lauf gibt es hier). Meine Einladung zum Event war unter anderem damit verbunden, dass mir der Adidas Terrex Agravic Flow 2 GTX für einen Test zur Verfügung gestellt wurde. Da ich vorher noch keine Berührungspunkte mit Trailschuhen von Adidas hatte, war ich sehr gespannt, wie das erste „Kennenlernen“ ablaufen würde.
Wenn man nach dem Urteil unserer Kolleg*innen geht, stellt man fest, dass die Agravic-Reihe bisher nicht wirklich überzeugen konnte. Weder der Agravic Ultra (RTR Test) noch der Agravic Pro (RTR Test) konnte sich aus unserer Sicht gegen die Konkurrenz durchsetzen. Beide fühlten sich schwer und klobig an und hatten Probleme beim Obermaterial. Kann der Agravic Flow 2 GTX also diesen Trend durchbrechen?
Pro & Contra
Pro:
Johannes: Hohe Verarbeitungsqualität
Johannes: Sehr gute Traktion – auch auf technischen Trails
Contra:
Johannes: Steife Mittelsohle, die wenig Energie zurückgibt
Johannes: Vor allem im Vorfuß wenig Dämpfung trotz vergleichsweise hohem Gewicht
Johannes: Hoher, steifer Fersenkragen drückt auf die Achillessehne
Daten
Gewicht:
Herstellerangaben: 340g (Herren EU 42,5 / US 9) / 300g (Damen EU 40 / US 8)
Testschuhe: 370g (Herren EU 45 / US 11)
Sprengung: 8 mm (20 mm Vorfuß / 28 mm Ferse)
Release: Verfügbar ab sofort im Fachhandel und bei Runningwarehouse EU (160€)
Link zum original RTR-Test des Adidas Terrex Agravic Flow 2: HIER
Link zu allen RTR-Testberichten: HIER
Erster Eindruck, Obermaterial und Passform
Mein erster Gedanke beim Anziehen des Schuhs: „Den muss man eintragen.“ Das bezog sich sowohl auf die Mittelsohle als auch das Obermaterial, die bei der Anprobe beide steif wirkten. Damit steht das Tragegefühl im Gegensatz zum Namen des Schuhs und der verspielten Farbgebung. Aber erste Eindrücke können bekanntlich täuschen. Daher nahm ich mir fest vor, den Agravic Flow 2 GTX nicht zu schnell abzuschreiben.
Was das Volumen angeht, passt mir der Flow 2 recht gut, obwohl ich mir wünschen würde, ein wenig mehr Platz für die Zehen zu haben. Der Mittelfuß ist durch die eng anliegende Passform sehr gut fixiert. Ich habe zu keiner Zeit das Gefühl, im Schuh zu rutschen. Durchaus auffallend ist der hohe Fersenkragen, der bereits beim ersten Hineinschlüpfen Druck auf die Achillessehne ausübt. Ich hatte im Lauf des Tests zwar keine größeren Probleme, weiß aber von anderen Tester*innen, dass sich hier Druckstellen ergeben können.
Das abriebfeste, wasserdichte Mesh mit GORE-TEX Futter leistet genau das, was es verspricht: Nach ca. 50 Kilometern auf teilweise technischen, nassen Trails und Wanderwegen mit Bachdurchquerungen stelle ich keinerlei Abrieb fest und meine Füße sind bisher stets trocken geblieben. Durch die zusätzliche GORE-TEX Membran ist der Schuh nicht sehr atmungsaktiv, was aber zu erwarten ist. Dass das Material einen Recycling-Anteil von 50 Prozent hat, ist heutzutage kein Alleinstellungsmerkmal mehr, aber dennoch erfreulich.
Mittelsohle
Die Zwischensohle des Agravic Flow 2 besteht aus Lightstrike, dem EVA-Schaum, der Boost mittlerweile in vielen Adidas Schuhen ersetzt, beziehungsweise ergänzt hat. Im Mittelfuß finden wir die unter anderem im Hiking-Bereich eingesetzte Pro-Moderator Technologie, die das Fußgewölbe unterstützen und für Stabilität sorgen soll. Ob man diese Konstruktion mag, hängt davon ab, wieviel Unterstützung man sich von einem Schuh wünscht. Ich habe sie als weder besonders hilfreich noch als störend wahrgenommen.
Vor allem im Vorfuß ist die Mittelsohle aufgrund der niedrigen Stapelhöhe (20 mm) recht hart. Der Agravic Flow 2 ist kein Schuh, der sich über seine Dämpfung definiert – dafür ist nicht genug Lightstrike verbaut. Zum Tragekomfort trägt die Mittelsohle also leider nicht viel bei. Die Sohlenkonstruktion ist allerdings sehr stabil und auch auf technischen Streckenabschnitten absolut zuverlässig.
Außensohle
Damit kommen wir zum stärksten Aspekt des Agravic Flow 2: Seine Außensohle aus Continental Gummi. Die Stollen decken fast die gesamte Auftrittsfläche ab und sind 4mm lang. Es gibt keine größeren Aussparungen in der Sohle, was das Risiko minimiert, dass sich Steine sammeln, wie es teilweise beim Agravic Ultra der Fall ist.
Unter anderem beim Adidas Infinite Trails Race, inklusive anschließendem Urlaub in den ostösterreichischen Alpen konnte ich die Außensohle einem Stresstest unterziehen. Dabei hat der Agravic Flow 2 hervorragende Traktion auf nassen und teilweise technischen Trails bewiesen. Meiner Erfahrung nach ist Continental Gummi sehr beständig. Daher nehme ich an, dass mir der Schuh noch einige hundert Kilometer erhalten bleiben wird.
Laufgefühl
Was das Laufverhalten angeht, kann man den Agravic Flow 2 leider nur mit einem Wort beschreiben: Steif. Ein Rocker-Effekt ist vorhanden und trägt einigermaßen dazu bei, diese Steifheit abzumildern. Ein gewisses, sperriges Gefühl bleibt dennoch zurück. Während die Pro-Moderator Technologie dem Fuß definitiv ein Gefühl der Sicherheit und Stabilität vermittelt, macht sie den Abrollvorgang nicht unbedingt gleichmäßiger.
Vor allem im Vorfuß würde ich mir ein wenig mehr Dämpfung wünschen. Beispielsweise hat der Agravic Ultra hier einen Boost Einsatz, der Komfort und Energierückgabe erhöht und das Laufgefühl aufwertet. Eine ähnliche Konstruktion hätte ich mir auch im Flow 2 gewünscht. In puncto Komfort soll hier auch erwähnt sein, dass der hohe Fersenkragen Druck auf die Achillessehne ausübt. Glücklicherweise hat das für mich bisher keine Schwierigkeiten nach sich gezogen.
Zusammenfassung und Empfehlung
Durch die angesprochenen Schwachpunkte fällt es mir schwer, eine Anwendung für den Agravic Flow 2 zu finden. Für kurze, Strecken, auf denen ich schneller unterwegs sein will, ist er mir zu sperrig. Durch den fehlenden Tragekomfort kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen, lange Strecken wie einen Trailmarathon darin zu laufen. Wer sich nicht an seinem steifen Charakter stört, könnte in dem Schuh einen Partner für langsame, technische Läufe finden.
Aus meiner Sicht eignet sich der Agravic Flow 2 GTX mit der Pro-Moderator Technologie, der bewährten Continental Außensohle und der GORE-TEX Membran am besten als leichter Wanderschuh. Aspekte des Schuhs, die ich auch gerne in der nächsten Iteration sehen würde, sind seine hervorragende Traktion und sichere Passform. Wenn der Agravic Flow 3 jedoch ein echter Wettbewerber im Laufsportbereich sein will, denke ich, dass er um eine Neukonzeption nicht herumkommen wird.
Wertung
7.9/10
Laufgefühl: 7 – Tragekomfort, Dämpfung und Energierückgabe bleiben auf der Strecke
Passform: 7 – Guter Halt, schmal, mit Abzügen für den hohen, steifen Kragen
Preis-Leistung: 8.5 – Angemessener Preis für einen langlebigen, funktionalen Schuh
Traktion: 9.5 – Hervorragend unter allen getesteten Bedingungen
Schutz: 9 – Trotz niedriger Stapelhöhe spürt man nicht viel vom Untergrund
Stil: 10 – Was kann ich sagen, Neongrün mit Korall ist definitiv mein Ding
Vergleiche
Adidas Terrex Speed Ultra
Der Speed Ultra ist viel leichter, flexibler, wendiger und näher am Boden gebaut. Der Torsionseinsatz des Speed Ultra unter dem Fußgewölbe ist nicht so deutlich spürbar wie die Pro-Moderator Technologie des Flow 2. Der Flow 2 hat dafür tiefere Stollen und damit möglicherweise eine bessere Traktion in lockerem Terrain. Der Speed Ultra ist der Schuh für den Wettkampf, während der Flow 2 eher ein Trainingsschuh ist. (RTR Test)
Adidas Terrex Agravic Ultra: Das Laufgefühl der beiden Schuhe ist sehr ähnlich. Der Ultra fühlt sich noch ein bisschen schwerfälliger an und ist sehr auf seine Platte angewiesen, was den Antrieb angeht. Der Flow 2 fühlt sich ein bisschen schneller an, aber das Gewicht der beiden Schuhe hält sie definitiv zurück. Beide Schuhe haben ähnliche Probleme mit einem steifen Kragen. (RTR Test)
Brooks Catamount: Ähnlich, mit einem recht rauhen Laufgefühl, aber die Mittelsohle des Catamount ist ziemlich reaktionsfreudig und schnell auf ebenen Trails. Ich bin kein großer Fan der Passform des Catamount – hier hat der Flow 2 für mich die Nase vorn. Der Catamount ist fast 60 Gramm leichter und daher einfach schneller. (RTR Test)
Hoka Torrent 2: Der Torrent 2 scheint der Schuh zu sein, der der Flow 2 sein will. Der Torrent ist ganze 70 Gramm leichter. Zwar hat er auf dem Papier weniger Dämpfung, fühlt sich in dieser Beziehung aber komfortabler an als der Flow 2. (RTR Test)
Saucony Xodus Ultra: Mein Trailschuh des Jahres ist bisher der Saucony Xodus Ultra. Der Agravic Flow 2 ist in vielerlei Hinsicht dessen Antithese. Wo der Xodus Ultra weich und federnd ist, ist der Flow 2 hart und steif. Auch ist der Saucony satte 60 Gramm leichter bei 6 mm mehr Dämpfung im Vorfuß. Die einzige Kategorie, in der der Flow 2 besser ist, ist die Traktion, obwohl der Xodus Ultra auch hier nah dran ist. (RTR Test)
Link zum original RTR-Test des Adidas Terrex Agravic Flow 2: HIER
Link zu allen RTR-Testberichten: HIER
Tester: Johannes Klein
Im Sommer 2020 bin ich als langjähriger Fan, der zum Tester wurde, zur RTR-Truppe gestoßen. Ich lebe in der Nähe von Karlsruhe, wo ich treffenderweise meinen ersten Wettkampf als Teil der Teamstaffel beim Baden-Marathon gelaufen bin. Dort habe ich meine Leidenschaft für den Laufsport entdeckt und der Rest ist Geschichte. Derzeit laufe ich 30-50 km in der Woche und bin dabei, mich auf den Halbmarathon Freiburg vorzubereiten, mit einer Zielzeit von 1:40h. Allgemein bin ich die meiste Zeit draußen zu finden, beim Wandern, im Garten oder Streetball Spielen.
Mein liebstes Inside-Hobby ist Kochen. Was Laufsporttrends angeht, habe ich in meiner Zeit als Verkäufer in der Sportabteilung eines namhaften Modehauses eine leichte Besessenheit entwickelt, die mich wahrscheinlich den Rest meines Lebens begleiten wird.
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Diese Testmuster wurden kostenfrei von Adidas zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus haben die Autoren keine Vergütung oder Gegenleistung erhalten. RoadTrailRun hat Affiliate-Partnerschaften und kann Provisionen für Produkte erhalten, die über Affiliate-Links in diesem Artikel gekauft werden. Diese Partnerschaften haben keinen Einfluss auf unseren redaktionellen Inhalt. Die Meinungen in diesem Artikel sind ausschließlich die der Autoren.
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