Article by Johannes Klein & Nils Scharff
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ASICS Metaracer (200€)
Einleitung
Johannes: Der ASICS Metaracer wurde zwei Jahre lang von Teams in Japan und Boston entwickelt und ist der sorgfältig überlegte Einstieg der Marke in das Wettrennen der Super-Rennschuhe. Das Merkmal des Metaracer, das am meisten heraussticht, ist eine Karbonplatte, die im Bereich des Vorfuß direkt unter der Mittelsohle sitzt.
Der Metaracer ist der erste „Karbonschuh“, den ich tragen durfte. Daher verlasse ich mich beim Vergleich zu seinen Konkurrenten vor allem auf die Meinung meines geschätzten Kollegen Nils.
Durch meine Unvertrautheit mit dieser Art von Schuh bin ich relativ unvoreingenommen ans Testen gegangen. Natürlich habe ich die Rezensionen zu vergleichbaren Modellen anderer Hersteller verfolgt, um mir ein Bild des Markts zu verschaffen.
Spoiler: Der Metaracer hat einige, aber nicht alle meiner Erwartungen erfüllt. Wo die Stärken und Schwächen des Schuhs liegen, haben Nils und Ich im Folgenden für euch herausgearbeitet.
Nils: Der Metaracer ist ASICS lang erwarteter Einstieg in die Welt der Wettkampfschuhe mit Karbonplatten. Dieser Schuh wird sich mit Next%, Endorphin Pro etc. messen lassen müssen. Spannenderweise geht ASICS jedoch einiges anders an, als die Konkurrenz. Allen voran die Platzierung der Karbonplatte direkt über der Außensohle ist ein Novum, auf das ich sehr gespannt bin. Ebenso gespannt bin ich tatsächlich auch auf Johannes Reaktionen und Meinungen, da er ein Karbonschuh-Novize ist. Ich bin im Vergleich dazu schon einige der aktuellen Modelle gelaufen und kann deshalb vielleicht besser vergleichen. Gleichzeitig bin ich deshalb aber vermutlich auch voreingenommener und deshalb sehr gespannt, wie sich unsere Eindrücke decken oder eben auch unterscheiden.
Pro & Contra
Pro:
Johannes: Das Obermaterial ist top!
Johannes: Für effektive LäuferInnen ist der Metaracer ein sehr geschmeidiger Temposchuh
Nils: Eins der besten Obermaterialien des Jahres!
Nils: Einer der besten Schuhe für heiße Tage!
Nils: Sehr fein abgestimmtes Laufgefühl!
Nils: Smooth!
Nils: Leicht!
Contra:
Johannes: Außensohle lässt in puncto Grip zu wünschen übrig
Johannes: Wer nicht auf dem Fußballen aufkommt, wird den 200-Euro-Schuh nicht effektiv nutzen können
Nils: Eingeschränktes Nutzungsprofil trotz hohen Preises!
Nils: Schlechte Traktion - nur bei trockenem Wetter auf Asphalt laufbar!
Nils: Instabiler Fersenbereich!
Nils: Starke Abnutzungserscheinungen an der Ferse nach schon 50km!
Tester: Johannes Klein
Johannes studiert in Mannheim und hat 2016 bei der Teilnahme am Baden-Marathon in Karlsruhe (Teamstaffel) seine Leidenschaft für das Laufen entdeckt. Dort stellte er fest, dass die 14 Kilometer, in die er sich mehr oder weniger unvorbereitet stürzte, doch nicht so schlimm waren wie erwartet. Wenn er nicht gerade die nächste persönliche Bestzeit jagt (Aktuelle Zielsetzung: 10km in unter 40min), ist er wahrscheinlich sonst irgendwo draußen zu finden, beim Wandern, Basketball spielen, oder Spazieren an der Rheinpromenade. Außer Feldwegen und Straßen macht er seit gut einem Jahr mindestens einmal in der Woche auch die Mittelgebirge der Region unsicher, um seine Trail-Beine für den nächsten Halbmarathon in Heidelberg (600 Höhenmeter, persönliche Bestzeit: 1:50) auf Vordermann zu bringen. Seit Johannes in einem Mannheimer Sportgeschäft Laufschuhe verkauft hat, hat er ein kleines Schuhproblem entwickelt und ist immer auf der Suche nach heißer Ware, die er auf Herz und Nieren prüfen kann.
Außerdem ist er Pflegevater von zwei Katzen - ein Hobby, das ihm sehr am Herzen liegt und ihn (hoffentlich) für immer begleiten wird, genau wie der Laufsport.
Tester: Nils Scharff
Ich bin 30 Jahre jung, gebürtig aus Kassel, verheiratet mit einer wunderbaren Ehefrau und mache seit mittlerweile 5 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Als Läufer sehe ich mich seit erst drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Firmenlauf, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört. In 2017 waren es „nur“ knapp 1000 Laufkilometer, in 2018 das Doppelte, 2019 schon das Dreifache. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit vier Marathons gelaufen, die PB von 3:14:49h habe ich dieses Jahr trotz Corona im Rahmen eines #stayathomemarathons aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (17:41min), 10km (37:33min) über Halbmarathon (1:25:07h) bis eben zum Marathon. Nachdem jedoch alle meine geplanten Wettkämpfe diesen Sommer abgesagt wurden, habe ich mich etwas umorientiert und zu meinem ersten Trail-Marathon angemeldet. Deshalb standen zuletzt mehr Berge, Trails und Trailschuhe auf dem Programm.
Daten
Gewicht
Offiziell: 190 Gramm
Testschuhe: 232 Gramm (Herren EU 45 / US 11), 212 Gramm (Herren EU 44 / US 10)
Sprengung: Herren 9mm (15mm Vorfuß / 24 mm Ferse)
Release: Verfügbar im Fachhandel ab sofort für 200 €
Erster Eindruck und Passform
Johannes: Der Metaracer ist ein Schuh von eleganter, einfacher und funktionaler Schönheit! Die rot-orangene Farbgebung knallt richtiggehend und sieht genauso in der Hand aus, wie auf den Fotos. Beim Einstieg erinnerte er mich sehr an den Nike Zoom Streak, vor allem aufgrund des dünnen, gut belüfteten Obermaterials und seiner Leichtigkeit am Fuß. Er ist relativ eng anliegend im Mittelfuß, besonders über der Oberseite, aufgrund des geringen Volumens und der umfangreichen Schnürung. Zur Zehenbox hin wird der Schuh wieder etwas (aber nicht viel!) weiter, was ihm den typischen Charakter eines sicher sitzenden Racing Flats gibt.
Alles in allem weiß man sofort, was man vom Metaracer zu erwarten hat: Tempo, Tempo, Tempo.
Nils: Wenn man den ASICS Metaracer das erste Mal aus dem neuen, umweltfreundlichen ASICS Schuhkarton holt, schreit einen die aggressive Farbe regelrecht an! Ich weiß gar nicht wie ich es betiteln soll. Rot ist falsch und orange ist lange nicht kraftvoll genug. Neon-orange? Neon-lachs? Ganz egal - sieht auf jeden Fall hammer aus!!! Von der Farbe abgesehen ist das Design schlicht, klassisch und sieht einfach nur richtig schnell aus! Allein der Placebo-Effekt, wenn man diesen Schuh zum Wettkampf trägt, wird ein paar Sekunden wert sein.
Wenn man den Schuh in die Hand nimmt, fühlt er sich auch super leicht an. Ein Blick auf die Waage bestätigt dies: 212g in meiner ASICS Standardgröße EU44 / US10. Gleichzeitig wirkt der Schuh aber auch ungewohnt robust für einen so leichten Wettkampfschuh. Hier scheint sich wieder zu bewahrheiten, dass die Japaner Schuhe für die Ewigkeit bauen. Auch die Verarbeitungsqualität ist herausragend. Man sieht keinen Kleberand, keinen Faden, nichts. Die Passform ist so wie man es von einem Wettkampfschuh erwartet. Relativ wenig Volumen im Mittelfuß für einen bomben festen Sitz. Die zusätzlichen Löcher für die Marathonschnürung scheinen mir hier überflüssig zu sein. Die Zehenbox dürfte einen Tick weiter sein, ist aber auch nicht einengend.
Die ersten Schritte durch die Wohnung bestätigen dann die Erwartungen: Der Schuh scheint im Vorfuß relativ steif zu sein - jedenfalls ohne den Druck der bei höheren Geschwindigkeiten aufkommt - und “kippt” in jeden neuen Schritt. Gleichzeitig ist die Ferse, die ohne Platte und mit nur wenig Sohlengummi daherkommt, ziemlich weich zu sein. Ich bin gespannt, wie das mit meiner Überpronation funktionieren wird und ob es ggfs. Einfluss auf die Haltbarkeit haben wird.
Obermaterial
Johannes: Das Obermaterial des Metaracer wurde entworfen, um den Luftstrom im Schuh und die Feuchtigkeitsabgabe zu maximieren. Laut Untersuchungen von ASICS kann eine Reduzierung der Fußtemperatur die Herzfrequenz um 1-3 Schläge pro Minute senken.
Die einzige Verstärkung, abgesehen vom Logo, ist eine Mittelfußunterlage. Die diagonalen Belüftungslinien helfen dabei, den Fuß zu kühlen, und ich denke, sie haben auch einen Hauch von Nachgiebigkeit für verschiedene Fußvolumina.
Abgesehen von der Entlüftung ist das Obermaterial eines der seltenen, die am Fuß fast komplett unmerklich sind, sobald man die Schnürung an die individuellen Bedürfnisse angepasst hat. Hier ein kleiner Tipp: Man muss die Schnürsenkel nicht wirklich fest anziehen, um sicheren Halt zu haben, da das Material im Mittelfuß bereits ohne Schnürung eng anliegt. Sobald ich unterwegs war, funktionierte alles hervorragend zusammen: Schnürung und Mesh ergeben zusammen ein Obermaterial, das perfekt harmoniert. Das einzige Manko, das mir bisher aufgefallen ist: Die hervorragende Belüftung kann bei Temperaturen unter 10 Grad ein wenig nach hinten losgehen und die Füße kalt werden lassen. Zu erwähnen ist außerdem, dass die bereits angesprochene, gute Ventilation dafür sorgt, dass der Schuh auch schnell Wasser aufnimmt. Zugegeben, durch seine Bauweise gibt der Metaracer ein gewisses Maß an Feuchtigkeit schnell wieder ab, aber natürlich nicht das Wasser, das die Socken schon aufgenommen haben. Abgesehen davon habe ich am Obermaterial aber nichts auszusetzen.
Nils: Da Johannes hier schon einen Rundumschlag gelandet hat, habe ich nur noch ein paar Ergänzungen. Zum einen fühlt sich das Obermaterial wie schon in der Einleitung angedeutet sehr robust an. Wenn man in den Schuh schlüpft, resultiert das zunächst in einem eher rauen und steifen Gefühl. Ich laufe meine Schuhe normalerweise nicht barfuß - wer das jedoch tut, sollte diesen Punkt im Hinterkopf haben, wenn er/sie sich für den Metaracer interessiert. Im Fersen- und Einstiegsbereich ist ausreichend Polsterung vorhanden um vor den Nähten und Blasenbildung zu schützen. Aber im Mittel- und Vorfußbereich ist definitiv nichts mehr auf Komfort getrimmt. Eine richtig Fersenkappe gibt es im übrigen nicht. Zentral wird die Ferse von eine Naht sowie den zugehörigen Übernähern bzw. Auf der Innenseite dem angesprochenen Polster verstärkt. Drumherum gibt es einen relativ flachen Fersenkäfig der auf der Innenseite aus einem suede-artigen Material zu bestehen scheint. Dieser gibt etwas halt, ist jedoch beim besten willen nicht fest zu nennen. Hier würde ich mir ein wenig mehr Stabilität wünschen um der weichen Ferse etwas entgegenzuwirken (aber dazu später mehr).
Auch die Schnürsenkel tragen zum steifen Gefühl bei. Diese sind augenscheinlich gewachst oder fühlen sich zumindest so an. Dadurch halten sie die Passform perfekt. Gleichzeitig lässt sich die Schnürung deshalb aber auch relativ schwergängig einstellen und nach dem Lauf lösen. Wenn man aber Mal zwei Minuten in die perfekte Einstellung gesteckt hat (das mache ich vor einem Wettkampf sowieso) verschwinden sowohl Schnürsenkel, als auch Obermaterial am Fuß und ebenso aus dem Kopf. Hier braucht man sich nach 40km keine Gedanken machen, ob sich denn etwas löst oder ob sich der Sitz im Laufe des Laufes verschlechtern wird.
Die Zunge ist tatsächlich nicht seitlich mit dem Rest des Schuhs vernäht, hält ihre Position jedoch trotzdem perfekt. Sie ist aus dem gleichen, sehr luftigen Mesh wie der Rest des Schuhs gefertigt, jedoch durch eine Art Querrippen zusätzlich leicht gepolstert. Im oberen Bereich ist sie zudem verstärkt und auf der Innenseite für weniger Reibung mit einer feineren Stoffschicht überzogen.
Obwohl das jetzt doch mehr Punkte waren als ich initial dachte, ist das Obermaterial des ASICS Metaracer für mich ein Meisterwerk! Es steht meinem bisherigen Favoriten in dieser Kategorie - adidas Celarmesh aus dem Adizero Pro - in nichts nach. Celarmesh ist filigraner, im ASICS Material scheint mir der Luftfluss aber noch durchdachter und effizienter zu sein und länger halten wird es vermutlich auch. Ich muss Johannes auch an dieser Stelle widersprechen: Ich hatte noch nie kalte Füße beim laufen, selbst wenn ich auf 2000m in einem halben Meter Schnee rumgeturnt bin. Mehr Belüftung ist meiner Ansicht nach also immer besser.
Mittelsohle
Johannes: Der Metaracer hat dieselbe Art von Flytefoam, die im Nimbus Lite verwendet wird. Es ist ein Schaum mit Cellulose-Nanofasern, die aus wiederverwendeten Zuckerrohrresten hergestellt werden. Die Nanofasern machen den Flytefoam leichter und sorgen für (ein wenig) mehr Sprungkraft, sowie zusätzliche Haltbarkeit. Die Vorfußdämpfung wird bei schnelleren Geschwindigkeiten zunehmend federnder, was allerdings weniger am Flytefoam, als an der Karbonplatte liegt, die nur im Mittel- bis Vorfuß liegt. Bei langsameren Geschwindigkeiten, bei denen man mehr im Fersenbereich oder Mittelfuß aufkommt, gibt die Sohlenkonstruktion deutlich weniger Energie zurück. Der hintere Teil der Mittelsohle umschließt, wie beim Glideride und Evoride, die Ferse und soll so die Bewegung der Unterschenkel und des Knöchels verringern. Dieser Effekt ist mir allerdings bisher nicht unbedingt positiv aufgefallen. Die Karbonplatte ist mit breiteren Flügeln auf der Innenseite versehen, um dem Fuß zusätzliche Führung zu geben. Da die Platte direkt über der Außensohle sitzt, ist im Lauf wenig von ihrer Härte zu spüren, was positiv zu vermerken ist.
Nils: Die Mittelsohle des ASICS Metaracer ist im Vergleich zu den Marathonschuhen der Konkurrenz um einiges weniger gedämpft. ASICS gibt die Stapelhöhe mit 15mm im Vorfuß und 24mm im Fersenbereich an, was weniger ist, als ich auf längeren Läufen eigentlich bevorzugen würde. ASICS geht die Sache mit der Karbonfaserplatte aber auch ganz anders an, als es Nike, Saucony usw. tun. Bei den anderen Herstellern ist die Platte zwischen zwei Schichten des Mittelsohlenschaums platziert. Sie ist somit relativ nah am Fuß und in der Folge meist auch gut spürbar - auch in Form von Härte unter dem Fuß und nicht nur bzgl. des gewünschten Vorschubs. Im ASICS Metaracer sitzt die Platte jedoch unter der Mittelsohle - nach unten lediglich von der Außensohle geschützt. Und das reduziert die bei der Konkurrenz spürbare Härte fast zu Einhundert Prozent. Trotzdem erfüllt die Platte an dieser Stelle nach wie vor ihren Zweck. Sie stabilisiert den Vorfußbereich und verstärkt die gebogene Form der Mittelsohle. ASICS nennt das Guidesole-Technologie und behauptet, dass so die Ermüdungserscheinungen in der Wadenmuskulatur um bis zu 20% reduziert werden. Ob das stimmt, kann ich wie immer bei solchen Behauptungen nicht sagen. Die strukturgebende Funktion der Platte ist aber definitiv spürbar und aufgrund des sehr weichen Mittelsohlenmaterials auch notwendig. Die verwendete, nachhaltigere Flytefoam Variation ist sehr nachgiebig und federt sehr schön. Ohne die Platte wäre sie mir aber höchstwahrscheinlich zu weich und instabil.
Die Sohlenplattform ist leicht asymmetrisch geformt und in der Ferse verhältnismäßig schmal. Das führt leider dazu, dass man vor allem im Mittelfuß mehr oder minder neben der Sohle steht. Für den Durchschnittsläufer mit guter Laufmechanik ist das vermutlich kein Problem. Für mich ist es jedoch eine von mehreren Kleinigkeiten, die den ASICS Metaracer meine leichte Überpronation im rechten Fuß verstärken lässt. Solltet ihr ebenfalls am Knöchel leicht nach innen wegknicken, gibt es vermutlich Schuhe auf dem Markt, die besser für euch geeignet sind als der ASICS Metaracer.
Außensohle
Johannes: Die Außensohle des Metaracer besteht im Bereich der Ferse aus entblößtem Flytefoam (bis auf zwei seitliche Gummistreifen), und im Mittel- bis Vorfußbereich aus ASICS Grip- Gummi, das sich lückenlos unter der Mittelsohle erstreckt. Der Hauptgrund dafür ist wahrscheinlich die Positionierung der Karbonplatte, die direkt über dem Gummi sitzt. Die Kerben im Gummi, die für mehr Felxibilität sorgen sollen, sind nicht sehr tief, tun aber ihren Job. Die Außensohle ist bei trockenen Bedingungen sehr effektiv in Bezug auf den Grip. Da Nils und ich den Schuh im September bekommen haben, als es wieder etwas regnerischer wurde, hatten wir die Möglichkeit, ihn auch bei nassem Wetter auf Herz und Nieren zu prüfen. Leider hat für mich der Grip auf nasser Straße etwas zu wünschen übrig gelassen. Generell würde ich es aus Sicherheitsgründen nicht empfehlen, mit dem Metaracer auf glatten, nassen Untergründen zu laufen. Auch bin ich ein wenig besorgt, was die Haltbarkeit des Gummis angeht. Nach circa 35 (schnellen) Kilometern sehe ich seitlich bereits eine Abnutzung des Gummis.
Was die Außensohle angeht, hat der Metaracer also noch Luft nach oben.
Nils: Ich sehe das genauso wie Johannes. Die Außensohle ist vermutlich die größte Schwachstelle des ASICS Metaracer. Zum einen bedingt die Positionierung der Platte, dass der mehr Gummi im Vor- und Mittelfuß verwendet werden musste, als normalerweise notwendig wäre. Das hätte andernfalls noch einiges an Gummi und Gewicht eingespart werden können. Zum anderen ist trotz des vielen Sohlengummis der Grip auf nasser Straße eher bescheiden. Als Wettkampfschuh würde ich den ASICS Metaracer deshalb nur bei besten Bedingungen, also auf trockenem Asphalt empfehlen. Nässe mag er dagegen genauso wenig wie Laub, Sand oder Schotter. Vielleicht wären ein paar Einschnitte in der Sohle, um etwas Profil zu schaffen, hilfreich gewesen.
Und was im Vorfuß zu viel des Guten ist, fehlt mir tatsächlich im Fersenbereich. Hier haben wir nur zwei kleine Gummi-Applikationen und diese bieten mir weder genug Stabilität, noch schützen sie das entblößte Flytefoam-Material vor Abrieb. Auf der medialen Seite der Ferse habe ich schon einiges davon wegradiert und das nach gerade mal 51km. So robust das Obermaterial ist, so anfällig scheint also die Unterseite des japanischen Boliden zu sein. Vielleicht verstärke ich das Problem auch durch meine Überpronation, aber ich sehe nicht, wie ich mehr als 300km aus dem Schuh bekommen soll, bevor ich die Ferse komplett auseinanderfällt. Und das obwohl ich beim besten Willen kein Schwergewicht bin! Das ist für 200€ UVP leider relativ enttäuschend.
Laufgefühl
Johannes: Die Karbonplatte im Metaracer ist zwar spürbar, aber nicht drastisch oder hart - es ist eigentlich eine ziemlich reibungsloses Laufgefühl mit einem deutlichen Abrolleffekt an der Fußspitze. Wenn ich das Karbon-Gefühl beschreiben sollte, würde ich es wahrscheinlich am ehesten mit dem Wort „unauffällig“ tun. Die Wirkung der Platte wird mit steigender Geschwindigkeit größer, was dem Schuh einen eindeutigen Charakter verleiht.
Die empfindliche Balance, von der das Laufgefühl des Metaracer lebt, ist zugegebenermaßen nur schwer in Worte zu fassen. Zu Vergleichszwecken habe ich bei zwei meiner Läufe absichtlich weniger darauf geachtet, auf dem Fußballen zu landen. Das Ergebnis war eine spürbare Barriere im Mittelfuß, die ich zunächst überwinden musste.
Fest steht, dass sich der Schuh bei langsameren Geschwindigkeiten gänzlich anders verhält, als bei Tempoeinheiten. Der entblößte Flytefoam im Fersenbereich entfaltet einfach sehr viel weniger Wirkung, was die Federung angeht, als die Platte und das Gummi, das im Vorfuß so positiv auffällt.
Nils: Ich bemühe mich wirklich Anglizismen in diesen Testberichten weitestgehend zu vermeiden, aber “smooth” ist einfach der passendste Begriff, der mir zum ASICS Metaracer einfällt. Sobald man aufs Tempo drückt funktioniert das Zusammenspiel aus Mittelsohlengeometrie (Guidesole-Technologie) und Karbonplatte wirklich hervorragend. Wenn ich es mit einem deutschen Wort versuche, lande ich bei “mühelos”. Und genau das ist es ja, was man von einem Wettkampfschuh erwartet. Er soll es dem Läufer leicht machen, seine Leistung abzurufen. Dabei ist ein Vorschub der Platte kaum zu spüren. Dieser ist definitiv vorhanden, geht aber viel mehr im gesamten Laufgefühl unter. Einen leichten “Pop” spürt man am ehesten am Ende des Abrollvorgangs. Visuell kann man sich vorstellen, dass an der Stelle der einzigen Flexkerbe im Vorfuß die Karbonfaserplatte ihre Wirkung entfaltet. Alles ist sehr fein aufeinander abgestimmt. Auch die Stabilität stimmt, solange man über den Vorfuß läuft.
Sobald Kraft und / oder Konzentration nachlassen und mehr über die Ferse gelaufen wird, verschwindet sowohl die Stabilität, als auch das fein abgestimmte Laufgefühl. Das liegt an der Kombination aus schmaler Fersenplattform, keinem Außensohlengummi auf der medialen Seite der Ferse, keiner durchgehenden Karbonfaserplatte und eher weichem Fersenkäfig. All diese Faktoren zusammen lassen mich regelrecht in Überpronation hineinfallen sobald ich langsamer oder über die Ferse laufe.
Zusammenfassung und Empfehlung
Johannes: Der Metaracer zeichnet sich durch sein fantastisches Aussehen und ein funktionales Obermaterial aus. Die niedrige Stapelhöhe von 24/15 mm ist im Vergleich zu den anderen Super-Wettbewerbsschuhen auf dem Markt sicherlich etwas altmodisch, doch irgendwie schafft es ASICS trotzdem, die Karbonplatte in eine Dämpfung zu packen, die für alles vom 5 Kilometer-Lauf bis zum Halbmarathon ausreichend sein sollte.
Flytefoam ist leider auch in der leicht abgeänderten Version, die wir hier antreffen, relativ schwer und definitiv kein Superschaum, was die Energierückgabe angeht.
Wer, wie vom Hersteller ohne Zweifel beabsichtigt, mit hoher Schrittfrequenz und auf dem Fußballen läuft, wird definitiv seine Freude an einem gleichmäßigen, dynamischen Laufgefühl haben. Zwischen 3:15 (mein Top-Speed) und 4:30 min / km fühlt sich der Schuh und damit auch der / die Läufer / -in am wohlsten. Längere Strecken würde ich im Metaracer nicht angehen, da ich nicht das Tempo aufrechterhalten könnte, das vonnöten wäre, um den 200-Euro-Schuh hier voll auszukosten.
Je schneller er gelaufen wird, desto zielstrebiger und auch stabiler läuft sich der Metaracer. Und das ist vollkommen in Ordnung, da es sich um einen Schuh handelt, der nicht vorgibt, eine große Bandbreite an Geschwindigkeiten oder Entfernungen für den durchschnittlichen Läufer zu bieten.
Mit ein wenig mehr Stapelhöhe und einem weiterentwickelten Schaum würde ASICS neuer Superschuh jeoch deutlich vielseitiger werden, was sich auch in meiner Bewertung widerspiegelt.
Nils: Wenn aktuell irgendwo 5km oder 10km Wettkämpfe auf (trockenem) Asphalt stattfinden würden, wäre der ASICS Metaracer vermutlich mein Schuh der Wahl. Denn so lange kann ich Geschwindigkeit und Konzentration aufrechterhalten, um das tolle Laufgefühl des ASICS Metaracer zu genießen. Doch schon für den Halbmarathon würde ich vermutlich zu einem Schuh mit mehr Stabilität greifen, bspw. bedingt durch eine durchgehende Karbonplatte. Dabei wäre eigentlich genug Dämpfung für deutlich weitere Strecken vorhanden. Wer keinen maximal gedämpften Schuh braucht, kann vermutlich sogar einen Marathon aus dem ASICS Metaracer herausholen. Die Positionierung der Karbonfaserplatte auf der Unterseite der Mittelsohle macht das möglich. Die fehlende Stabilität in der Ferse und die unzureichende Außensohle - die größten Schwächen des ASICS Metaracer - bedingen jedoch leider ein sehr eingeschränktes Nutzungsprofil. Deshalb kann ich ASICS Marathonschuh für Strecken jenseits der 10km nur dann empfehlen, wenn hervorragende Laufmechaniken und Stabilität im Sprunggelenk vorhanden sind. Hinzu kommt, dass die Außensohle weder bei Nässe noch bei anderen Untergründen außer Asphalt Sicherheit bietet. Und das ist so, so schade! Denn unter den richtigen Bedingungen läuft sich der Schuh wirklich toll. Wer also 200€ für einen 5-10km Wettkampfschuh ausgeben möchte und in eher trockenen Gefilden zu Hause ist, wird mit dem ASICS Metaracer viel Spaß haben. Für alle anderen gibt es vermutlich andere Alternativen, die ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.
Wertung
Johannes: 9/10 (-0,25 für fehlenden Grip auf nassem Untergrund, -0,25 für frühe Abnutzungserscheinung (Außensohle), -0,5 für fehlende Vielseitigkeit trotz hohem Preis)
Für eine 10/10 müsste ASICS die folgenden Änderungen am Metaracer vornehmen: Verteilung eines härteren Gummis über die gesamte Länge der Außensohle; Verwendung eines leichteren Mittelsohlen-Schaums (und davon mehr)
Wertung
Nils: 8,7/10 (-0,3 für schlechte Traktion auf allen Untergründen außer trockenem Asphalt, -0,3 für frühe Abnutzungserscheinung (Außensohle), -0,5 für fehlende Vielseitigkeit trotz hohem Preis, -0,2 für fehlende Stabilität in der Ferse)
So toll der Ansatz mit der Karbonfaserplatte auf der Unterseite ist und so gut der ASICS Metaracer unter guten Bedingungen auch performt - hier muss ASICS nochmal ran! Und das scheint man auch zu wissen, da die Elite Athleten schon wieder mit Ausnahmegenehmigungen neue Prototypen bei Wettkämpfen laufen (zuletzt gesehen beim London Marathon). Ich würde mir vor allem eine Überarbeitung der Außensohle wünschen. So könnten die meisten der genannten Probleme gelöst werden: Mit mehr Gummi an der Ferse würde mehr Stabilität gewährleistet und die Abnutzung reduziert werden. Mit einer profilreicheren Sohle und ggfs. einer anderen Gummimischung wäre der Schuh auch bei Nässe einsetzbar. Klingt eigentlich ganz einfach und macht mir deshalb Hoffnung für den Metaracer 2 - der kann dann ja noch vor Tokyo 2021 auf den Markt kommen.
Vergleiche
adidas Adizero Pro (RTR Review German)
Nils: Das ist meiner Meinung nach der engste Vergleich zum Metaracer. Beides sind Karbonschuhe mit eher weniger Dämpfung. Beide haben hervorragende Obermaterialien und laufen sich sehr smooth. Der Metaracer wiegt gut 20g weniger je Schuh, der Adizero Pro bringt jedoch eine um längen bessere Außensohle mit. Unter besten Bedingungen auf trockenem Asphalt ist der Metaracer für mich der minimal bessere Schuh, der Adizero Pro ist jedoch in viel mehr Situationen einsetzbar: Bei Nässe, auf Kies, Schotter, Rasen etc. pp. Zudem bietet er mehr Stabilität in der Ferse und das für 20€ weniger. Adizero Pro gewinnt für mich. Beide Schuhe 44 EUR.
Saucony Endorphin Pro (RTR Review German)
Nils: Der Endorphin Pro bietet durch seine durchgehende Karbonplatte und die bessere Außensohle viel mehr Stabilität - trotz der deutlich höheren Dämpfung. Auch das Dämpungsmaterial selbst ist im Endorphin Pro deutlich stärker einzuschätzen. Metaracer für 5 und 10km Wettkämpfe, Endorphin Pro für (Halb-) Marathon. Entscheidend ist aber zudem, dass der Endorphin die kurzen Distanzen auch kann, während ich beim Metaracer aus den genannten Gründen eher davon abraten würde. Metaracer 44 EUR, Endorphin Pro 44,5 EUR.
Nike Vaporflly Next % (RTR Review)
Nils: Der Nike Next% ist für jeden Schuh mit Karbonfaserplatte die Messlatte. Und während der Metaracer auf den kurzen Distanzen mithalten kann, würde ich bei allem ab Halbmarathon definitiv zum Next% greifen. Auch hier gilt wieder: Mit dem Next% hat man einen Wettkampfschuh für alle Distanzen, den Metaracer würd ich im Marathon dagegen nicht tragen wollen. Der Next% fühlt sich zudem schneller an. Hier merkt man die brachiale Gewalt der Karbonfaserplatte, im Metaracer wird sie dagegen fast versteckt. Metaracer 44 EUR, Next% 44,5 EUR.
Nike Vaporfly 4% (RTR Review)
Der Metaracer hat generell weniger Dämpfungswirkung als der Nike Vaporfly 4%, vor allem im Fersenbereich. Dafür ist der Metaracer ein wenig stabiler aufgrund seiner Plattform. Das Gefühl der Karbonplatte ist ähnlich. Für den Marathon hat der Vaporfly die Nase vorn, aufgrund der Sorge, im Metaracer müde zu werden, auf die weiche Ferse zu kommen und die Platte nicht ausnutzen zu können. Für den Halbmarathon ist der Metaracer der Schuh der Wahl.
Hoka Carbon X 2 (RTR Review)
Nils: Beides sind Schuhe mit Karbonplatte die stark mit der Sohlengeometrie arbeiten. Der Carbon X ist jedoch ungleich stärker gedämpft, dabei trotzdem härter und unnachgiebiger. Der Carbon X ist einer der stabilsten Wettkampfschuhe und deshalb hervorragend für Überpronierer geeignet, während für den Metaracer das Gegenteil gilt. Beide 44 EUR.
Brooks Hyperion Elite 2 (RTR English Review)
Der Brooks Hyperion verfügt über integrierte Stabilität, die dem ASICS fehlt (obwohl der Metaracer aufgrund einer festen Mittelsohle und der niedrigen Stapelhöhe per se nicht instabil ist). Trotz der etwas härteren Dämpfung denken wir, dass der Hyperion Elite für die meisten Läufer als kompetenterer Marathonläufer fungieren würde, während ihm umgekehrt die Geschwindigkeit auf der Kurzstrecke fehlt. Hier würde der Metaracer ins Spiel kommen. Wiederum lautet die Empfehlung: Brooks für den Marathon, ASICS für den Halbmarathon.
Reebok Floatride Fast (RTR Review)
Mit dem Floatride Fast hatten unsere Kollegen einige Probleme, wie beispielsweise das eher „stille“ Laufgefühl für einen Wettbewerbsschuh. Der Metaracer bietet aufgrund seines Rocker-Designs ein effizienteres Laufverhalten. Obwohl der Fast mehr Dämpfung hat, haben wir das Gefühl, dass beide vergleichbare vibrationsdämpfende Eigenschaften haben. Das Gewicht der beiden Schuhe ist nahezu identisch. Es kommt also darauf an, ob man mit der Karbonplatte des Metaracer zurechtkommt, die sich nicht über die gesamte Sohle erstreckt. Wer auf dem Fußballen landet und effizient läuft, wird aus dem Metaracer mehr Geschwindigkeit herausholen als aus dem Floatride Fast.
YouTube Playlist mit englischsprachigen Laufschuhtests HIER
Die Laufbiographien aller RTR-Tester könnt ihr hier lesen.
Die Schuhe, die Grundlage dieses Tests sind, wurden uns von ASICS kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind unsere eigenen.
Ich freue mich über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.
Um bestmöglich auf eure Fragen einzugehen, nennt nach Möglichkeit euer Laufpensum, Geschwindigkeiten, Renndistanzen und eure aktuellen Schuhe.
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