Artikel von Nils Scharff
Nike Structure 26 (140€)
Einleitung
Nike hat Anfang des Jahres angekündigt, seine Trainingsschuhe künftig in drei klar definierte Produktlinien („Silos“) zu unterteilen:
Pegasus: Der klassische Daily Trainer für die breite Masse.
Vomero: Die maximal gedämpfte Trainingsalternative.
Structure: Der Stabilitätsschuh für Läufer:innen, die zusätzlichen Support benötigen.
Innerhalb dieser Silos gibt es jeweils ein sogenanntes Hero-Modell – also die Standardversion des jeweiligen Schuhs – sowie ergänzend eine Plus- und eine Premium-Variante. Während die Plus-Modelle durch weichere, reaktivere Schäume wie ZoomX eine neue Dämpfungsdimension eröffnen, bringen die Premium-Modelle zusätzliche Technologien ins Spiel, etwa durch den Einsatz von Zoom Air-Elementen („Zoom Pods“), wie man sie bereits aus dem Pegasus Premium oder Vomero Premium kennt.
Im Fall des Nike Structure 26 liegt bislang nur das Hero-Modell vor – und genau dieses habe ich getestet. Der Schuh richtet sich laut Nike an Läufer:innen, die „mehr Halt bei jedem Schritt“ benötigen. Schon der Schuhkarton trägt prominent den Slogan „Run Supported“ – und genau darum geht es beim Structure: Stabilität und Führung.
Ich persönlich laufe seit Jahren überwiegend in neutralen Schuhen – früher habe ich Stabilitätsmodelle getragen, als ich mit dem Laufen begonnen habe. Heute bevorzuge ich neutrale oder stabile neutrale Modelle, die nicht aktiv in meinen Bewegungsapparat eingreifen. Umso spannender ist für mich die Frage, ob der Structure 26 als klassischer Stabilitätsschuh Einschränkungen oder sogar Probleme verursacht – oder ob er sich auch für Läufer:innen eignet, die eigentlich keine Unterstützung benötigen.
Im folgenden Bericht erfahrt ihr, wie sich der Schuh im Training geschlagen hat, welche Technologien zum Einsatz kommen und ob der Structure 26 auch für „Neutral-Läufer:innen“ eine interessante Option sein kann.
Pro & Contra
✅ Pro
Sehr hohe Stabilität: Ideal für Läufer:innen mit Überpronation oder hohem Supportbedarf.
- Bequeme Passform: Gut gepolstertes Obermaterial, angenehmer Sitz ohne
Druckstellen.
Langlebige Außensohle: Dicke Gummischicht mit hoher Abriebfestigkeit.
Guter Mittelfußhalt: Durchdachtes Schnürsystem und Stützstruktur.
Natürlicher Flex im Vorfuß: Trotz Stabilität ist ein halbwegs flüssiges Abrollen möglich.
Reflektierende Details: Erhöhte Sichtbarkeit bei Läufen in der Dämmerung oder Dunkelheit.
❌ Contra
Wenig Dynamik: Feste Mittelsohle mit geringem Energy Return.
Schweres Gesamtgewicht: Kein Leichtgewicht – spürbar bei längeren Läufen.
Geringe Atmungsaktivität: Stark gepolstertes, wenig luftdurchlässiges Obermaterial.
Nicht ideal für heiße oder nasse Bedingungen: Material saugt Feuchtigkeit auf.
Für Neutralläufer:innen wenig sinnvoll: Stabilitätsfeatures sind überdimensioniert, wenn keine Unterstützung benötigt wird.
Tester:
Nils Scharff
Ich bin 35 Jahre jung, gebürtig aus Kassel und mache seit mittlerweile 7 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Meine “Laufkarriere” hat mit einem Firmenlauf begonnen, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört zu rennen. Mittlerweile spule ich jährlich gut 4000km ab - dank RoadTrailRun stets in unterschiedlichem Schuhwerk. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit zwölf Marathons gelaufen, die PB von 2:40:05h habe ich erst kürzlich in Berlin aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (16:15min), 10km (33:09min) über Halbmarathon (1:15:29h) bis eben zum Marathon.
Daten
Gewicht:
Offiziell: 320g (Herren EUR 44)
Testschuhe: 326g (Herren EUR 44,5)
Sprengung: 10 mm (28 mm Vorfuß / 38mm Ferse)
Release: Erhältlich im Fachhandel für 140€
Link zu allen RTR-Testberichten: HIER
Erster Eindruck, Obermaterial und Passform
Der erste Eindruck des Nike Structure 26 ist geprägt von einem klaren Fokus auf Komfort und Stabilität. Das Obermaterial wirkt hochwertig verarbeitet und ist – wie bei einem Schuh für ruhigere Läufe zu erwarten – stark gepolstert. Besonders auffällig ist die extrem weich gefütterte Zunge, die nicht seitlich vernäht ist, aber durch die Schnürsenkel dennoch stabil an Ort und Stelle gehalten wird. Während meiner Testläufe kam es zu keinerlei Verrutschen.
Die Schnürung verläuft klassisch durch reguläre Ösen, ergänzt durch zwei zusätzliche Laschen, die mit dem Obermaterial verbunden sind. Diese Konstruktion scheint gezielt den Mittelfußhalt zu verbessern – ein Bereich, auf den Nike beim Structure 26 besonderen Wert legt. Und das funktioniert: Der Halt im Mittelfußbereich ist ausgezeichnet und lässt keine Wünsche offen. UNd obwohl wir an dieser Stelle eine doppelte Materiallage vorfinden, ist die Lasche zumindest perforiert, um einen gewissen Luftzug zu ermöglichen.
Die Fersenkappe ist auffallend hoch und nahezu vollständig versteift. Sie zieht sich bis zur hochgezogenen Mittelsohle herunter und bietet dadurch maximalen Support im Fersenbereich – ohne dabei Reibung oder Druckstellen zu verursachen. Auch hier zeigt sich die durchdachte Konstruktion des Schuhs.
Das verwendete Mesh-Material ist – wie bei vielen aktuellen Nike-Modellen – eher fest und leicht plastikartig. Es wirkt sehr robust, ist aber nicht besonders atmungsaktiv. Für heiße Sommertage ist der Structure 26 deshalb nur bedingt geeignet. Gleiches gilt für längere Läufe bei Regen, denn die starke Polsterung saugt sich bei Feuchtigkeit schnell voll, was den Tragekomfort beeinträchtigen kann.
Positiv hervorzuheben sind die reflektierenden Details: Die Lochung an der Fersenpartie sowie zwei seitliche Streifen sorgen für zusätzliche Sichtbarkeit im Straßenverkehr – ein sinnvolles Feature für Läufer:innen, die häufig in der Dämmerung oder bei Dunkelheit unterwegs sind.
Mittelsohle
Die Mittelsohle des Nike Structure 26 besteht überwiegend aus ReactX-Schaum, einem EVA-basierten Material, das laut Nike nicht nur für ein ausgewogenes Laufgefühl sorgt, sondern auch einen deutlich reduzierten CO₂-Fußabdruck aufweist. Im Vergleich zu herkömmlichem React wirkt ReactX dichter und fester – sowohl in der Hand als auch unter dem Fuß fühlt sich der Schaum leicht gummiartig an. Das Laufgefühl erinnert ein wenig an das Springen auf einem Flummi – allerdings mit geringerem Energy Return, was dem stabilen Charakter des Schuhs entspricht.
Das zentrale Feature der Mittelsohle ist das Midfoot Support System, das Nike in den Structure 26 integriert hat. Auf der medialen Seite ist die Mittelsohle deutlich hochgezogen, was visuell durch ein orangefarbenes Patch betont wird – dieses scheint jedoch eher ein Design-Element zu sein. Auf der lateralen Seite findet sich ein Gegenstück, das weiter hinten in Richtung Ferse positioniert ist. Diese Konstruktion erinnert an klassische Stützsysteme früherer Stabilitätsschuhe, wirkt aber deutlich moderner und subtiler.
Für mich als Neutralläufer war das stabile Laufgefühl klar spürbar – aber keineswegs störend. Der Schuh vermittelt das Gefühl, „wie auf Schienen“ zu laufen, ohne den natürlichen Abrollvorgang zu behindern. Nike gelingt hier eine gute Balance: Die Stabilität ist präsent, aber nicht aufdringlich. Es entsteht kein Gefühl, dass der Schuh aktiv in die Biomechanik eingreift – was gerade für Läufer:innen wie mich, die keine klassische Pronationsstütze benötigen, ein entscheidender Punkt ist.
Außensohle
Die Außensohle des Nike Structure 26 ist mit einer dicken Gummischicht überzogen, die für Langlebigkeit und Traktion sorgen soll. Nike verwendet hier zwei unterschiedliche Gummimischungen:
YC 0-Lite Rubber im Vorfußbereich – das weichere von beiden, aber dennoch ein festes Gummi, das für Flexibilität und Grip sorgen soll.
OG/RS 002 High Abrasion Rubber im Fersenbereich – eine deutlich festere, fast plastikartige Mischung, die speziell auf Abriebfestigkeit ausgelegt ist.
Während meiner Testläufe – überwiegend auf Asphalt und trockenen Parkwegen – zeigte sich die Außensohle unauffällig und zuverlässig. Ich hatte weder besonders positiven noch negativen Grip-Eindruck. Nach rund 50 Kilometern ist leichter Abrieb zu erkennen, aber nichts Besorgniserregendes – zumal die Gummischicht sehr dick ist und auf eine lange Haltbarkeit ausgelegt scheint.
Im Vorfußbereich ist die Sohle segmentiert: Auf der medialen Seite ist sie durchgehend mit Gummi überzogen, während die laterale Seite in drei Bereiche unterteilt ist. Diese Segmentierung ermöglicht eine gewisse Flexibilität beim Abdruck – auch wenn der Schuh insgesamt nicht besonders flexibel wirkt.
Rund um Mittelfuß und Ferse verläuft ein stabilisierender Rahmen aus dem festeren Gummi, der nicht nur für Struktur und Schutz, sondern auch für zusätzliche Stabilität sorgt. Besonders auffällig ist die Verbindung zur medial hochgezogenen Mittelsohle, die das Mittelfuß-Stützsystem ergänzt.
Nike scheint durch gezielte Aussparungen und Materialeinsparungen versucht zu haben, das Gewicht des Schuhs in Grenzen zu halten – auch wenn der Structure 26 mit 326g (US 10.5) definitiv kein Leichtgewicht ist.
Laufgefühl
Wie läuft sich der Nike Structure 26? Für mich als Läufer, der normalerweise neutrale Schuhe bevorzugt, ist der Structure ein echter Stabilitäts-Overkill. Man läuft sprichwörtlich wie auf Schienen – das Laufverhalten ist extrem geführt, was für Läufer:innen mit starkem Pronationsverhalten sicher hilfreich ist, für neutrale Läufer:innen aber eher überflüssig.
Positiv hervorzuheben ist, dass der Schuh trotz seiner massiven Stabilitätsmerkmale bequem am Fuß sitzt. Die Passform ist angenehm, und auch der Flex im Vorfußbereich ermöglicht ein halbwegs natürliches Abrollen. Dennoch fehlt es dem Schuh an Dynamik: Die Mittelsohle wirkt fest, der Energy Return ist gering, und das Laufgefühl insgesamt eher steif und altmodisch – fast so, wie man sich Stabilitätsschuhe vor zehn Jahren vorgestellt hätte.
Im direkten Vergleich mit Modellen wie dem Vomero oder dem Pegasus fällt der Structure deutlich ab. Beide genannten Schuhe bieten aus meiner Sicht eine weichere, reaktivere Dämpfung und ein flüssigeres Abrollverhalten – der Vomero durch seinen Rocker, der Pegasus durch Flexibilität im Vorfuß. Zudem empfinde ich die Vibrationsdämpfung bei diesen Modellen als effektiver, was gerade bei längeren Läufen ein Komfortvorteil ist.
Für mich persönlich gibt es daher keinen überzeugenden Grund, den Structure 26 einem Vomero oder Pegasus vorzuziehen – außer, man benötigt gezielt die hohe Stabilität, die dieser Schuh bietet. Wer also zu Überpronation neigt oder einfach ein sehr stabiles Laufgefühl sucht, könnte hier fündig werden. Für alle anderen bleibt der Structure 26 ein Spezialist mit begrenztem Einsatzbereich.
Zusammenfassung und Empfehlung
Der Nike Structure 26 ist ein klassischer Stabilitätsschuh, der seine Aufgabe kompromisslos erfüllt: Er bietet maximalen Halt, ein sehr geführtes Laufgefühl und eine Konstruktion, die gezielt auf Läufer:innen mit Überpronation oder hohem Supportbedarf ausgerichtet ist. Die Kombination aus ReactX-Mittelsohle, integriertem Mittelfuß-Stützsystem und robuster Außensohle sorgt für ein sicheres, aber wenig dynamisches Lauferlebnis.
Positiv hervorzuheben sind die bequeme Passform, die hochwertige Verarbeitung und die reflektierenden Details, die für zusätzliche Sicherheit im Straßenverkehr sorgen. Auch die Langlebigkeit der Außensohle und die solide Stabilitätskonstruktion sprechen für den Schuh.
Für mich als Neutralläufer ist der Structure 26 allerdings zu viel des Guten. Das Laufgefühl wirkt steif, wenig reaktiv und erinnert eher an Stabilitätsschuhe vergangener Jahre. Modelle wie der Vomero oder Pegasus bieten aus meiner Sicht ein deutlich angenehmeres, moderneres Laufverhalten – bei vergleichbarem Komfort.
Für wen ist der Structure 26 geeignet?
Läufer:innen, die gezielt Stabilität suchen, etwa bei Überpronation oder muskulären Dysbalancen, finden hier ein zuverlässiges Trainingsmodell für tägliche Einheiten und Regenerationsläufe. Wer dagegen ein dynamisches, flexibles Laufgefühl bevorzugt, sollte sich eher bei den neutralen Modellen im Nike-Lineup umsehen.
Wertung (Nils): 8/10
Laufgefühl: 7.5 (50%) Passform: 9 (30%) Preisleistung: 8 (15%) Style: 7 (5%)
3 Vergleiche
Nike Pegasus 41 (RTR Review)
Der Pegasus ist leichter, flexibler und dadurch deutlich lauffreudiger als der Structure. Natürlich fehlt ihm im direkten Vergleich das schienenartige Laufgefühl. Wer also Stabilität braucht, wählt den Structure, alle anderen den Pegasus. Beide größenecht EUR 44,5.
Nike Vomero Plus (RTR Review)
Der Vomero Plus bietet mir persönlich genau das Maß an Stabilität, die ich brauche - bedingt durch seine breite Basis, das substantielle Obermaterial die stärkere Rockergeometrie. Doch durch den Einsatz von ZoomX sowie der nochmals höheren Stapelhöhe ist er deutlich schützender, dämpft Vibrationen besser und bietet gleichzeitig deutlich mehr Lauffreude. Er ist für mich der um Längen bessere Schuh. Beide EUR 44.5
Diadora Nucleo 2 (RTR Review)
Ich laufe wie gesagt nicht mehr viele Stabilitätsschuhe, doch der Nucleo ist einer der wenigen, der bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Er ist hochwertig verarbeitet, unfassbar bequem und im Vergleich zum Structure deutlich leichter. Durch das geringere Gewicht, aber auch ein reaktiveres Mittelsohlenmaterial bietet er mehr Dynamik und Lauffreude. Er ist für mich ein adäquater Dailytrainer (mit Stabilitätsfeatures), während der Structure wirklich nur für langsame Einheiten zu gebrauchen ist. Der Nucleo gewinnt deshalb diesen Vergleich. Beide größenecht US 10.5 (bei Diadora US Größen beachten!)
Erhältlich auf Top4Running.com - Preis 140€
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TOP4 RUNNING DE
Nike Structure 26
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Die Schuhe, die Grundlage dieses Tests sind, wurden uns von adidas kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind unsere eigenen.
Wir freuen uns über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.
Um bestmöglich auf eure Fragen einzugehen, nennt nach Möglichkeit euer Laufpensum, Geschwindigkeiten, Renndistanzen und eure aktuellen Schuhe.
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