Saturday, August 15, 2020

Testbericht: Inov-8 Terraultra G 270 - Der unglaubliche… Hulk?!

Article by Nils Scharff

Link zum original RTR-Test des Inov-8 Terraultra G 270: HIER

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Inov-8 Terraultra G 270 (170€)


Einleitung

Zugegebenermaßen hat Inov-8 für den neuen Terraultra G 270 die große Werbetrommel gerührt. Der Schuh war vor 1-2 Wochen um sein Releasedatum herum für einen Trailschuh schon nahezu omnipräsent auf den eingängigen Socialmedia-Kanälen. Doch da rührte meine Vorfreude, dass ich das Glück hatte diesen Schuh zu testen, gar nicht her.

Ich habe stattdessen noch kurz vor dieser Werbe- und Informationswelle einen Kommentar unseres RTR-Testers Don Reichelt gelesen, der sinngemäß besagte:

“Ich beschäftige mich seit fast 10 Jahren mit Laufschuhen, habe in der Laufschuhindustrie gearbeitet (u.a. Forschung & Entwicklung) und bin in dieser Zeit in ca. 1000 verschiedenen Paar Laufschuhen gelaufen. Deshalb sage ich das hier nicht leichtfertig. Aber. Das ist der beste Trailschuh, in dem ich je gelaufen bin.”

Damit war bei mir natürlich mehr als nur Interesse geweckt und ich habe unseren Herausgeber Sam kontaktiert, ob denn die Chance bestünde, mir den Schuh für einen deutschsprachigen Testbericht zu organisieren. Alles andere ist mehr oder minder Geschichte. Inov-8 hat sich glücklicherweise sehr kooperativ gezeigt und wenig später hatte ich Post aus dem Norden Englands. Ob mich mein erster Inov-8 Schuh in der Folge genauso sehr überzeugt hat wie meinen Kollege Don, werdet ihr im folgenden erfahren können.

Pro & Contra

Pro:

Graphene Grip ist das vermutlich beste Außensohlenmaterial, dass es derzeit gibt!

Verdammt leicht für einen Schuh, der für Ultradistanzen konzipiert (und geeignet!) ist!

Viel Platz und gleichzeitig perfekter Halt im Obermaterial! 

Läuft sich sehr dynamisch durch das mit TPU angereicherte Mittelsohlenmaterial und die tiefen Flexkerbungen (vor allem bergauf)!

Auf Asphalt immernoch besser als viele Straßenlaufschuhe!

Atmet gut und trocknet schnell!

Durch die Nullsprengung (Zero drop) ist ein tolles Gefühl für die Laufstrecke und ein hohes Maß an Stabilität gewährleistet! 


Contra:

Nullsprengung ist nichts für jedermann - auch wenn die Eingewöhnung hier verhältnismäßig kurz und einfach zu sein scheint!

Durch die bodennahe Plattform und die tiefen Flexkerben wünscht man sich je nach Terrain ab und an etwas mehr Schutz (z.B. durch eine Steinschutzplatte)!

Vielleicht zu viel Platz für schmale Füße!


Tester: Nils Scharff

Ich bin 30 Jahre jung, gebürtig aus Kassel, verheiratet mit einer wunderbaren Ehefrau und mache seit mittlerweile 5 Jahren Heilbronn und seine umliegenden Weinberge laufend unsicher. Ich habe schon mein ganzes Leben lang alle möglichen Sportarten betrieben, oft 5-7 Mal die Woche. Neben dem Laufen sind seit einigen Jahren das Klettern und Bouldern meine Sportarten. Als Läufer sehe ich mich seit erst drei Jahren. Begonnen hat alles mit einem Firmenlauf, in den ich nicht ganz unvorbereitet starten wollte. Ab dem Punkt habe ich einfach nicht mehr aufgehört. In 2017 waren es „nur“ knapp 1000 Laufkilometer, in 2018 das Doppelte, 2019 schon das Dreifache. Wichtig während all dieser Kilometer sind mir, egal ob auf Trail oder Straße, vor allem das Abschalten und die Bewegung in der Natur. Auf dem Laufband oder mit Kopfhörern werdet ihr mich nur sehr selten antreffen. Ich bin in der Zwischenzeit vier Marathons gelaufen, die PB von 3:14:49h habe ich dieses Jahr trotz Corona im Rahmen eines #stayathomemarathons aufgestellt. Im Wettkampf laufe ich grundsätzlich alle Distanzen von 5km (18:14min), 10km (38:17min) über Halbmarathon (1:28:18h) bis eben zum Marathon. Der erste kleine Ultra ist im Herbst geplant, weshalb gerade mehr Berge, Trails und Trailschuhe auf dem Programm stehen.


Daten

Gewicht:

  Offiziell: 257g (Herren US9) / 228g (Damen US8)

  Testschuh: 281g (Herren EU 44 / US 10)

Sprengung: 0mm (offizielle Mittelsohlendicke = 12mm, geschätzte Höhe inkl. Außen- und Innensohle = 21mm)

Release: Verfügbar im Fachhandel für 170€


Erster Eindruck und Passform

Wie schon gesagt, habe ich mich sehr gefreut, als das Paket von Inov-8 bei mir angekommen ist. Und das was ich dann aus der Folie geschält habe, hat diese Vorfreude nur noch mehr gesteigert. Der Schuhkarton von Inov-8 sieht richtig edel aus. Zur Hälfte schwarz, zur Hälfte im charakteristischen Hellgrün, gespickt zum einen mit dem Inov-8 Logo und zum anderen immer wieder mit dem Logo der hauseigenen Außensohlentechnologie Graphene Grip. Das Material des Kartons suggeriert im Zusammenspiel mit der Farbwahl irgendwie das Thema Nachhaltigkeit und Recycling, während es trotzdem sehr hochwertig aussieht. Das ist vielleicht der schönste Schuhkarton, den ich jemals in den Händen gehalten habe, deshalb verzeiht bitte die ausschweifenden Worte dazu.

Beim Öffnen des Kartons kommt, noch bevor man das erste Mal die Schuhe zu Gesicht bekommt, erneut der überdimensionale Hinweis auf Graphene Grip zum vorschein. Spätestens jetzt kommt bei mir der Wunsch auf, explizit die Außensohle auf Herz und Nieren zu testen. Ich stelle mir da direkt jede Art von Schlamm, Dreck, Matsch, nasser Wurzeln, vermooster Steine etc. pp. vor. - doch dazu später mehr. 

 

Wickelt man dann endlich den ersten Inov-8 Terraultra G 270 aus dem liebevoll gebrandeten Schutzpapier, kommt dann erstmal der WOW-Effekt. Ganz - schön - grün! Und dann gleich noch der Aha-Effekt hinterher. Ein Schuh passend zum Karton oder vermutlich eher ein Karton, passend zum Schuh designt. Das ist ziemlich cool und würde ich mir bei den heutzutage teilweise sehr saftigen Laufschuhpreisen öfter wünschen. Da wird einem als Kunde einfach etwas mehr fürs Geld geboten: Ein gewisses Maß von Liebe zum Detail. Ich hoffe natürlich, dass sich dieses auch im Schuh wiederfinden wird. 

 

Der erste Eindruck vom Schuh ist dann erstmal: Ziemlich leicht! Der Inov-8 Terraultra G 270 sieht so aus, als ob man damit den namensgebenden Ultra sicherlich angehen kann. Doch wiegt er mit den ebenfalls namensgebenden 270g (bzw. 271g in meiner Testgröße EUR 44,5) weniger als mancher Schuh der Konkurrenz, der lediglich für kurze, schnelle Läufe konzipiert ist. Kann der G 270 also auch schnell? Wir werden es noch sehen! 

Das erste hineinschlüpfen in den Schuh bringt dann erstmal nichts unerwartetes zu Tage. Dass mein relativ schmaler Fuß viel Platz haben wird, war mir vorher schon klar. Man kann gut mit den Zehen wackeln, nach vorn ist der berühmte Daumen an Platz vorhanden. Man kann an dieser Stelle also getrost das Attribut größenecht vergeben. Der halt ist trotz des relativ großzügigen Schnitts trotzdem hervorragend. Auch dank der gut funktionierenden, flachen Schnürsenkel.


Obermaterial

Das verwendete Obermaterial ist ein vermeintlich zweilagiges Meshmaterial, das bei genauerer Betrachtung sehr robust wirkt. Inov-8 bewirbt dieses Material als ADAPTERFIT-Technologie, die sich dadurch auszeichnen soll, dass sie sich an die natürlichen Bewegungen des Fußes, sowie das Anschwellen der Füße auf langen Distanzen anpasst. Teil eins kann ich sicherlich bestätigen, einfach weil Schnitt und Passform hervorragend den Fuß umschließen. Inov-8 führt auf der offiziellen Website eine Passform Skala, die den G 270 als 5 von 5, also besonders breit bzw. voluminös, angibt. Ich hatte deshalb vorab etwas Sorge, da mein Fuß vor allem im Mittelfuß eher Schmal ist. Auf meinen bisherigen Läufen im Inov-8 Terraultra G 270 hat mich das jedoch vor kaum Probleme gestellt. Obwohl ich etwas Luft auf der medialen Seite des Mittelfußes habe, war der Halt nur auf den allertechnischsten bzw. steilsten Passagen ein wenig zu locker. An dieser Stelle des Trails habe ich vorübergehend den Schuh dann Mal so fest wie möglich geschnürt, was mir den benötigten Halt, aber auch schmerzhaften Druck auf dem Fußspann beschert hat. Mit erneut angepasster Schnürung auf etwa 90%, war dann der Schmerz wieder verschwunden und der Halt bei 98%. Ich meckere hier also auf allerhöchstem Niveau. Wer breitere / voluminösere Füße hat als ich, wird mit diesen Problemen gar nicht zu kämpfen haben. Ob das Material jedoch bei längeren Läufen mit dem Fuß mitwächst, konnte ich aufgrund der für mich großzügigen Passform ehrlich gesagt nicht erspüren.

Auf mehr als der Hälfte der Schuhoberfläche ist der G 270 mit sehr robust wirkenden Verstärkungen versehen. Diese unterscheiden sich in ihrer Stärke - an Ferse und Schnürung etwas dicker und eher plastikartig, ansonsten etwas flexibler und gummiartig. Diese Overlays bieten im Zusammenspiel mit dem beschriebenen Mesh einen tollen Halt im Schuh. Interessanterweise ist auch die Atmungsaktivität bei den derzeit herrschenden, hochsommerlichen Temperaturen vollkommen in Ordnung. Gleichzeitig konnte ich bei schlechtem Wetter feststellen, dass das Obermaterial so gut wie kein Wasser aufnimmt, in den Schuh gelangte Feuchtigkeit wieder heraus lässt und sehr schnell trocknet. Mir scheint die englischen Kollegen von Inov-8 wüssten, was man von einem Trailschuh bei Regenwetter erwartet.

Die Zehenkappe ist wie bei Trailschuhen üblich natürlich ebenfalls verstärkt, verursacht dabei jedoch keinerlei Druckpunkte. 

 

Die Zunge des G 270 beschreibt Inov-8 als besonders leicht. Sie ist im größten Teil analog zum Obermaterial aus Meshmaterial und Verstärkung zusammengesetzt. Im oberen Abschnitt wird daraus ein dünnes Material, dass an Suede erinnert. Gerade hier hätte ich mir ein wenig extra Polsterung gewünscht, um wenn notwendig die guten, flachen Schnürsenkel noch fester schnüren zu können. Vermutlich bin ich damit ein Sonderfall, weshalb man sich stattdessen in der Konstruktion für Gewichtsreduzierung entschieden hat. Zusätzlich ist die Zunge mit Hilfe schmaler, neoprenartiger Materialstreifen mit dem Obermaterial vernäht und so gegen verrutschen gesichert.

Die Fersenkonstruktion ist relativ unspektakulär. Sie ist moderat gepolstert, ganz im Zeichen der Gewichtsreduktion und mit dem im ganzen Schuh verwendeten Mesh überzogen. Meiner Ansicht nach ist das aber vollkommen ausreichend. Mein längster Lauf im Terraultra waren bisher 26km und da habe ich keinerlei Komfort vermisst. Erwähnenswert ist zudem noch, dass in die etwas härter gestalteten Verstärkungen an der Ferse zwei Haken für die Befestigung von Gamaschen angebracht sind. Da findet sich also erneut die angesprochene Liebe zum Detail wieder.

 

Mittelsohle

Das neue Mittelsohlenmaterial, das Inov-8 im Terraultra G 270 einsetzt, heißt POWERFLOW MAX. Es handelt sich um einen EVA-TPU-Mix, wie ihn beispielsweise auch Saucony im PWRRUN Mittelsohlenmaterial verwendet. Inov-8 informiert auf der Produktwebsite, dass das neue Material einen höheren TPU Anteil als noch im G 260 aufweist. Dadurch sollen 20% mehr Energierückgabe erreicht werden und der Schaum soll seine optimalen Dämpfungseigenschaften doppelt so lange beibehalten. Beides Eigenschaften die dem Läufer / der Läuferin des Terraultra G 270 vor allem auf sehr langen Strecken zu gute kommen sollen.

Vor allem der Fokus auf die Ultra Distanzen im Marketing, der sich zudem ja auch in der Namensgebung wiederfindet, hat mich in anbetracht von offiziell 12mm Mittelsohlendicke ein wenig verwundert. Oder eher andersherum: Wie soll mich ein Schuh mit 12mm Dämpfung über Ultradistanzen tragen können? Doch spätestens nachdem Damian Hall im Inov-8 Terraultra G 270 einen neuen Streckenrekord auf dem legendären und 268 Meilen langen “Pennine Way” in England aufgestellt hat, war auch mir klar: Der Schuh kann wohl lange Distanzen.Die 12mm Mittelsohle aus POWERFLOW MAX trägt dazu sicherlich bei und sorgt für ein wunderbar “bounciges” und dynamisches Laufgefühl. Der beste Vergleich ist wohl nicht nur wegen der chemischen Zusammensetzung, sondern auch wegen der Laufeigenschaften, Sauconys PWRRUN. Inov-8 scheint jedoch einen höheren TPU-Anteil zu nutzen, woraus mehr Bounce und Energierückgewinnung resultiert.

Das wahre Geheimnis des G 270 ist jedoch die sog. BOOMERANG Einlegesohle! Diese ist ebenfalls aus TPU gefertigt (hier sieht man sogar die einzelnen Pellets), ganze 5mm dick und soll 40% mehr Energierückgabe und Dämpfung bieten als der Vorgänger. Zugegebenermaßen bin den Terraultra G 260 nie gelaufen. Dass die BOOMERANG Einlegesohle jedoch etwas ganz besonderes ist, habe ich schon während meines ersten Laufs im Inov-8 Terraultra G 270 gemerkt. Trotz vermeintlich wenig Mittelsohlenmaterial fühlt sich der Terraultra nämlich wunderbar weich und und gedämpft an ohne dabei schwammig zu werden. Ganz im Gegenteil: Eben durch die relativ geringe Mittelsohlendicke hat man ein wunderbares Gefühl für Boden und Laufstrecke. Der Schuh vermittelt ein einmaliges Gefühl von Kontrolle, dämpft und schützt dabei jedoch viel mehr als er es eigentlich können dürfte. Und das alles dank der Einlegesohle! Ich bin ganz sicher, dass diese einer der hauptsächlichen Gründe dafür war, dass sich meine Beine auch nach 26km mit massig Höhenmetern auf meinem Jungfernlauf im Inov-8 Terraultra G 270 noch so frisch angefühlt haben.Addiert man also 4mm Außensohle, 12mm Mittelsohle und 5mm Einlegesohle auf, kommt man insgesamt auf 21mm, die zwischen Fuß und Laufstrecke liegen. Das hört sich schon ganz anders an als 12mm und fühlt sich aufgrund der tollen Eigenschaften der Einzelkomponenten tatsächlich nach noch mehr an. Da es sich beim Inov-8 Terraultra G 270 um einen sog. Zero-Drop-Schuh handelt, beträgt die Sprengung, also der Höhenunterschied zwischen Vorfuß und Ferse = 0mm. Ich hatte vor diesem Fakt vorab sehr viel Respekt, da ich noch nie einen solchen Schuh mit Nullsprengung gelaufen bin. Diese Sorge war jedoch unbegründet. Über die ersten 2 Kilometer haben meine Achillessehnen noch aufgemuckt und mich gefragt, was ich Ihnen da antue. Das leicht dehnende / schmerzhafte Gefühl ist danach aber komplett verschwunden und auch nie wieder aufgetreten. Insgesamt würde ich sogar behaupten, dass sich der G 270 eher wie 3-4mm Sprengung läuft, weshalb er einen wunderbaren Einstieg in die Zerodrop-Welt darstellt.

 

Das einzige was in diesem Runden Mittelsohlenpaket fehlt, ist eine Steinschutzplatte. Je nach Untergrund habe ich die 1-2 Mal vermisst. Ihr Einsatz würde jedoch den tollen Flexpunkt und die damit verbundenen tollen Lauf- und Bergaufeigenschaften zu Nichte machen. Deshalb sehe ich darüber gern hinweg.


Außensohle

Graphene Grip heißt beim Thema Außensohle das Zauberwort. Inov-8 hat sich mit Experten von der Universität Manchester zusammengetan, um das angeblich stärkste Material der Welt in Laufschuhe zu integrieren. 50% stärker, 50% elastischer und 50% langlebiger soll die so entstandene Graphene Grip Außensohle sein (im Vergleich zu anderen Sohlengummis - welche(s) ist nicht spezifiziert). Ein entsprechendes Patent scheint es augenscheinlich zu geben, denn man wirbt aggressiv damit, dass man nicht nur die erste, sondern auch die einzige Marke sei, die über Graphen in Sportschuhen verfügt.

Neben dem viel beworbenen Material zeichnet sich die Außensohle durch Tiefe Flexkerben im Vorfußbereich aus, die für ein tolles natürliches Abrollgefühl und somit auch tolle Berglaufeigenschaften sorgen. Zudem wurde jede der 4mm tiefen, multidirektional ausgerichteten Stollen mit kleinsten Ablaufrinnen designt, um für besseren Grip unter nassen Bedingungen zu sorgen.

 

In der Theorie hört sich das alles super an, doch wie funktioniert es in der Praxis? Ich hatte ein gutes Timing was den Inov-8 Terraultra G 270 angeht. So hab ich es, trotz Hochsommer und fast unerträglich heißen Temperaturen geschafft, einen langen Lauf im Regen zu absolvieren. Dabei musste der Schuh durch alles durch, was man sich vorstellen kann. Matsch, Schotter, Waldboden, Felsen, Wurzeln, Gras - und das natürlich alles nass. Und ich muss sagen, ich wurde von Inov-8s Marketingversprechen nicht enttäuscht. Graphene Grip weckt in mir das gleiche Vertrauen wie Vibram Megagrip. Mit dem Unterschied, dass Inov-8s Material theoretisch deutlich haltbarer sein sollte. Und was man online diesbezüglich lesen kann, scheint das auch wirklich so zu sein.

 

Die 4mm Stollen scheinen mir für die allermeisten Untergründe auch mehr als ausreichend zu sein. Ich hatte bisher einmal die Situation, dass ich sie mir “vollgelaufen” habe, d.h. das zu viel Matsch unter der Sohle kleben geblieben ist. Dieser hat sich aber auch genauso schnell wieder “rausgelaufen”, sobald ich den matschigen Streckenabschnitt wieder verlassen habe.

Interessanterweise habe ich die Graphene Grip Außensohle als verhältnismäßig leise auf Asphalt empfunden. Wenn ich vor meiner Haustür in meinen Speedgoats den Berg runterballer, hört sich das an, als ob eine halbe Armee anrückt. Nicht so im Terraultra G 270!

 

Laufgefühl

Erstmal vorweg: Der Inov-8 Terraultra G 270 ist ein echter Allrounder. Ich hab jetzt wirklich viel probiert in dem Schuh, um eine Schwachstelle zu finden: Longruns (sowohl zügig, als auch langsam) - eine kurze und langsame Erholungseinheit - mit 90% Leistung meinen Hausberg hinauf und hinunter - und ein stetiger Lauf mit 10x100m Sprints auf einem flachen Waldweg. Der Schuh hat mich nie im Stich gelassen und immer wieder aufs neue überrascht.

Auf den langen Läufen von über 25km bietet der Schuh mehr Dämpfung als er auf dem Datenblatt vermuten lässt. Auf asphaltierten Wegen und Straßen hin zu den Trails läuft er sich besser als die meisten Straßenlaufschuhe. Im Erholungsmodus gibt vor allem die tolle Einlegesohle genug Komfort und die Nullsprengung hilft, die Waden zu dehnen, was ich in dem Rahmen sehr gerne mag. An steilen bergauf Passagen verhelfen die Flexkerben im Vorfuß zu tollen Klettereigenschaften. Und wenn es um Geschwindigkeit geht merkt man dann erst richtig, wie viel Energierückgewinnung die POWERFLOW MAX bietet und auch wie leicht der Schuh an sich ist. Vor allem während der Sprintsession wäre nur fliegen noch schöner gewesen. 

Ein Manko habe ich nur an den aller steilsten und technischen Abschnitten erfahren. Hier bin ich seitlich ein wenig im Schuh gerutscht. Doch selbst dieser Negativpunkt ist sehr individuell, da es schlicht an meinem verhältnismäßig schmalen Fuß liegt, der zu viel Platz im Inov-8 Terraultra G 270 hat. Bergab auf groben Schotter habe ich mir bei 1-2 Schritten einmal eine Steinschutzplatte gewünscht, doch die würde wieder den Flexpunkt der Sohle und damit die tollen Laufeigenschaften kaputt machen. Und auch ohne Platte: Der Schutz den der G 270 bietet, ist unverschämt gut für einen so leichten Schuh!


Zusammenfassung und Empfehlung

Der Inov-8 Terraultra G 270 bleibt vor allem durch sein geschmeidiges und dynamsiches Laufgefühl in Erinnerung. Er bietet Dämpfung, Schutz und Stabilität in einem Maß, das Gewicht und Dynamik des Schuhs kaum vermuten lassen. Gleichzeitig besticht er mit einem sehr vertrauenserweckenden und natürlichen Gefühl für die Laufstrecke und unfassbarer Traktion, die dieses Vertrauen noch stärkt. Kein Feature sticht hier besonders hervor, alles ist einfach nahtlos aufeinander abgestimmt. Die Plattform mit Nullsprengung ist dabei kein Hinderungsgrund, sondern auch für Zerodrop-Novizen wie mich bestens für den Einstieg geeignet. Der Preis ist mit 170€ nicht gerade günstig, aber aufgrund seiner Vielseitigkeit und der vermeintlichen Langlebigkeit durchaus gerechtfertigt. Gerade wer nur Platz oder Geld für einen einzigen Trailschuh opfern möchte, sollte den Inov-8 Terraultra G 270 unbedingt probieren. Alle anderen sollten den Versuch aber genauso wagen, da der G 270 jede Lücke in eurem Arsenal mit bravour ausfüllen kann! Für mich ist der Inov-8 Terraultra G 270 zur Zeit der Schuh, in dem ich mich im Herbst an meinem ersten Ultra (54k) versuchen werde. Ich denke das fasst meine Hohe Meinung von diesem Schuh hervorragend zusammen.

 

Wertung 9,7/10 (-0,1 für etwas zu wenig Polsterung der Zunge; -0,1 für etwas zu viel Luft im Schuh für einige Läufer; -0,1 für den Wunsch nach etwas mehr Steinschutz)

Meine Wunschliste für einen Nachfolger des Inov-8 Terraultra G 270 ist so kurz wie eindeutig. Etwas mehr Polsterung auf der Zunge, einen Ticken weniger Platz im Mittelfuß und etwas mehr Schutz vor Steinen. Letzteres vielleicht durch noch 2mm mehr vom tollen POWERFLOW MAX Material in der Mittelsohle oder durch eine dünne Steinschutzplatte. Die Konsequenz hieße dann vielleicht Terraultra G 280, aber diesen geringen Aufpreis an Gewicht würde ich gern in Kauf nehmen. Es wäre für mich der vielleicht perfekte Trailschuh!


Vergleiche


Inov-8 Terraultra G 270 vs. Nike Terra Kiger 6 (RTR Review German)

Auch der Kiger ist ein Allrounder mit für mich etwas besserer Passform: Genauso viel Platz in der Zehenbox, aber sicherer im Mittelfuß. Die Laufeigenschaften sprechen jedoch klar für den G 270. Er ist deutlich komfortabler zu laufen, bietet mehr Stabilität, einen besseren Flexpunkt bergauf, mehr Vibrationsreduktion bergab, bessere Traktion und dazu mehr Dynamik und Bounce. Der Kiger ist ein toller Schuh für 130€, der G 270 kostet 40€ mehr, macht aber fast alles etwas besser. Beide in EUR 44,5.

 

Inov-8 Terraultra G 270 vs. Salomon Sense Ride 2 (RTR Review English)

Der Sense Ride 2 ist keine Konkurrenz für den G 270. Die Mittelsohle fühlt sich im Vergleich tot an, der Grip reicht lange nicht an Graphene Grip heran. Beide 44,5 EUR.


Inov-8 Terraultra G 270 vs. Salomon Sense Pro 4 (RTR Review English)

Der Sense Pro 4 war für mich der beste Trailschuh des Jahres - bis der Terraultra kam! Die Vibrationsdämpfung im Sense Pro ist die beste die ich jemals gelaufen bin und für sehr technische Trails ist er mit seiner sockengleichen Passform vermutlich die bessere Wahl. Die Ferse bietet für mich als leichten Überpronierer jedoch etwas zu wenig Support, weshalb er für mich auf schnellen und / oder technischen Strecken bis maximal 20km am besten aufgehoben ist. Der G 270 kann diese Strecken fast genauso gut, bietet mehr Platz im Schuh (für breitere Füße), noch besseren Grip und kann dabei aber auf jeden Fall weiter und bequemer. Er ist definitiv der bessere Allrounder. Sense Pro 4 in 44 EUR, Terraultra 44,5 EUR.


Inov-8 Terraultra G 270 vs. HOKA ONE ONE Speedgoat 2 / 3 (Speedgoat 4 RTR Review English)

Der Speedgoat ist ein Klassiker, der fast ein genauso breites Einsatzspektrum bietet wie der Terraultra. Auf kürzeren / schnelleren Strecken liegt der Inov-8 für mich vorn, ab 25km sind beide Schuhe gleich auf. Letzten Endes ist die Wahl zwischen beiden Geschmackssache. Im Speedgoat metert man über alles drüber. Im Inov-8 spürt man den Trail. Speedgoat 44 ⅔ EUR, Terraultra 44,5 EUR.


Inov-8 Terraultra G 270 vs. ASICS Fujitrabuco Pro

Der Fujitrabuco hat eine tolle, sockengleiche Passform und Außensohle. Auch der Flex und die Laufeigenschaften bergauf sind gut. Doch die Mittelsohle aus Flytefoam kann nicht mit POWERFLOW MAX mithalten, weshalb der Schuh für mich nur auf kürzeren Strecken eine Wahl ist. Fujitrabuco in 44 EUR, Terraultra in 44,5 EUR.


YouTube Playlist mit englischsprachigen Laufschuhtests HIER


Die Laufbiographien aller RTR-Tester könnt ihr hier lesen. 

Der Schuh, der Grundlage dieses Tests ist, wurde mir von Inov-8 kostenlos zur Verfügung gestellt. Die dargestellten Meinungen sind meine eigenen.

Ich freue mich über Kommentare und Fragen in der Kommentarrubrik.

Um bestmöglich auf eure Fragen einzugehen, nennt nach Möglichkeit euer Laufpensum, Geschwindigkeiten, Renndistanzen und eure aktuellen Schuhe.

 

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8 comments:

Unknown said...

Super Test, habe den Schuh auch und stimme mit allem 1:1 überein :wenn
man Zero Drop und Bodenkontakt mag, absoluter Traumschuh !

Nils said...
This comment has been removed by the author.
Nils said...

Vielen Dank für die netten Worte, unknown! Freut mich, dass du auch so viel Spaß mit dem G 270 hast wie ich!

Hubert said...

Ja das ist wirklich ein toller Schuh, habe ihn gleich nach den ersten review-videos von RTR bestellt. mein Lieblingsschuh war/ist auch der Salomon Sense pro 4, jetzt habe ich die Wahl der Qual. Das Laufverhalten des neuen Inov-8-Schuhs ist genial, der rollt regelrecht und das Bergauflaufen ist ein "Vergnügen". Andere Graphene-Schuhe wie z.B. Roclite 275 oder Trailroc 280 waren hinsichtlich des Laufverhaltens eher enttäuschend, bin mir über den Anteil des Graphenes an den guten Eigenschaften auch der Außensohle nicht so sicher. Der Test beschreibt nahezu zu 100% meine Empfindungen. Etwas enger, geringfügig mehr Dämpfung und vielleicht 4 mm Sprengung dann wäre es für mich ideal. Aber auch so ein absoluter Top-Schuh!!!

Nils said...

Schön, dass wir einer Meinung sind und vor allem, dass du Spaß mit dem Schuh hast!

Wie die Außensohle letzten Endes zu ihren guten Eigenschaften kommt, werden wir wohl nie zu 100% sagen können. Fest steht für mich jedoch, dass Graphene Grip gemeinsam mit Vibram Megagrip das beste ist, was man unterm Fuß haben kann!

Sense Pro und Terraultra sind beides ganz besondere Schuhe! Ich hab mich entschieden den Sense Pro eher für kurze/schnelle/technische Läufe zu wählen, den Terraultra für die längeren Geschichten. Andersherum geht aber sicherlich genauso! Ist einfach nur Geschmackssache.

Unknown said...

Hallo Nils, bin der unknown vom ersten comment, wollte noch kurz ergänzen dass ich persönlich die Zielgruppe eher in leichteren (<75kg) und effizienteren Läufern sehe. Wie Du ja in Deinen Verbesserungsideen schreibst (unterschreibe ich auch alles), könnte Dämpfung und/oder Schutz dann je nach Terrain minimal mehr sein. Für mich ein Schuh für alles um die 50km, drüber dann eher der Hoka Speedgoat 3 oder der La Sportiva Akasha. In Punkto Laufgefühl, Spass, Untergrund spüren etc. sind die natürlich keine Konkurrenz, aber nach etlichen Stunden vergesse ich jegliche "Emotionalität" :) LG aus Freiburg, Ingo

Marcel said...

Hi Nils,
mal wieder ein toller Bericht - langsam wird es wirklich eng im Schuhregal;-)

Noch ein paar kurze Fragen:

1.) Zum Grip auf nassen Steinen, Holz etc. ließt man auch öffters, dass das Graphit von inov-8 zwar haltbar, aber nicht besonders "sticky" ist - gerade im Vergleich zum Sense Pro 4. Hast Du diese Erfahrung auch gemacht?

2.) im engl. Test wird ja nach meinem Erinnern davon gesprochen,dass der SP4 mehr Vorfußdämpfung hat - zu welchem der beiden würdest Du bei längeren technischen Strecken greifen, auf denen es jetzt im Herbst/Winter ja oft auch mal naß werden kann?

3.) Sizing: Hier ist Inov-8 ja recht unorthodox unterwegs: Während bei gefühlt 95% aller Companies gilt: 44 EUR = 10 US = 9,5 UK = 28cm, entspricht gemäß Inov-8 Größentabelle eine Länge von 28cm (diesen Wert bzw. die JPN-Größe nehme ich immer als Referenz, um Vergleichbarkeit herzustellen) zwar einer US 10, jedoch lediglich einer EU 43 bzw. einer UK9. D.h. wenn man so wie Du und ich normalerweise eine EU 44 läuft, müsste man eigentlich eine EU-Größe runter gehen bei Inov-8 statt eine halbe rauf wie in Deinem Fall. War dir die EU 43 zu klein und die EU 44 ebenfalls oder war die 44,5 einfach die Größe, die Du zum testen bekommen hast, was dann auch das rutschen im Schuh erklären könnte?

Ansgar said...

Danke für diesen ausführlichen Testbericht-Top!